
Die militärischen Drohungen wurden von beiden Seiten rhetorisch verstärkt. Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un habe seine Wissenschaftler aufgefordert, regelmäßig "kleine und große Geschenke" an "die Yankees" zu schicken, teilte die staatliche Nachrichtenagentur KCNA nach dem Test mit der Rakete des Typs Hwasong-14 am Mittwoch mit. Die getestete Rakete könne einen Atomsprengkopf bis in die USA befördern. Nordkorea habe mit dem Test die Kapazitäten der strategischen Waffen des Landes vervollständigt. Dazu gehörten auch herkömmliche Atombomben und Wasserstoffbomben. Nordkorea werde niemals auf seine Atomwaffen verzichten.
US-Präsident Donald Trump nutzte seinen Twitterkanal, um mit Blick auf Kim zu fragen, ob "dieser Typ in seinem Leben nichts Besseres zu tun" habe. Die USA und Südkorea reagierten auf den Test mit Raketenübungen. Südkoreanische Soldaten feuerten Geschosse in die Gewässer vor der koreanischen Halbinsel, wie die US-Armee mitteilte und in veröffentlichten Videos zeigte. Südkoreas Präsident Moon Jae In zufolge wollte man damit Pjöngjang zeigen, wie eine gemeinsame Antwort aussehen könnte. Beide Länder beantragten gemeinsam mit Japan für Mittwoch eine Dringlichkeitssitzung des UNO-Sicherheitsrats in New York.
Nordkoreas militärische Schlagkraft wird bedrohlicher
Die USA bestätigten erstmals, dass Nordkorea tatsächlich - wie behauptet - eine Interkontinentalrakete (ICBM) getestet hat. Als Interkontinentalraketen gelten Raketen mit einer Reichweite von mehr als 5500 Kilometern. Sie können mit Atomsprengköpfen bewaffnet werden und folgen nach Verlassen der Erdatmosphäre einer ballistischen Flugbahn.
Südkoreas Verteidigungsminister Han Min Koo sagte am Mittwoch laut der nationalen Nachrichtenagentur Yonhap vor dem Parlament, dass es sich bei der ICBM wahrscheinlich um eine zweistufige Rakete gehandelt habe. Sie habe vermutlich bei einer normalen Flugbahn eine Reichweite von 7000 bis 8000 Kilometern. Die Stadt Anchorage in Alaska ist 6000 Kilometer von Pjöngjang entfernt, Berlin knapp 8000 Kilometer. Nach Angaben Nordkoreas erreichte die ICBM nach dem Start in der nordwestlichen Provinz Nord-Pyongan eine Höhe von 2802 Kilometern. Sie sei 933 Kilometer weit geflogen, bevor sie nach einer Flugzeit von 39 Minuten ihr Ziel im Japanischen Meer (koreanisch: Ostmeer) getroffen habe.
Beobachtern zufolge ist allerdings unklar, ob das Land bereits die Technologie hat, um eine Atombombe passgerecht für eine Langstreckenrakete bauen zu können. Der Raketenexperte Robert Schmucker hatte zuletzt im Deutschlandfunk gesagt, seiner Einschätzung nach sei Nordkorea von einer ernsthaft einsetzbaren Interkontinentalrakete mit einem größeren Sprengkopf noch viele Jahre entfernt.

Han nannte den neuen Test einen "klaren Verstoß" gegen UN-Resolutionen, die Nordkorea Tests von ballistischen Raketen untersagen. Auch UNO-Generalsekretär António Guterres und Bundesaußenminister Sigmar Gabriel verurteilten den Test scharf. Bundskanzlerin Angela Merkel empfängt heute Südkoreas Präsidenten Moon.
Auch Russland und China sind Teil des Konflikts
US-Außenminister Rex Tillerson dagegen hatte am Dienstagabend gesagt, dass die USA niemals ein Nordkorea mit Nuklearwaffen akzeptieren würden. Der Test stelle eine neue Stufe der Eskalation der Bedrohung für die USA dar, sagte Tillerson. Härtere Sanktionen gegen Nordkorea seien nötig. Jedes Land, das nordkoreanische Arbeiter beschäftige, Pjöngjang wirtschaftliche oder militärische Unterstützung gebe oder sich nicht an die Resolution des Sicherheitsrats halte, unterstütze ein gefährliches Regime, so Tillerson.
Mit solchen Sätzen könnte Tillerson auch die Konfrontation mit Russland und China suchen. Arbeiter aus dem eigentlich abgeschotteten Land sind beispielsweise an den Baustellen der Stadien für die Fußball-WM 2018 tätig, auch in China arbeiten Nordkoreaner. Die Führung Nordkoreas will so Devisen einnehmen.
Russland und China machten einen Vorschlag zur Entspannung der Lage. Nordkorea solle seine Raketentests einstellen, während die USA und Südkorea auf großangelegte Manöver verzichten sollten, sagten die Präsidenten Wladimir Putin und Xi Jinping nach einem Treffen in Moskau. Danach sollten beide Seiten Gespräche führen und sich verpflichten, keine Gewalt anzuwenden und nicht aggressiv zu agieren. Beim G20-Gipfel in Hamburg dürfte das Thema ebenfalls eine Rolle spielen.

(nch/jasi)