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"Nowinski” jetzt meisterlich?

Anerkennung überall in Amerika: Einst von den Meinungsmachern als zu weich abgetan, wird der Basketballprofi Dirk Nowitzki nun überschwänglich gefeiert.

Von Jürgen Kalwa |
    Ehe Dirk Nowitzki zum ersten Mal in einer Finalserie stand, war er der Hauptdarsteller in einem humorvollen Werbespot der NBA. In der Inszenierung sehen wir den Basketballer im Trikot der Dallas Mavericks in einem halbdunklen Hotelzimmer am Telefon bei dem schüchternen Versuch, immer wieder den Meisterschaftspokal anzurufen und ihm seine Liebe zu gestehen. Doch die einzige Möglichkeit, die ihm bleibt, - es ist ja ein Pokal - ist die, auf den Anrufbeantworter zu sprechen:

    ""Hi, it's me, Dirk.” - Beep. - "It's Dirk again. I am a little nervous. I'll call you later.” - Beep. - "I talk real fast now. I just wanna say: I love you.” - Beep. - "I love you. I love you. I need to hold you. I think I am the one for you. We are meant to be together.”"

    Der 30 Sekunden lange Werbefilm zeigte eine Facette an dem ernsthaften Profi aus Deutschland, die nur selten durchkommt: Er versteht Spaß. Der Spaß an dem Pokal wäre ihm 2006 allerdings fast vergangen. Denn damals brachen er seine Mannschaft nach zwei Siegen gegen die Miami Heat in der dritten Begegnung in der Finalserie ein. Die Mannschaft verlor auch die restlichen Spiele der Serie. Die Liebesaffäre - sie schien so stark nicht gewesen zu sein.

    In der Folge erhielt Nowitzki den hässlichen Spitznamen "Nowinski” und erwarb sich den Ruf, nicht hart genug zu sein, als die Mannschaft danach immer wieder früh aus den Play-Ooffs gekegelt wurde.

    Fast wie ein Roboter, ganz mechanisch, hat der fast 33-Jährige gegen diese Vorbehalte angearbeitet. Und zwar mit einem enormen Trainingspensum und in der Hoffnung, dass ihm Klubbesitzer Mark Cuban doch noch irgendwann eine Gruppe von Nebendarstellern zur Verfügung stellen würde, mit der sich tatsächlich eine Meisterschaft gewinnen lässt.

    Diese Formation kam in dieser Saison zustande. Und so steht Nowitzki fünf Jahre später zum zweiten Mal in der Finalserie. Kurioserweise erneut gegen die Miami Heat. Was den Zuschnitt einer Revanche hat.

    Das Erstaunliche: Der Vorwurf, der schlange schlaksige Sprungwurfspezialist aus Europa sei zu "weich” für den große Erfolg in der Liga der tätowierten bulligen Amerikaner ist verklungen. Nachdem etwa der meinungsfreudige Charles Barkley im Fernsehen immer wieder die Extraklasse des Würzburgers lobte und Ex-Trainer Jeff Van Gundy während der Live-Übertragungen der Spiele gegen die Oklahoma City Thunder schwärmte, die Auftritte seien "legendär”, sorgte niemand anderer als der berühmte Magic Johnson letzte Woche für das Ausrufezeichen: "Dirk,” sagte er, in einer Fernsehsendung des Sportkanals ESPN ...

    "" ... you are definitely the MVP of the playoffs. WOW. The guy is just unbelievable”."

    Der Junge sei unglaublich, fügte er hinzu und ging so weit und verglich Nowitzki mit niemand anderem als Michael Jordan.

    Sein Kollege Jon Barry, ebenfalls ein ehemalger NBA-Profi, sagte über das Imageproblem:

    "That's the label that's being slapped on him. That's being soft. Because he is primarily a jump shooter. By the way, he's one of the best jump shooters the game has ever seen. I've never questioned this guy's toughness. This guy is truly one of the greats. He is finally being recognized as such. He is not any tougher than he was three years ago. He is finally getting his just due.”

    ""Das Etikett, dass er weich ist, hat man ihm angepappt. Weil er ein Sprungwurfspezialist ist. Übrigens einer der besten Sprungwurfschützen aller Zeiten. Aber endlich bekommt er die Anerkennung, die er verdient. Er ist nicht härter als vor drei Jahren. Man respektiert ihn nur mehr.”"

    Der Stimmungswandel in Sachen Nowitzki ist typisch für die amerikanischen Sportmedien, in denen die vielen Ex-Profis und Trainer das Meinungsbild beherrschen und gerne unsinnige Klischees bedienen. Nuancierte Betrachtungen gehen dabei oft unter.

    Zum Beispiel jene des Sportkolumnisten Jason Whitlock, der Klubbesitzer Mark Cuban für das Scheitern der Mannschaft und das Image von Nowitzki verantwortlich macht. Cuban hatte sich früher oft lauthals über die NBA-Schiedsrichter beklagt und war dafür von der Liga mit enormen Strafen belegt worden. Die Serie von 2006 wirkt im Rückblick tatsächlich so etwas wie die Quittung dafür. Die Unparteischen pfiffen überaus parteiisch in dieser Serie - gegen die Mavericks.

    Whitlock, der für die Online-Seite von Fox schreibt, ist froh, dass sich Cuban inzwischen sehr zurückhält. "Wer die Mavericks für ein weiches Team hält, der denkt nie an die Rolle von Cuban. Man schiebt Nowitzki die Schuld in die Schuhe. Das ist ein Klischee.”