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Nordrhein-Westfalen
Unis verweigern Unterschrift

Die Universitäten in Nordrhein-Westfalen unterzeichnen die Ziel- und Leistungsvereinbarungen der Landesregierung nicht. Es herrsche zu große Unsicherheit über die Rahmenvorgaben des geplanten neuen Hochschulgesetzes, erklärt Ursula Gather, Sprecherin der Landesrektorenkonferenz Nordrhein-Westfalen, im Deutschlandfunk.

16.12.2013
    Kate Maleike: Nordrhein-Westfalens Wissenschaftsministerin Svenja Schulze will ein neues Hochschulzukunftsgesetz für ihr Land. Ende nächsten Jahres schon soll es in Kraft treten und künftig dafür sorgen, dass die Entwicklung der Hochschulen und ihrer Angebote stärker mit Strategie auch aus dem Ministerium erfolgen soll. Ministerin Schulze formulierte das hier in Campus & Karriere so:
    "Mir geht es um die Zukunft der Hochschulen und darum, dass wir die Rahmenbedingungen wirklich so festsetzen, dass die Hochschulen wirklich erfolgreich Studierende aufnehmen können und zu einem Abschluss bringen können und dass die Forschung wirklich sehr gut läuft. Das beides brauchen wir in Nordrhein-Westfalen. Ich würde mit dem Landtag künftig einen Landeshochschulentwicklungsplan vereinbaren, wo man zum Beispiel festlegt, dass wir eben unsere Lehrerinnen und Lehrer auch in Nordrhein-Westfalen ausbilden wollen, und werde dann mit den Hochschulen jeweils Verträge schließen, zum Beispiel über Kooperationsverbünde, die dann gemeinsam die Berufsschulausbildung in bestimmten Bereichen organisieren oder über die Frage, wie ist es mit kleinen Fächern, die eben nicht überall angeboten werden können. Solche Dinge sollen dann eben gemeinsam vereinbart werden."
    Maleike: Aber genau zu diesem gemeinsamen Ziel und Leistungsvereinbarungen sind die Universitätsleitungen in NRW nicht bereit. Sie haben gerade erklärt, die Unterschrift verweigern zu wollen. Die Unterzeichnung, sagen sie, käme einem Blindflug gleich. Professor Ursula Gather ist die Rektorin der TU Dortmund und Sprecherin der Landesrektorenkonferenz NRW. Guten Tag, Frau Gather!
    Ursula Gather: Guten Tag, Frau Maleike!
    Maleike: Womit begründen Sie denn dieses Entscheidung?
    Gather: Zunächst einmal ist zu sagen, dass es nicht die Rektoren sind, die die Unterschrift verweigern. Ja, wir sind die Repräsentanten der Universitäten, aber es sind natürlich unsere Gremien, die die Zielvereinbarungen intensiv diskutiert haben. Und sie kritisieren, dass die Zielvereinbarungen eben nicht unterschriftsreif und ausverhandelt sind. Es ist vielmehr so, dass schon in diesem Vertragstext 95 Prozent absolut vorgegeben und unverhandelbar waren. Und unsere konstruktiven Vorschläge, die wir immer wieder in die Diskussion eingebracht haben, zum ganz großen Teil nicht akzeptiert und umgesetzt wurden. Sie wurden sogar zum Teil ohne jegliche weitere Diskussion gestrichen.
    Maleike: Welche Entscheidungen sind Ihnen wichtig? Was würden Sie unbedingt gerne korrigiert wissen, damit Sie unterschreiben?
    Gather: Wenn wir über das Hochschulzukunftsgesetz sprechen, dann ist es so, dass wir hier die Rücknahme der Hochschulautonomie erkennen. Eine Vielzahl von neuen Instrumenten, deren Rechtswirkung wir gar nicht kennen. Zum Beispiel Rahmenvorgaben, Rechtsverordnungen, eben übergreifende Pläne. Und dies vor dem Hintergrund der Leistung der NRW-Universitäten, an denen es bis jetzt gar keine Kritik gab. Uns würde interessieren, welche Fehlentwicklungen denn festgestellt wurden oder werden, um das Gesetz neu zu fassen. Wir haben den doppelten Abiturjahrgang in NRW wirklich mit Bravour gemeistert, alle Studierenden aufgenommen, eben diesen Hochschulpakt vollständig und zur absoluten Zufriedenheit auch der Ministerin erfüllt. Die Forschungsleistungen haben sich gewaltig gesteigert unter dem derzeitigen Gesetz und eben auch sogar im Vergleich zu anderen Bundesländern. Die Fächervielfalt ist groß und wirklich vielfältig. Jede Menge neue, moderne Studiengänge – und die Fehlentwicklungen, die Motivation sein könnten, um das Gesetz zu ändern, die sind uns bis jetzt eben einfach nicht bekannt.
    Maleike: Warum sind die Ihnen nicht bekannt? Ministerin Schulze spricht ja davon, dass sie im Dialog mit Ihnen ist.
    Gather: Aber es sind außer der Tatsache, dass es zu wenige Absolventen im Berufsschullehramt gäbe – das ist ein Vorwurf, der öfter schon erhoben wurde und als Motivation für das neue Gesetz genannt wurde. Und hier können wir entgegnen: Dies liegt nicht in der Verantwortung der Universitäten. Das Studienangebot ist da, ein großartiges Betreuungsverhältnis, sehr gute Studienbedingungen. Aber die Nachfrage ist gering, und dies liegt sehr viel eher an einem mangelnd attraktiven Berufsbild als an der Nichtverfügbarkeit der Studienplätze. Die halten die Universitäten vor. Deshalb ist auch dieses Argument uns absolut nicht nachvollziehbar.
    Maleike: Frau Gather, wie wird es denn jetzt weitergehen. Das sieht ja ein bisschen nach einer Machtprobe aus, die da jetzt geschieht.
    Gather: Das denke ich nicht. Auch die Universitäten sind immer und stets zum Dialog bereit. Wir nutzen die Nichtunterschrift unter die Zielvereinbarungen keineswegs als Drohung oder als Konfrontation. Es ist vielmehr so, dass wir uns wirklich in dieser Situation der Unsicherheit über die künftigen Rechtsverordnungen und Rahmenvorgaben, die wir ja noch nicht kennen, aber schon im Wintersemester 2014 tritt das Gesetz in Kraft, nicht im Klaren darüber sind, unter welchen Rahmenbedingungen wir die dann unterschriebenen Zielvereinbarungen erfüllen müssten. Das ist der Grund, und auch hier setzen wir natürlich weiterhin auf Dialog und Kommunikation.
    Maleike: Das tut das Ministerium auch, zumindest steht das in der Pressemitteilung, dass weiterhin eben das Ganze konstruktiv gesehen wird. Gibt es ein Signal aus Düsseldorf an Sie heute?
    Gather: Bislang nicht.
    Maleike: Warten wir es mal ab. Hochschulen und Landesregierung in liegen also noch nicht auf einer Linie für die künftigen Leistungs- und Zielvereinbarungen. Dazu war das Professor Ursula Gather, Direktorin der TU Dortmund und Sprecherin der NRW-Landesrektorenkonferenz.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.