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NSA-Untersuchungsausschuss
Parlamentarier beklagen fehlende Akten

Der Bundesnachrichtendienst hat etwa 130 Dokumente nicht an den NSA-Ausschuss weitergeleitet, obwohl sie zur Aufklärung beitragen könnten. Die Mitglieder sind sauer und fragen sich, welche wichtigen Unterlagen sie vielleicht ebenfalls nicht vom BND erhalten haben.

Von Falk Steiner | 05.03.2015
    Prozessakten liegen auf dem Boden.
    Etwa 130 Dokumente wurden den Parlamentariern zunächst vorenthalten. (Volker Hartmann, dpa)
    Alle Macht geht vom Volke aus, aber gilt das auch dann, wenn es um die Kontrolle der Tätigkeit der Geheimdienste geht? Bundesnachrichtendienstchef Gerhard Schindler wurde heute von den Mitgliedern des Untersuchungsausschusses zur NSA-Affäre im Bundestag erwartet - denn die hatten allen Grund, sich zu beschweren.
    SPD-Obmann Christian Flisek: "Wir hatten aus Sicht der SPD-Fraktion einen äußert gravierenden Vorfall zu bewerten. Es sind Unterlagen von einer Außenstelle des Bundesnachrichtendienstes, die den Untersuchungsgegenstand betreffen, nicht an den Untersuchungsausschuss weitergeleitet worden. Nach meinen Informationen - wir haben die Unterlagen bisher immer noch nicht - handelt es sich um etwa 130 Dokumente."
    Obwohl Akten fehlten, hatte der Bundesnachrichtendienst eine sogenannte Vollständigkeitserklärung abgegeben, also dem Untersuchungsausschuss erklärt, keine weiteren relevanten Dokumente zu dem Vorgang zu besitzen.
    "Wenn sozusagen Vollständigkeitserklärungen abgegeben werden, ohne dass tatsächlich Vollständigkeit gegeben ist, dann führt das dazu, dass wir natürlich in Bezug auf alle bisher erteilten Vollständigkeitserklärungen wieder große Fragezeichen machen müssen.
    Kritik aus allen Fraktionen
    Besonders pikant daran: Dem BND lagen zwar wohl alle Unterlagen vor, aber die zuständigen Mitarbeiter waren dort zu dem Schluss gekommen, dass diese eben nicht für den Untersuchungsausschuss relevant seien. Mit diesem Vorgehen zog der Auslandsgeheimdienst den Zorn aller Fraktionen auf sich. Linken-Obfrau Martina Renner:
    "Wenn diese Akten tatsächlich einschlägig sind und neue Informationen auch für uns zu den Gegenständen Eikonal und Glotaic beinhalten, müssen wir natürlich erwägen, die Zeugeneinvernahme zu wiederholen."
    Nun muss der Bundesnachrichtendienst nachsitzen: BND-Präsident Schindler versprach den Abgeordneten, dass der BND nun nachprüft, ob die Dokumente, die bislang dem Untersuchungsausschuss zugeleitet wurden, wirklich alles war, was dem BND dazu vorlag. Doch das Grundproblem, dass der BND selbst aussucht, was er dem Untersuchungsausschuss vorlegt, wird damit nicht gelöst. Von einem Vertrauensproblem spricht der Grünen-Obmann im NSA-Untersuchungsausschuss, Konstantin von Notz:
    "Man hat eben von Anfang an klar gemacht, dass man eigentlich keinen Bock hat auf diese Aufklärung und das obstruiert, und deswegen sind dann solche Fälle, wie wir ihn jetzt hier haben mit diesen 130 Vorgängen, die nicht vorliegen, natürlich etwas, was das Vertrauen untergräbt."
    Kein Kommentar vom BND-Präsidenten
    BND-Präsident Schindler selbst wollte keinen Kommentar zu den Vorgängen abgeben. In einem anderen Punkt hingegen näherten sich BND und Bundesregierung auf der einen, die Mitglieder des Untersuchungsausschusses auf der anderen Seite an: Nachdem BND und Kanzleramt Bedenken geäußert hatten, den Abgeordneten Akten zugänglich zu machen und eine Verweigerung des Zugangs für jene Akten erwogen hatte, die Aktivitäten ausländischer Partnerdienste betreffen, sollen diese den Abgeordneten nun doch zur Verfügung stehen.
    Genau um diese Projekte geht es auch in der heutigen Zeugenvernehmung: Dort versprechen sich die Abgeordneten weitere Aufklärung über die konkrete Zusammenarbeit des BND mit der NSA in dem Projekt Eikonal, bei dem an einem Knotenpunkt der Deutschen Telekom in Frankfurt Verkehre ausgeleitet wurden, und dem Projekt Glotaic, bei dem gemeinsam mit der CIA in Hilden bei Düsseldorf bei einem US-Kommunikationsanbieter Kommunikation abgefischt wurde.