Kirchheim – im Ilmkreis, zwischen Erfurt und Arnstadt inmitten von Wiesen und Feldern gelegen, 1.200 Einwohner. Ein Ort wie jeder andere in Thüringen, mit einem entscheidenden Unterschied: In Kirchheim wird fast regelmäßig gegen die NPD demonstriert:
"Kirchheim ist der deutlich von Neonazis meist frequentierte Ort in ganz Thüringen."
Stefan Heerdegen ist einer der Aktiven vom Bündnis gegen Rechts. Auch er ist oft in Kirchheim. Seit 2009 ist der Ort zum Szenetreff der NPD geworden.
"Es gab Spitzenzeiten, wo an drei von vier Wochenenden im Monat dort etwas stattfand."
Inzwischen sei es ruhiger, sagt Heerdegen. Trotzdem schätzt die rechte Szene Kirchheim nach wie vor. Denn, im "Romantischen Fachwerkhof" bekommt sie unkompliziert Räume. Die Wirtsleute haben offenbar kein Problem mit der NPD.
Hinter einem großen Holztor, im Innenhof, wird an dem Abend gegrillt. Nebenan, in der sogenannten Erlebnisscheune, steht ein Redner heftig gestikulierend am Pult: Es ist Wolfram Nahrath. Er leitete bis Anfang der 90er-Jahre die Wiking-Jugend, die später als neonazistische Jugendorganisation verboten wurde. Er ist heute NPD-Mitglied. Aufnahmen seiner Reden sind nicht erwünscht. Er spricht mit aufgeregter Gestik und aggressiver Stimme von "Überfremdung der Nation". Etwa 140 Gäste, jung und alt, meist dunkel gekleidet. Ein paar modisch gestylte Frauen mit blonder Kurzhaar-Frisur applaudieren dem Redner von den Biertischen aus zu. Der Raum ist eng, etwas düster. Fremde werden sofort gemustert. Wer nicht zur Szene gehört, fällt auf, kann sich auch nicht frei bewegen, denn ein Security-Mann folgt auf Schritt und Tritt.
Weil die Worte des Redners nicht so recht zum neuen medienschicken Auftreten der Parteispitze passen wollen und plakative rassistische Parolen nur schwer zu verkaufen sind, wird für Interviews ein ruhiger Nebenraum gewählt – wo Holger Apfel, der NDP-Fraktionschef im Sächsischen Landtag, betont freundlich die Politik seiner Partei erklärt:
"Je stärker die Angriffe von außen, um so geschlossener agiert die Partei im Inneren."
Holger Apfel, war bis 2009 stellvertretender NPD-Bundesvorsitzender. Seine Ehefrau ist Geschäftsführerin der NPD-Frauen-Organisation. Betont leger sitzt er im Gasthof von Kirchheim, dunkle Jeans, kariertes Hemd und dezenter Nadelstreifen. Man gibt sich mediengerecht. Neben ihm ist Patrick Wieschke, der für die NPD im Stadtrat von Eisenach sitzt.
Es geht um den Bundesparteitag und die Frage, wer hinter wem steht. Wieschke steht hinter Apfel – so viel ist klar. Der langjährige Parteichef Udo Voigt soll endlich abgelöst werden:
"Also wir sind nicht zufrieden mit der Bundesspitze. Die Partei hat sich in den letzten Jahren nicht so entwickelt, wie wir uns das vorgestellt haben."
Sagt Wieschke. Die NPD gilt als zerstritten und tief gespalten in einen moderaten und in einen militanten Flügel. Der Versuch einer Fusion mit der DVU: gescheitert. Zu dem kommt das finanzielle Loch in der NPD-Kasse. 2007 verhängte die Bundestagsverwaltung eine Strafzahlung: 1,7 Millionen Euro. Grund dafür: Gefälschte Spendenbescheinigungen, die vor allem aus Thüringen gekommen sein sollen. Das ärgert auch Holger Apfel. Ins Detail gehen will er trotzdem nicht:
"Vieles, was verbesserungswürdig ist, werde ich nicht im Rahmen der Öffentlichkeit diskutieren. Die NPD hat einige organisatorische, strukturelle, auch finanzielle Defizite. Diese Partei braucht frischen Wind."
Zum Beispiel mit Holger Apfel an der Parteispitze? Der Verlagskaufmann jedenfalls will die Partei in der Öffentlichkeit besser verkaufen. Bei Patrick Wieschke ist das auch angekommen:
"Stichwort 'Seriöse Radikalität."
Was genau "seriöse Radikalität" ist, sagt Patrick Wieschke nicht. Klar ist nur, er hält Holger Apfel die Stange. Der 30-Jährige strebt nach Höherem. Unter Apfel könnte er in den Bundesvorstand aufrücken, so der Plan. Patrick Wieschke, mehrfach verurteilt, unter anderem im Zusammenhang mit einer Sprengstoffexplosion vor einem türkischen Imbiss. Er gehört zu den bundesweit aktiven Rechtsextremen, lebt im Wartburgkreis und hat dort den Stellvertretenden Kreisvorsitz inne.
Im Hof gibt es Thüringer Wurst und Bier. Die Chefs – ja, Udo Voigt und Udo Pastörs, die seien schon weg, heißt es. Nur einer ist noch da: Holger Apfel. Der wird von einem jungen Mann angesprochen auf seine Rede am Nachmittag. "Das war doch klasse", sagt der, nur ein Aspekt, der mit dem Euro, darüber müsse man noch mal reden. Nicht vor Journalisten, macht ihm Holger Apfel klar und geht schnell weiter. Im Saal wird inzwischen umgebaut. Ein Liedermacher wird gleich auftreten, heißt es. Ob hier Gäste erlaubt sind? Nein, sagt der NPD-Veranstaltungsleiter aus Sachsen-Anhalt: Der Musiker hätte das abgelehnt. Er möchte ihn schließlich auch künftig buchen, sagt der junge Mann im dunklen Anzug, dreht sich um, es müsse noch eine Ansage im Saal machen, und geht.
"Kirchheim ist der deutlich von Neonazis meist frequentierte Ort in ganz Thüringen."
Stefan Heerdegen ist einer der Aktiven vom Bündnis gegen Rechts. Auch er ist oft in Kirchheim. Seit 2009 ist der Ort zum Szenetreff der NPD geworden.
"Es gab Spitzenzeiten, wo an drei von vier Wochenenden im Monat dort etwas stattfand."
Inzwischen sei es ruhiger, sagt Heerdegen. Trotzdem schätzt die rechte Szene Kirchheim nach wie vor. Denn, im "Romantischen Fachwerkhof" bekommt sie unkompliziert Räume. Die Wirtsleute haben offenbar kein Problem mit der NPD.
Hinter einem großen Holztor, im Innenhof, wird an dem Abend gegrillt. Nebenan, in der sogenannten Erlebnisscheune, steht ein Redner heftig gestikulierend am Pult: Es ist Wolfram Nahrath. Er leitete bis Anfang der 90er-Jahre die Wiking-Jugend, die später als neonazistische Jugendorganisation verboten wurde. Er ist heute NPD-Mitglied. Aufnahmen seiner Reden sind nicht erwünscht. Er spricht mit aufgeregter Gestik und aggressiver Stimme von "Überfremdung der Nation". Etwa 140 Gäste, jung und alt, meist dunkel gekleidet. Ein paar modisch gestylte Frauen mit blonder Kurzhaar-Frisur applaudieren dem Redner von den Biertischen aus zu. Der Raum ist eng, etwas düster. Fremde werden sofort gemustert. Wer nicht zur Szene gehört, fällt auf, kann sich auch nicht frei bewegen, denn ein Security-Mann folgt auf Schritt und Tritt.
Weil die Worte des Redners nicht so recht zum neuen medienschicken Auftreten der Parteispitze passen wollen und plakative rassistische Parolen nur schwer zu verkaufen sind, wird für Interviews ein ruhiger Nebenraum gewählt – wo Holger Apfel, der NDP-Fraktionschef im Sächsischen Landtag, betont freundlich die Politik seiner Partei erklärt:
"Je stärker die Angriffe von außen, um so geschlossener agiert die Partei im Inneren."
Holger Apfel, war bis 2009 stellvertretender NPD-Bundesvorsitzender. Seine Ehefrau ist Geschäftsführerin der NPD-Frauen-Organisation. Betont leger sitzt er im Gasthof von Kirchheim, dunkle Jeans, kariertes Hemd und dezenter Nadelstreifen. Man gibt sich mediengerecht. Neben ihm ist Patrick Wieschke, der für die NPD im Stadtrat von Eisenach sitzt.
Es geht um den Bundesparteitag und die Frage, wer hinter wem steht. Wieschke steht hinter Apfel – so viel ist klar. Der langjährige Parteichef Udo Voigt soll endlich abgelöst werden:
"Also wir sind nicht zufrieden mit der Bundesspitze. Die Partei hat sich in den letzten Jahren nicht so entwickelt, wie wir uns das vorgestellt haben."
Sagt Wieschke. Die NPD gilt als zerstritten und tief gespalten in einen moderaten und in einen militanten Flügel. Der Versuch einer Fusion mit der DVU: gescheitert. Zu dem kommt das finanzielle Loch in der NPD-Kasse. 2007 verhängte die Bundestagsverwaltung eine Strafzahlung: 1,7 Millionen Euro. Grund dafür: Gefälschte Spendenbescheinigungen, die vor allem aus Thüringen gekommen sein sollen. Das ärgert auch Holger Apfel. Ins Detail gehen will er trotzdem nicht:
"Vieles, was verbesserungswürdig ist, werde ich nicht im Rahmen der Öffentlichkeit diskutieren. Die NPD hat einige organisatorische, strukturelle, auch finanzielle Defizite. Diese Partei braucht frischen Wind."
Zum Beispiel mit Holger Apfel an der Parteispitze? Der Verlagskaufmann jedenfalls will die Partei in der Öffentlichkeit besser verkaufen. Bei Patrick Wieschke ist das auch angekommen:
"Stichwort 'Seriöse Radikalität."
Was genau "seriöse Radikalität" ist, sagt Patrick Wieschke nicht. Klar ist nur, er hält Holger Apfel die Stange. Der 30-Jährige strebt nach Höherem. Unter Apfel könnte er in den Bundesvorstand aufrücken, so der Plan. Patrick Wieschke, mehrfach verurteilt, unter anderem im Zusammenhang mit einer Sprengstoffexplosion vor einem türkischen Imbiss. Er gehört zu den bundesweit aktiven Rechtsextremen, lebt im Wartburgkreis und hat dort den Stellvertretenden Kreisvorsitz inne.
Im Hof gibt es Thüringer Wurst und Bier. Die Chefs – ja, Udo Voigt und Udo Pastörs, die seien schon weg, heißt es. Nur einer ist noch da: Holger Apfel. Der wird von einem jungen Mann angesprochen auf seine Rede am Nachmittag. "Das war doch klasse", sagt der, nur ein Aspekt, der mit dem Euro, darüber müsse man noch mal reden. Nicht vor Journalisten, macht ihm Holger Apfel klar und geht schnell weiter. Im Saal wird inzwischen umgebaut. Ein Liedermacher wird gleich auftreten, heißt es. Ob hier Gäste erlaubt sind? Nein, sagt der NPD-Veranstaltungsleiter aus Sachsen-Anhalt: Der Musiker hätte das abgelehnt. Er möchte ihn schließlich auch künftig buchen, sagt der junge Mann im dunklen Anzug, dreht sich um, es müsse noch eine Ansage im Saal machen, und geht.