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November Music 2019
Genreübergreifende Vielfalt

Zeitgenössnische Musik, Elektronik, Jazz und Weltmusik bietet das Festival "November Music" in s'Hertogenbosch. Es versteht sich dabei als Podium für junge Komponisten und niederländische Musiker. In diesem Jahr gab es neben Konzerten auch Podiumsdiskussionen, Vorträge und Workshops.

Von Sophie Emilie Beha | 11.11.2019
    Außenansicht des Werkwarenhuis in s‘Hertogenbosch
    Das Werkwarenhuis in s‘Hertogenbosch war eine Spielstätte des Festivals November Music 2019 (Deutschlandradio/Sophie Emilie Beha )
    Das Stadtbild von s‘Hertogenbosch prägen viele kleine Grachten, verwinkelte Gassen und alte Backsteinhäuser. Das zeitgenössische Musikfestival November Music ist mit 19 Konzertorten mitten darin eingebettet. Mehr als 13.000 Besucher kommen jedes Jahr hierhin und genießen die genreübergreifende Vielfalt, die das Festival bietet. Der künstlerische Leiter Bert Palinckx:
    "Wir waren vielleicht an dieser Stelle eines der ersten Festivals, die ohne Genres gearbeitet hat, also Neue Musik, elektronische Musik, auch Improvisation, Klanginstallationen. Und wir machen auch die letzten zehn Jahre Sachen mit Tanz oder mit Video-Installationen. Aber immer mit Musik! Musik muss das Wichtigste sein."
    Niederländische Musiker werden gefördert
    Das Marcin-Wasilewski-Trio kommt aus Polen. Bei November Music spielt es zusammen mit der niederländischen Saxofonistin Tineke Postma. Das Festival will Musiker aus dem eigenen Land bewusst fördern und vernetzen. Deshalb treten die ausländischen Jazz-Ensembles zusammen mit einem lokalen Künstler auf und bei den Konzerten mit Neuer Musik werden fast immer auch Werke von niederländischen Komponisten gespielt, wie "Surround by Air – Appearance III" von der 32-jährigen niederländischen Komponistin Bianca Bongers.
    November Music versteht sich nicht nur als Podium für holländische Musiker, sondern auch für junge Komponisten. Bert Palinckx:
    "Wenn du von der Schule, dann bist du 25 oder so und dann hast du noch fünfzehn Jahre zu lernen. Du lernst immer, aber für Komponisten, das ist so schwer. Du brauchst Möglichkeiten, um deine Arbeiten, deine Ästhetik zu entwickeln und wir November Music versuchen, den junge Komponisten verschiedene Möglichkeiten zu bieten."
    Eine solche Möglichkeit ist das Konzert "Neue Noten". Hier werden ausschließlich Werke junger Komponisten aufgeführt.
    Einigen Stücken hört man an, dass sie Frühwerke sind, ihnen fehlt noch die Richtung oder ein eigener Wesenszug. Was auffällt ist die stilistische Vielfalt der Kompositionen, in die sich verschiedene Einflüsse mischen. Der Musikjournalist Mark van Schaick stellt eine Öffnung in der Neuen-Musik-Szene fest.
    "Was diese Szene von jungen Komponisten auszeichnet, ist, eine Neue Musik, die ist wirklich grenzenlos. Die denken gar nicht an alles, was gewesen ist oder eine Tradition. Die sind mit einem Bein in elektronische Musik, mit dem anderen Bein vielleicht in eine klassische Tradition, aber die kann von Peru sein."
    New Music Conference als Schnittstelle zwischen Künstlern und Musikindustrie
    Mark van Schaick ist Organisator der New Music Conference. Zum ersten Mal gab es in diesem Jahr bei November Music also nicht nur Konzerte, Installationen und Theater, sondern auch Podiumsdiskussionen, Vorträge und Workshops. Die New Music Conference ist als Schnittstelle gedacht, zwischen Künstlern und Musikindustrie. Thema war dabei nicht die Neue Musik selbst, sondern der große Apparat dahinter: Marketing, Digitalisierung, neues Publikum generieren und "Fair Practice":
    Mark van Schaick: "Das ist eine Diskussion, die schon lange geht in die Niederlande und auch draußen, glaube ich: Wie geht man mit das Geld um? Wie kann man die Musiker und die Ensembles so ehrlich wie möglich bezahlen und wie können wir die ganze Szene gesund halten?"
    Die New Music Conference will für einen transparenten Umgang mit Problemen im tagtäglichen Musikgeschäft sensibilisieren und gemeinsam Lösungen entwickeln. Damit traf sie auf großes Interesse: Es gab 150 Anmeldungen und 200 Teilnehmer. Am Abend dann fand das diesjährige Highlight des Festivals statt: Das Ensemble Modern spielte zwei Uraufführungen und das Klavierkonzert von György Ligeti.
    November Music beeindruckt mit einer Vielfalt an Genres und Präsentationsmöglichkeiten, die aber leider meistens nicht miteinander verzahnt sind, sondern nebeneinander stehen.
    Konzerte sind eng getaktet
    Der Besucher muss sich zwischen Neuer Musik, elektronischer Musik, Jazz und Weltmusik entscheiden, denn oft finden Konzerte gleichzeitig statt. Um die große Bandbreite und vielen Künstler zeigen zu können, sind die Konzerte außerdem extrem eng getaktet. Dazwischen bleiben nur wenige Minuten Zeit, die gerade einmal reichen, um zu Fuß den nächsten Konzertort aufzusuchen.
    Nächstes Jahr wird ein Festival für elektronische Musik Teil von November Music werden. Außerdem ist eine Zusammenarbeit mit den Donaueschinger Musiktagen geplant. Dann müsste man aus einem Festival vielleicht eher drei machen.