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NRW
Umwandlung von Konfessionsschulen erleichtert

Eine Änderung des Schulgesetzes in NRW vereinfacht die Umwandlung von katholischen und evangelischen Schulen in konfessionslose Gemeinschaftsschulen. Damit folgt das Land dem Wunsch vieler Eltern. Sie kritisierten, dass Bekenntnisschulen vielerorts nicht mehr der Lebensrealität entsprechen, weil immer weniger Kinder einer Religion angehören, Migranten ausgegrenzt werden und es schwierig ist, geeignetes Lehrpersonal mit der passenden Konfession zu finden.

Von Andrea Lueg |
    Leeres Klassenzimmer mit hochgestellten Stühlen, aus dem ein Drittklässler läuft.
    Ein Drittel der Grundschulen in NRW sind katholische und evangelische Schulen in öffentlicher Trägerschaft. (picture alliance / dpa - Armin Weigel)
    Schon zwei Mal haben Eltern der katholischen Grundschule in Bonn-Buschdorf versucht, eine Umwandlung in eine Gemeinschaftsschule zu erreichen, erzählt der Schulpflegschaftsvorsitzende Kemal Kaygusuz:
    "Das war vor fünf Jahren die erste Schulartumwandlung, die versucht wurde, und vor vier Jahren der zweite Versuch."
    Damals hatte Kemal Kaygusuz noch kein Kind an der Schule und wusste nicht, wie Bekenntnisschulen funktionieren.
    "Ich bin ja auch hier in Bonn geboren und aufgewachsen, aber trotzdem kannte ich das System nicht, weil ich auf einer Gemeinschaftsgrundschule war."
    In Bekenntnisschulen werden Kinder nach den Grundsätzen eines religiösen Bekenntnisses erzogen, in NRW in der Regel entweder katholisch oder evangelisch. Bisher sollen an den Schulen nur Lehrer des entsprechenden Bekenntnisses unterrichten. Wenn Kinder anderer Glaubensrichtungen aufgenommen werden, müssen die Eltern zustimmen, dass sie nach den entsprechenden Grundsätzen erzogen werden.
    "Und als mein Sohn dann eingeschult wurde, musste ich diese Erklärung unterschreiben."
    Eine Wahl hatte er nicht, denn die katholische ist die einzige Grundschule in Buschdorf. So wie in vielen Gemeinden in NRW. In Borken zum Beispiel gibt es neun Grundschulen, alle katholisch. Und alle komplett aus Steuermitteln finanziert, denn Bekenntnisschulen in NRW sind öffentliche Schulen. Die tatsächlichen religiösen Bekenntnisse von Eltern und Kindern spiegelt diese Situation nicht wider, stellt auch die bildungspolitische Sprecherin der Grünen Landtagsfraktion in NRW, Sigrid Beer, fest:
    "Gesellschaft hat sich verändert. Wir haben einen immer größeren Anteil von religionsfreien Kindern, das sind schon 17 Prozent in NRW in der Grundschule, wir haben einen immer größeren Anteil von Kindern muslimischen Bekenntnisses, das sind auch knapp 17 Prozent."
    Schwierige Suche nach Personal
    Zudem haben viele Bekenntnisgrundschulen Probleme, Lehrpersonal und vor allem Schulleiter zu finden. Lehrer mit Migrationshintergrund haben an den Schulen praktisch keine Chance auf Festanstellung. Immer häufiger versuchten deshalb in den letzten Jahren Eltern, eine Umwandlung in eine Gemeinschaftsschule zu erreichen. Allein in Köln gelang das seit 2012 drei Schulen.
    Doch die Hürden waren bisher hoch: Zwei Drittel der Eltern müssen der Umwandlung zustimmen. Das soll nun im Schulgesetz geändert werden. Nach einer Vorlage, die im März im Landtag beschlossen werden soll, wird nur noch eine einfache Mehrheit der Eltern für eine Umwandlung verlangt. Und auch für die Lehrer an Bekenntnisschulen werden neue Regeln gelten, sagt Beer:
    "Es wird jetzt nur noch festgeschrieben, dass die Schulleitung dem Bekenntnis angehören muss, nicht mehr die stellvertretende Schulleitung, dass Kollegen selbstverständlich angestellt werden können, weil es ja in erster Linie um Sicherung des Unterrichts und Qualität des Unterrichts geht."
    Kirchen mit im Boot
    Für den Gesetzentwurf, sagt Sigrid Beer, gibt es verhaltene Zustimmung aus den anderen Fraktionen und die Kirchen hat sie frühzeitig mit ins Boot geholt. Selbst hätten die zwar nicht die Initiative ergriffen, aber, so Antonius Hamers vom katholischen Büro, der Vertretung der Bischöfe in NRW:
    "Wir sehen, dass Änderungsbedarf da ist, wir sehen, dass an einigen Schulen die Situation eben so ist, dass man mit Fug und Recht infrage stellen kann, ob diese Schulen noch als Bekenntnisschulen geführt werden müssen."
    Mit dem neuen Gesetz sieht Kemal Kaygusuz für die Grundschule in Buschdorf gute Chancen auf eine Umwandlung. Begeistert ist er von der Änderung dennoch nicht:
    "Es ist ein kleiner Fortschritt. Aber böse Zungen sagen, es ist ein Bekenntnisschulsicherungsgesetz, um etwas passend zu machen, was nicht passend ist. Es hat immer noch einige Nachteile. Der erste Nachteil ist: Es ist immer noch da, das System und ein weiterer großer Nachteil, den ich sehe, ist: Man lässt die Eltern alleine vor Ort, das heißt, die müssen die Initiative ergreifen, und die Initiatoren werden im Allgemeinen als Querulanten oder Nestbeschmutzer angesehen."
    Immerhin dürfen in Zukunft auch die Kommunen in NRW eine Schulumwandlung initiieren, um die Schulentwicklung besser planen zu können.