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Nordirak
Neue Kämpfe zwischen Kurden und IS-Miliz

Für die Peschmerga-Kämpfer im Nordirak kamen die US-Luftangriffe gegen Dschihadisten-Stellungen in letzter Minute. Bei neuen Kämpfen fügte die Kurden-Miliz den Islamisten offenbar schwere Verluste zu. Berichten zufolge sind weiterhin bis zu 100.000 jesidische Flüchtlinge von Hunger bedroht.

Von Martin Zagatta | 09.08.2014
    Irakische Kurden der Peschmerga-Milizen nahe der Front von Khazer, 40 Kilometer westlich von Arbil.
    Kurden der Peschmerga-Milizen nahe der Front von Khazer, 40 Kilometer westlich von Arbil. (AFP / SAFIN HAMED)
    Militärisch ist das wohl noch keine Wende. Mit ihren Luftangriffen haben die US-Amerikaner den kurdischen Peschmerga-Truppen aber zumindest eine Atempause verschafft . Die standen kurz davor, überrannt zu werden von den Islamisten. Einige Milizen der Terrororganisation "Islamischer Staat" hätten sich zurückziehen müssen, berichtet das kurdische Nachrichtenportal Rudaw – die Folge offenbar der Luftschläge gegen Artilleriestellungen und einen Fahrzeugkonvoi. Einem Sprecher der Regierung der Autonomen Kurdenregion jedenfalls war die Erleichterung anzuhören: "Wir danken Barak Obama. Mit der militärischen Unterstützung ermöglicht er uns Kurden, religiösen Minderheiten auch weiterhin Schutz zu bieten. Das Ganze hätte aber viel früher erfolgen sollen."
    Ein Seitenhieb auch in Richtung Bagdad. Die irakische Armee, die die Kurden lange allein gelassen hat in dem Kampf gegen die Islamisten, stellt ihnen auf Drängen der USA nun zumindest Munition zur Verfügung. Sie betont, mit ihrer Luftwaffe an den Angriffen der Amerikaner beteiligt gewesen zu sein, in der Region von Mossul, wo der "Islamische Staat" sein Hauptquartier hat. Insgesamt seien gestern etwa 150 Extremisten getötet worden. Der Armeechef spricht schon von schnellen Erfolgen, die eine grundsätzliche Kehrtwende einläuten könnten. Das werde sich schon bald zeigen.
    Berichte über Dschihadisten-Offensive bei Kirkuk.
    Allerdings sollen die Dschihadisten nahe der Ölstadt Kirkuk eine neue Offensive gestartet haben. Außerdem ist es ihnen offenbar gelungen, den Mossul-Staudamm, den größten Staudamm des Landes, den sie schon vor Tagen besetzt haben, jetzt gegen Angriffe der Kurden zu verteidigen. Nach Mossul sollen die "Gotteskrieger" Hunderte junger Frauen verschleppt haben, nach Angaben einer Menschenrechtsorganisation, Angehörige der religiösen Minderheit der Jesiden. Kurdischen Truppen soll es allerdings gelungen sein, Tausende von Jesiden in Sicherheit zu bringen, die vor den Terroristen in Berge nahe der syrischen Grenze geflohen waren. Flugzeuge der Amerikaner versuchen sie aus der Luft zu versorgen. Ein Hubschrauber der kurdischen Armee hat Lebensmittel und Wasser gebracht. Beim Anflug kam es zu einem Feuergefecht mit den IS-Milizen, wie der Rudaw-Reporter aus dem Helikopter berichtet hat.
    Dschihadisten sollen Jagd auf Jesiden
    Bis zu 100.000 Menschen – so der Reporter – seien in den Bergen von Sindschar noch immer zwei Gefahren ausgesetzt: Die Dschihadisten machen Jagd auf sie – und trotz der Hilfslieferungen drohen Tausende zu verhungern oder zu verdursten. Zahlreiche Menschen, vor allem Kinder seien schon gestorben. Die UNO – so heißt es, will nun einen humanitären Korridor einrichten, um die Flüchtlinge zu retten. Fragt sich nur, wer den schützen soll. Die Kurden scheinen dafür nicht stark genug, und die USA schließen es bisher aus, auch noch Bodentruppen in den Irak zu schicken.