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Nozomi ist gescheitert

Raumfahrt. - Die Ersten werden die Letzten sein. Das gilt auch für Reisen durch das All. Und manchmal erreichen die Erstgestarteten ihr Ziel überhaupt nicht. Das gilt in diesem Fall für die Raumsonde Nozomi, die sich seit nunmehr fünf Jahren abmüht, den Mars zu erreichen, und dabei schon allerhand Umwege in Kauf nehmen musste. Japan wollte Europa und den USA bei unserem Nachbarplaneten zuvorkommen, doch nach fünf Jahren und einigen Pannen torkelt nunmehr ein ziemlich demoliertes Geisterschiff auf den Roten Planeten zu.

Guido Meyer |
    Eigentlich dachte Richard Wagner mit seinem Geisterschiff an einen Fliegenden Holländer, aber im Jahre 2003 ist ein "Fliegender Japaner" auf Irrfahrt durch das innere Sonnensystem. Nozomi ist sein Name. Das heißt auf japanisch "Hoffnung". Und das ist auch fast schon alles, was von dem Raumschiff übrig geblieben ist. Ob nämlich die Sonde aus dem Land der aufgehenden Sonne in diesen Tagen wirklich am aufgehenden Mars eintrifft, an ihm vorbeifliegt oder auf ihm aufschlägt – alles ist möglich.

    Es werde ein wenig länger dauern als geplant, bis der Mars erreicht sei, aber sie gäben ihr Bestes, sagte vor wenigen Wochen noch optimistisch Minoru Yonekura von der japanischen Weltraumbehörde JAXA, die bis vorgestern versucht hatte, zu retten, was noch zu retten war, nun aber aufgegeben und die Mars-Mission Nozomi für gescheitert erklärt hat. Seit ihrem Start im Juli 1998 war die Sonde vom Pech verfolgt. Hannes Griebel von der Universität der Bundeswehr in München und Vorstandsmitglied der Mars Society Deutschland:

    Zunächst verlief Nozomi wie geplant, allerdings gab es beim Vorbeiflug an der Erde – die hatten eine etwas kompliziertere Flugbahn hinaus zum Mars – einen Fehler bei der Triebswerkzündung. So sind die auf eine falsche Bahn geraten. Und zwar auf eine Flugbahn, die zwar früher oder später schon an der Umlaufbahn des Mars vorbeiführt, aber dann ist der Mars nicht mehr da.

    Was der Mission insgesamt dann doch wenig Sinn verliehen hätte. Also wurde vor drei Jahren eine neue Flugbahn ausgeknobelt, die sich Treibstoff sparend der Gesetze der Himmelsmechanik bedient. Sie führte Nozomi auf einer Umlaufbahn um die Sonne zweimal an der Erde vorbei, um dort neuen Schwung zu holen. Diese Korrekturen haben die Reise jedoch auch um vier Jahre verlängert.

    Nun hat man an der TU München andere Flugbahnen erarbeit, und zwar Flugbahnen, wie man mit kleineren Manövern draußen im interplanetaren Raum sehr komplizierte Bahnänderungen durchführen kann, so dass schließlich der Planet Mars getroffen werden kann. Allerdings ist natürlich die Navigation jetzt etwas schwieriger, und somit ist natürlich auch das Verlustrisiko gestiegen.

    Die neue Flugbahn ist von der TU München entworfen worden, weil die mit einem so genannten Staubzähler an Bord von Nozomi vertreten ist. Durch Messungen von Menge und Art des Staubes in der Umgebung des Mars wollen Planetologen auf die Entstehung des Sonnensystems rückschließen.

    Wenn man bedenkt, dass das gesamte Sonnensystem ja eine sehr staubige Gegend ist ... das heißt Mikrometeoriten in Staub- und Sandkorngröße schwirren da ´rum ... und mit diesem Staubdetektor kann man die einfangen und vermessen, also was sowohl die Größe als auch die Beschaffenheit angeht. Das ist im übrigen auch das einzige Experiment, das im interplanetaren Raum wirklich wertvolle Daten liefert, denn eine Kamera, die nicht in der Nähe vom Planeten ist, ist nicht so wertvoll.

    Wie nah die Kamera made in Nippon dem Mars kommen wird, ist noch unklar, denn unterdessen haben auch Sonneneruptionen der Sonde zugesetzt. Dadurch fiel zeitweise ein Heizsystem aus, das die Temperaturen im Treibstofftank regelt, der daraufhin einfror. Auch einer der beiden Sender an Bord ist defekt.

    Die japanischen Experimente sollten Atmosphäre und Magnetfeld des Mars‘ untersuchen, weswegen für Nozomi auch keine Landung geplant gewesen sei, was sie von den amerikanischen und europäischen Missionen unterscheide, so Minoru Yonekura.

    Am Sonntag nun wird Nozomi endlich den Punkt der größten Annäherung an den Mars erreichen. Am Dienstag wurde zum letzten Mal versucht, die Triebwerke zu zünden, um das Raumschiff abzubremsen und wie geplant in eine Umlaufbahn schwenken lassen – ohne Erfolg. Setzt die Sonde ihren derzeitigen Trudelkurs fort, wird sie womöglich in wenigen Tagen unkontrolliert auf den Mars stürzen und aufschlagen – was der Odyssee dieses Geisterschiffes ein trauriges Ende setzen würde.