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NSU-Prozess
"Ernst der Lage nicht erkannt"

Der Vater des mutmaßlichen Neonazi-Terroristen Uwe Böhnhardt hat nach eigenen Angaben nichts von der rechtsextremen Karriere seines Sohnes gewusst. Bei seiner Aussage vor Gericht sprach er den Familien der NSU-Opfer sein Mitgefühl aus.

23.01.2014
    Er wolle persönlich sagen, "dass mir das unendlich leid tut, was da passiert ist", sagte Jürgen Böhnhardt im NSU-Prozess in München. Er sei zudem "sehr dankbar", dass sich aus den betroffenen Familien der zehn Mordopfer niemand gerächt habe. Seine Familie sei nicht erpresst oder beschimpft worden.
    Der 69-Jährige erklärte vor dem Oberlandesgericht, dass er vom Abdriften seines Sohnes in die Neonazi-Szene nichts gewusst habe. "Das haben wir damals überhaupt nicht geahnt."
    "Bomberjacke und Springerstiefel hatten alle"
    Er habe zwar auf Fotos gesehen, dass sein Sohn Uwe bei rechten Demonstrationen "mittendrin" gewesen sei, dass er Bomberjacke und Springerstiefel getragen habe. "Aber das ist zu der Zeit normal gewesen, das haben alle Leute gehabt."
    Die Eltern hätten Uwe aber zur Rede gestellt; da habe dieser abgewiegelt oder keine Antwort gegeben. Man habe den "Ernst der Lage" nicht erkannt, sagte Böhnhardt - obwohl Uwe wiederholt im Visier der Justiz war.
    Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos, die zusammen mit Beate Zschäpe den "Nationalsozialistischen Untergrund" gebildet haben sollen, werden unter anderem zehn Morde an Geschäftsleuten ausländischer Herkunft und einer Polizistin zur Last gelegt. Böhnhardt und Mundlos töteten sich am 4. November 2011 selbst, um der Festnahme zu entgehen. Beate Zschäpe ist als Mittäterin an allen Attentaten des NSU angeklagt.
    Vater Böhnhardts vor Gericht im Zwiespalt
    Rückblickend auf die mutmaßlichen Taten des NSU-Trios sagte Jürgen Böhnhardt: "Das ist ja schon gemeingefährlich, was sie gemacht haben". Man habe ihm angemerkt, wie angespannt er war, sagte unser Korrespondent Rolf Clement im Deutschlandfunk. Böhnhardt habe mit seinem Sohn "schon mit Engagement, aber auch mit Kritik" gesprochen.
    Seine Frau hatte bereits vor einigen Wochen vor Gericht ausgesagt. Sie gab den Behörden eine Mitschuld an der Terrorserie.
    Die Vernehmung von Jürgen Böhnhardt brachte keine nennenswerten neuen Aspekte. Er bestätigte die Schilderung seiner Frau, dass es bis ins Jahr 2002 Treffen mit dem zu diesem Zeitpunkt schon vier Jahre im Untergrund lebenden Trio gab. Des Weiteren bestätigte er, dass die Böhnhardts auch Geld übergeben hätten.