Dienstag, 14. Mai 2024

Archiv

NSU-Prozess
Zschäpe distanziert sich von rechtem Gedankengut

Kurz vor dem Ende des NSU-Prozesses hat sich Beate Zschäpe noch einmal zu Wort gemeldet. Sie habe großes Mitgefühl mit den Opfern des NSU, sagte Zschäpe. Deutschlandfunk-Korrespondent Tim Aßmann sieht in Zschäpe allerdings "eine Frau mit zwei Gesichtern".

Tim Aßmann im Gespräch mit Christine Heuer | 03.07.2018
    Beate Zschäpe blickt mit ernster Miene in den Gerichtssaal
    Beate Zschäpe im Münchner Gericht (AFP/Stache)
    Beate Zschäpe hat sich im Gerichtssaal direkt an die Familien der Opfer gewandt. Sie hat ihnen ihr Mitgefühl ausgesprochen und betont, dass sie die Taten des NSU bedauere. Aber: Sie könne den Hinterbliebenen die Angehörigen auch nicht zurück bringen. Zschäpe beteuerte noch einmal, dass sie sich nicht als Mittäterin sehe bei der Mordserie des NSU. Von den Taten ihrer Mitbewohner Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt habe sie erst im Nachhinein erfahren.
    Zschäpe blickte in ihrer etwa fünfminütigen Erklärung auch zurück auf die Zeit, in der der NSU entstanden ist. Sie bedauere, dass sie sich damals in den 90er-Jahren habe mitreißen lassen von rechtsradikaler Ideologie. Das sei ein Zeichen von Schwäche gewesen. Aber sie habe mit diesem Kapitel abgeschlossen. Zschäpe sagte allerdings auch, sie akzeptiere die Einstellung ihrer Mit-Angeklagten in diesem Prozess. Tim Aßmann gibt dabei zu bedenken, dass immerhin zwei dieser Angeklagten bekennende Neo-Nazis sind.
    Insgesamt sieht Aßmann nur Anzeichen einer eingeschränkte Reue. Sie bedauere, dass sie nicht zur Polizei gegangen ist und dass sie nicht die Stärke hatte, sich von Mundlos und Böhnhardt zu trennen. Aber mit den Morden will sie nichts zu tun gehabt haben.
    Angehörige bleiben misstrauisch
    Es bleibe, sagt Aßmann, das Bild einer Frau mit zwei Gesichtern: auf der einen Seite Beate Zschäpe als fremdbestimmte Mitläuferin - auf der anderen Seite eine durchsetzungsstarke Frau, die Teil des Terror-Trios war, die mitplante und die am Ende auch die Bekenner-Videos in den Briefkasten geworfen hat. So sieht das auch die Bundesanwaltschaft. Das Gericht wird sich nun entscheiden müssen, ob es in der kommenden Woche, wenn das Urteil gefällt wird, dieser Sicht folgt. Das ist zwar juristisch heikel, könnte aber die Entscheidung sein.
    Als erste Reaktion von Angehörigen war heute zu hören, sie würden Beate Zschäpes Entschulding nicht annehmen. Und sie würden ihr auch nicht glauben, dass sie von nichts gewusst habe. Beate Zschäpe hatte vor Gericht beteuert, sie wisse nicht, wie Mundlos und Böhnhardt ihre Opfer ausgesucht hätten. Und diese Frage wurde im Laufe des Verfahrens tatsächlich nicht geklärt.
    Zschäpe hat sich heute außerdem noch einmal an die Richter gewandt mit der Bitte, sie nicht für eine Tat zu verurteilen, die sie weder verübt noch gewollt habe. Ob dieser Appell vor Gericht Gehör findet, bleibt bis zur Urteilsverkündung kommende Woche mit einem Fragezeichen verbunden.