Vor zwei Jahrzehnten noch brüstete sich Nordkorea, das Land mit den höchsten Hektarerträgen beim Reis zu sein. Das wurde erreicht, indem jede Menge Kunstdünger auf die Felder ausgebracht wurde, durchschnittlich waren es zwei Tonnen pro Hektar Reis. Jedenfalls war es soviel Kunstdünger, das UNO-Experten warnten, die Bodenfruchtbarkeit könne darunter langfristig leiden. Es gehört zu den grundlegenden Problemen der Landwirtschaft im gebirgigen Nordkorea mit einer nur kurzen Vegetationsperiode, dass auf nur zwei Millionen Hektar die Nahrung für 24 Millionen Menschen produziert werden muss. Ein großer Teil des Lande ist eigentlich nicht für dauerhaften Ackerbau geeignet, nur massiver Einsatz von Kunstdüngern kann hier Abhilfe schaffen.
Vier bis fünf Doppelzentner Kunstdünger pro Hektar müssten es mindestens sein, doch heutzutage ist es kaum noch ein Drittel dieser Menge. Dementsprechend sank auch die Ernte von acht Millionen Tonnen Reis und Mais im Jahre 1990 auf nur noch zweieinhalb Millionen Tonnen sechs Jahre später.
Mitarbeiter des in Kalifornien ansässigen Nautilus-Instituts haben in einer Studie für die Universität von Kalifornien die Energieversorgung der Landwirtschaft näher unter die Lupe genommen. Die Autoren gehören zu den wenigen Außenstehen, die sich darüber selbst ein Bild machen konnten. Vor zwei Jahren haben sie in Nordkorea die ersten Windkraftanlagen errichtet und zum ersten Mal eine Erhebung über den Energieverbrauch auf dem Lande durchgeführt.
Eine zentrale Rolle spielt dabei die Kunstdüngerproduktion, die in den neunziger Jahren regelrecht zusammengebrochen ist, zum einen weil die Produktionsanlagen veraltet sind und Ersatzteile aus der ehemaligen Sowjetunion fehlen, vor allem aber aus Energiemangel. So hat die größte Stickstoffdüngerfabrik schon 1994 ihre Produktion eingestellt. Steinkohle ist der wichtigste Energieträger in Nordkorea und deren Förderung ist zwischen 1990 und 1996 um die Hälfte gesunken. Doch dafür fehlt es an Transportkapazität und Treibstoff.
In der Tat begann die schwere Wirtschaftskrise damit, dass Nordkorea seit 1989 von der früheren Sowjetunion und China der Ölhahn immer mehr zugedreht wurde. Der größte Teil der 70 000 Traktoren aus nordkoreanischer Eigenproduktion stehen still und auf den Feldern wird die Arbeit wieder von Menschen erledigt. Die Hungerkrise begann mit zwei großen Überschwemmungen in den Jahren 1995 und 1996, gefolgt von einer außergewöhnlichen Dürre 1997. Die Überschwemmungen haben nicht nur an der Küste fruchtbares Ackerland mit Schlick und Sand bedeckt. Zahlreiche Wasserreservoirs wurden ebenfalls so sehr mit Schlick gefüllt, dass viele Turbinen nicht mehr funktionieren. Im gebirgigen und mit Niederschlägen reich gesegneten Nordkorea ist die Wasserkraft jedoch neben der Steinkohle der wichtigste Stromlieferant. Auf Elektrizität ist die Agrarproduktion aber dringend angewiesen, vor allem für den Betrieb der meisten der 30 000 Bewässerungspumpen.
Abhilfe soll jetzt Atomstrom schaffen. Ein internationales Konsortium unter Führung der USA hatte Nordkorea 1994 zugesagt, zwei Leichtwasserreaktoren zu bauen. Als Gegenleistung wird das eigene Atomprogramm beendet. Bis die neuen Kraftwerke in Betrieb gehen, wird das Konsortium jedes Jahr eine halbe Million Tonnen schweres Heizöl an Nordkorea liefern. Die Mitarbeiter des Nautilus-Instituts sehen aber erhebliche Schwierigkeiten mit dem Atomstrom, vor allem, weil das desolate Stromnetz des Landes solch große Mengen an Elektrizität nicht verkraften würde. Der Verbrauch an Biomasse, also das Verfeuern von Holz, Stroh und anderen Pflanzenresten, hat in den letzten Jahren in Nordkorea stark zugenommen. Doch das geht aber auf Kosten der Bodenfruchtbarkeit, weil so organischer Dünger fehlt und es begünstigt die Bodenerosion.
Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, schlagen die Autoren der Studie ein Hilfsprogramm vor, das die Energieversorgung auf dem Lande wieder einigermaßen herstellt und die Agrarproduktion wieder in Gang bringt. Gut zwei Milliarden Dollar würde dies binnen fünf Jahren kosten. Eine Pipeline aus dem nicht allzu fernen Sibirien könnte zum Beispiel Nordkorea mit Erdgas für die Erzeugung von Strom und Wärme beliefern. Schließlich sollten Energieeffizienz und Nachhaltigkeit nicht länger Fremdworte in Nordkorea bleiben.