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NSU-Bericht
Kampf den Vorurteilen der Ermittler

Als Lehre aus den Ermittlungspannen bei der NSU-Mordserie will die Bundesregierung mit den Marotten der Sicherheitsbehörden aufräumen. Dabei gehe es um die Abstimmung untereinander und den Abbau von Vorurteilen gegenüber Ausländern. Eine Sonderrolle soll künftig der Generalbundesanwalt spielen.

26.02.2014
    Mangelnde Sensibilität bei rassistischen und fremdenfeindlichen Motiven, Unklarheiten bei Zuständigkeiten, paralleles Führen von V-Leuten: Die Bundesregierung zieht ihre Schlüsse aus dem Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses zur Aufklärung der Mordserie des "Nationalsozialistischen Untergrundes" (NSU) und will die Verfehlungen der Sicherheitsbehörden bei künftigen Fällen ausschließen.
    "Wir brauchen eine Arbeitskultur in den Behörden, die ausschließt, dass Menschen vorschnell falsch verdächtigt und Ermittlungen eindimensional geführt werden", sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Hassmotive bei Straftaten müssten systematischer untersucht und aufgeklärt werden. Wichtig sei vor allem, dass sich Ermittler effektiver als bisher austauschen. Diese Arbeit müsse auch mit den Landesbehörden erfolgen, nicht gegen sie. "Das wird noch vielerlei Gespräche bedürfen", sagte der Minister.
    Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU)
    Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) (picture alliance / ROPI / Jose Giribas)
    Der Bundesinnenminister will für "mehr Offenheit in den Köpfen und Herzen" auch bei Polizei, Staatsanwaltschaft und Nachrichtendiensten werben. Die Bekämpfung von Rassismus und Rechtsextremismus sei nicht nur Aufgabe der Beamten. "Einerseits kaufen wir gerne beim türkischen Gemüsehändler, gehen gerne anatolisch essen - wenn es aber ein Problem gibt, dann sind wir schnell noch mit Vorurteilen bei der Hand", sagte de Maizière. "Wir wollen, dass jeder, wirklich jeder in diesem Land sicher leben kann."
    "Auch Mehmet und Aishe" bei Polizei und Justiz
    Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) betonte, die "interkulturelle Kompetenz" der Behörden müsse geschärft werden. "In Deutschland leben 20 Prozent der Bevölkerung mit Migrationshintergrund, dann muss sich das auch im Personal der Ermittlungsbehörden widerspiegeln." Dadurch solle die Sensibilität der Behörden erhöht werden. "Bei Polizei und Justiz soll es in Zukunft nicht nur Heikos und Thomas' geben, sondern auch Mehmet und Aishe", sagte Maas. Wenn von Migrationshintergrund die Rede sei, ergänzte Minister de Maizière, gehe es "ja nicht um Kinder von schwedischen Ingenieuren".
    Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD)
    Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) (dpa/picture alliance/Hannibal Hanschke)
    Der Bundesjustizminister betonte, es müsse alles unternommen werden, um eine rechtsterroristische Mordserie wie im Fall der NSU künftig zu verhindern. Die Bundesregierung wolle die 47 Reformempfehlungen, die der Untersuchungsausschuss vorgelegt hat, auch Stück für Stück abarbeiten, sagte Maas.
    Sonderrolle für Generalbundesanwalt
    Für die Stärkung des Bundesamtes für Verfassungsschutz als zentraler Stelle solle bis Ende März ein Gesetzentwurf vorgelegt werden. Künftig solle dem Generalbundesanwalt eine stärkere Rolle beigemessen werden, sagte Bundesjustizminister Maas. Der Generalbundesanwalt solle sehr früh in Ermittlungen eingeschaltet werden können. Wenn es Streitigkeiten unter den Staatsanwaltschaften in den Ländern wegen der Zuständigkeit gebe, solle der Generalbundesanwalt entscheiden, wer die Ermittlungen führen soll. Bei Strafen solle "ein rassistischer, fremdenfeindlicher oder sonstiger menschenverachtender" Hintergrund besonders berücksichtigt werden.
    Daneben laufe derzeit eine Untersuchung nicht aufgeklärter Morde und Gewaltdelikte seit 1990, sagte de Maizière. So solle geprüft werden, ob möglicherweise weitere Fälle in einem Zusammenhang mit den Taten des NSU stehen. Dies soll im Jahresverlauf abgeschlossen werden.