Vier Anrufe in gut zehn Minuten: Bei Anne Malm, Vertrauensfrau der Nokia-Arbeiter im südfinnischen Salo, steht das Telefon kaum still. Fast immer wollen die Kollegen von der resoluten Frau mit der schwarz gefärbten Turmfrisur und gut einem Dutzend Ohrringen nur eines wissen: ob ihr Job auch gefährdet sei? Es sind unsichere Zeiten in Nokias einziger finnischer Handyfabrik. Bis Ende des Jahres will Firmenchef Stephen Elop 1000 von 1700 Stellen streichen, die meisten davon in der Produktion. Die Produktion – das ist Malms Bereich.
"Eigentlich bin ich immer noch stolz darauf, Nokianer zu sein. Ich arbeite schließlich seit mehr als 15 Jahren hier. Aber ich bin auch enttäuscht; vor allem von unseren Chefs. Die sind gerade dabei, eine finnische Institution zu Grabe zu tragen. Es ist ja nicht das erste Mal, dass Jobs in der Handyproduktion gestrichen und nach Asien verlagert werden. Das geht schon seit drei Jahren so. Da steckt System dahinter. Ich werde meinen Arbeitsplatz wohl fürs Erste behalten können, aber fragt sich nur: wie lange noch? Wir hier in Salo müssen die Zeche dafür zahlen, dass die Firmenleitung den Trend bei den Smartphones verschlafen hat."
So ändern sich die Zeiten: Vor fünf Jahren gab Nokia auf dem Mobilfunkmarkt weltweit den Ton an, erzielte das Unternehmen 2007 einen Gewinn von mehr als sieben Milliarden Euro. Das war einmal: Im ersten Quartal 2012 fuhr der ehemalige Branchenprimus ein Minus von fast einer Milliarde Euro ein.
Emen Krale hat auch davon gehört. Der gebürtige Türke kommt gerade von der Frühschicht, Arbeitsbeginn: sechs Uhr morgens. Jetzt, um zwei Uhr nachmittags, hat er Feierabend – und es eilig. Schnell hängt er seinen blauen Kittel in den Spind. Draußen, auf dem riesigen werkseigenen Parkplatz, wartet schon der Kollege, mit dem er ins rund 60 Kilometer entfernte Turku fahren will; nach Hause.
"Ach wissen Sie: Es ist nicht so, dass ich traurig bin und denke: Hilfe! Ich verliere vielleicht bald meinen Job. Ich sehe es als Chance. Die Schichtarbeit schlaucht ganz schön. Dieser ständige Wechsel zwischen Tages- und Nachtarbeit. Außerdem verdiene ich auch nicht die Welt. Ist ja auch nicht gerade der anspruchsvollste Job. Deshalb sage ich mir: Nach anderthalb Jahren ist es vielleicht auch einfach an der Zeit, etwas Neues zu machen. Ich bin erst 27. Ich habe schon ein, zwei Geschäftsideen. Und wenn daraus nichts werden sollte, studiere ich halt."
Nokia-Leute, die den Kopf nicht hängen lassen – das ist ganz nach dem Geschmack von Antti Rantakokko, dem Bürgermeister von Salo, dieser betulichen 55.000 Einwohnerstadt, die nicht weiter auffiele, wenn sie nicht durch Nokia reich geworden wäre; so reich wie keine andere Gemeinde in Finnland. Nicht kleckern, sondern klotzen: Lange war das die Devise hier: Ein kostenloser Sportpark; zwei überdimensionierte Einkaufspaläste; und seit November des letzten Jahres ein Zwölf-Millionen-Euro teures Designer-Rathaus, dessen 230 Mitarbeiter allesamt automatisch verstellbare Schreibtische spendiert bekamen.
Auf solche Extras müssten sie jetzt wohl verzichten. Weil es Nokia so schlecht geht. Bürgermeister Rantakokko, ein Mann mit Bürstenhaarschnitt und der Brille eines deutschen Sportwagenherstellers, kennt die Horrorzahlen nur zu Genüge: Vor zwei Jahren überwies der Handyriese seiner Gemeinde noch 55 Millionen Euro Steuern, dieses Jahr werden es bestenfalls zehn Millionen sein. Hilft nur: Sparen. Dieses Jahr bereits fünf Millionen Euro, nächstes Jahr noch mehr.
"Wir müssen einfach an uns glauben - auch wenn uns das gerade nicht leicht fällt. Wir sind es gewöhnt, uns zu ändern und etwas komplett Neues zu machen. Es haben sich ja auch schon einige neue kleinere IT-Unternehmen gegründet. Zudem haben wir mit "Invest in Salo" extra eine Stelle geschaffen, die um Investitionen im In- und Ausland wirbt. Wir können da auch auf die Hilfe von Nokia bauen. Nokia hilft uns, Unternehmen von außerhalb anzulocken."
Bei allem Zweckoptimismus, aber: Die Aussichten sind alles andere als berauschend - in Salo, der "Nokia-Stadt". Bis Ende des Jahres, heißt es im Rathaus, werde die Arbeitslosigkeit wohl von elf auf 15 Prozent steigen.
"Eigentlich bin ich immer noch stolz darauf, Nokianer zu sein. Ich arbeite schließlich seit mehr als 15 Jahren hier. Aber ich bin auch enttäuscht; vor allem von unseren Chefs. Die sind gerade dabei, eine finnische Institution zu Grabe zu tragen. Es ist ja nicht das erste Mal, dass Jobs in der Handyproduktion gestrichen und nach Asien verlagert werden. Das geht schon seit drei Jahren so. Da steckt System dahinter. Ich werde meinen Arbeitsplatz wohl fürs Erste behalten können, aber fragt sich nur: wie lange noch? Wir hier in Salo müssen die Zeche dafür zahlen, dass die Firmenleitung den Trend bei den Smartphones verschlafen hat."
So ändern sich die Zeiten: Vor fünf Jahren gab Nokia auf dem Mobilfunkmarkt weltweit den Ton an, erzielte das Unternehmen 2007 einen Gewinn von mehr als sieben Milliarden Euro. Das war einmal: Im ersten Quartal 2012 fuhr der ehemalige Branchenprimus ein Minus von fast einer Milliarde Euro ein.
Emen Krale hat auch davon gehört. Der gebürtige Türke kommt gerade von der Frühschicht, Arbeitsbeginn: sechs Uhr morgens. Jetzt, um zwei Uhr nachmittags, hat er Feierabend – und es eilig. Schnell hängt er seinen blauen Kittel in den Spind. Draußen, auf dem riesigen werkseigenen Parkplatz, wartet schon der Kollege, mit dem er ins rund 60 Kilometer entfernte Turku fahren will; nach Hause.
"Ach wissen Sie: Es ist nicht so, dass ich traurig bin und denke: Hilfe! Ich verliere vielleicht bald meinen Job. Ich sehe es als Chance. Die Schichtarbeit schlaucht ganz schön. Dieser ständige Wechsel zwischen Tages- und Nachtarbeit. Außerdem verdiene ich auch nicht die Welt. Ist ja auch nicht gerade der anspruchsvollste Job. Deshalb sage ich mir: Nach anderthalb Jahren ist es vielleicht auch einfach an der Zeit, etwas Neues zu machen. Ich bin erst 27. Ich habe schon ein, zwei Geschäftsideen. Und wenn daraus nichts werden sollte, studiere ich halt."
Nokia-Leute, die den Kopf nicht hängen lassen – das ist ganz nach dem Geschmack von Antti Rantakokko, dem Bürgermeister von Salo, dieser betulichen 55.000 Einwohnerstadt, die nicht weiter auffiele, wenn sie nicht durch Nokia reich geworden wäre; so reich wie keine andere Gemeinde in Finnland. Nicht kleckern, sondern klotzen: Lange war das die Devise hier: Ein kostenloser Sportpark; zwei überdimensionierte Einkaufspaläste; und seit November des letzten Jahres ein Zwölf-Millionen-Euro teures Designer-Rathaus, dessen 230 Mitarbeiter allesamt automatisch verstellbare Schreibtische spendiert bekamen.
Auf solche Extras müssten sie jetzt wohl verzichten. Weil es Nokia so schlecht geht. Bürgermeister Rantakokko, ein Mann mit Bürstenhaarschnitt und der Brille eines deutschen Sportwagenherstellers, kennt die Horrorzahlen nur zu Genüge: Vor zwei Jahren überwies der Handyriese seiner Gemeinde noch 55 Millionen Euro Steuern, dieses Jahr werden es bestenfalls zehn Millionen sein. Hilft nur: Sparen. Dieses Jahr bereits fünf Millionen Euro, nächstes Jahr noch mehr.
"Wir müssen einfach an uns glauben - auch wenn uns das gerade nicht leicht fällt. Wir sind es gewöhnt, uns zu ändern und etwas komplett Neues zu machen. Es haben sich ja auch schon einige neue kleinere IT-Unternehmen gegründet. Zudem haben wir mit "Invest in Salo" extra eine Stelle geschaffen, die um Investitionen im In- und Ausland wirbt. Wir können da auch auf die Hilfe von Nokia bauen. Nokia hilft uns, Unternehmen von außerhalb anzulocken."
Bei allem Zweckoptimismus, aber: Die Aussichten sind alles andere als berauschend - in Salo, der "Nokia-Stadt". Bis Ende des Jahres, heißt es im Rathaus, werde die Arbeitslosigkeit wohl von elf auf 15 Prozent steigen.