"Ich hab´ meinetwegen das Segment IT und ich hab das Segment Elektrobau, und im Segment IT habe ich jetzt eine Aussage über Forschung und Entwicklung. Und dann schau ich bei dem anderen Bereich, und plötzlich steht da nichts über Forschung und Entwicklung."
Markus Grottke ist Jungunternehmer und hat in den letzten Monaten nichts Anderes getan, als Tausende von Geschäftsberichten zu lesen.
"Plötzlich steht da nichts über Forschung und Entwicklung. In dem einen Segment wird über alles berichtet und im anderen über alles geschwiegen. Und dann ist natürlich die Frage: Warum schweigen die denn da über alles?"
Der promovierte Betriebswirt sieht ganz genau hin, denn er will möglichst viele auffällige Formulierungen und Inhalte entdecken: Mehrdeutigkeiten, subjektive statt objektive Aussagen, Nullinformationen. Fündig wurde Markus Grottke unter anderem beim Geschäftsbericht der Holzmann AG, bis zur Insolvenz 2002 das größte deutsche Bauunternehmen und ein Global Player.
"Zum Beispiel konnte ich aufzeigen, dass die Holzmann AG keine richtig gute Strategie hatte: Die sagte, sie würde ins Ausland gehen. Aber die einzige Begründung war, dass das Inland schlecht war, da waren gar keine positiven Faktoren über das Ausland. Das war aber so geschickt formuliert, dass die Strategie logisch wirkte, also logisch, vom Inland ins Ausland zu gehen, weil man ja nur aus dem Inland raus wollte. Wenn man sich das aber genau aufgeschlüsselt hat, welche Prämissen dahinter sind, also wenn man zum Beispiel sagt: 'Im Inland herrscht Rezession' – dann muss man natürlich, wenn ich das als Grund nehme, um ins Ausland zu gehen, sagen: Im Ausland darf keine Rezession herrschen. Aber natürlich herrscht im Ausland auch Rezession."
Die gesammelten Fundstellen verarbeitet Grottkes Kollege, der Wirtschaftsinformatiker Stefan Wildner, zu immer neuen Regeln für die lernende Software, die er programmiert hat. Sie heißt "Verbal Intelligence Analyser", auf Deutsch etwa intelligenter Sprachdeuter, und soll für Analysten, Aktionäre oder Wirtschaftsprüfer Bilanzberichte durchchecken.
"Stellen Sie sich einfach mal vor, ein Wirtschaftsprüfer bekommt einen Bericht vorgelegt, der ist zwischen 100 und 300 Seiten lang, und der muss den jetzt prüfen anhand einer ganzen Reihe von Eigenschaften, die ihm das Gesetz vorgibt. Da kommt eine Checkliste raus, die ist vielleicht auch 100 Seiten lang. Und da kann man schon eine Software einsetzen, denn letzten Endes handelt es sich dabei um einen Suchauftrag. Und der Vorteil ist eben auch: Sie bleibt aufmerksam von der ersten bis zur letzten Seite."
Die Idee zu dieser Software hatte Markus Grottke, weil er neben BWL auch Literaturwissenschaft studiert hat. Denn dabei lernte er, wie man Texte so analysieren kann, dass ihr objektiver Gehalt klar wird. Und genau das ist die Aufgabe der neuen Software.
"Wir nehmen jetzt ein Beispiel zu einer anderen Kategorie: den 'unzuverlässigen Informationen', das ist die spannendste, glaube ich – da geht es um lauter Formulierungen, die Firmen, die in Bilanzskandale verwickelt waren, benutzt haben. Hier haben wir den Bericht der IKB, sieben Tage vor Zusammenbruch. Besonders schönes Beispiel natürlich."
Der Deutschen Industriekreditbank AG in Düsseldorf drohte 2007 die Zahlungsunfähigkeit. Die Übernahme durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau rettete das Geldinstitut damals.
"Jetzt haben wir nach unzuverlässigen Informationen gesucht, und hier wird so ein Widerspruch aufgezeigt. Hier heißt es:"
"Denn durch die Verbriefung einerseits und die Investments in internationale Kreditportfolios andererseits ist es uns gelungen, unser Portfolio zu diversifizieren, die Kreditrisiken zu verringern und die Erträge zu steigern."
"Der Satz ist sehr kompliziert. Das ist auch ganz bewusst so, weil dann liest man einfach drüber. Das Zentrale ist hier, dass Kreditrisiken sinken und Erträge steigen. Auf einem wettbewerbsintensiven Markt sind auch andere Wettbewerber. Das heißt, wenn man die Erträge steigern kann, dann muss man auch mehr Risiken dafür eingehen. Und sie behaupten hier, sie haben eine Art Perpetuum mobile gefunden, nämlich die Kreditrisiken zu senken und die Erträge zu steigern. Und in Wahrheit war´s natürlich nicht so, die Kreditrisiken sind gestiegen und nicht gesunken."
Mit ihrer Software wagen sich die Spin-Off-Gründer an den unkonventionellen Ansatz, Rechnungslegung, Literaturwissenschaft und Informatik zusammenzubringen. Die Uni Passau konnten Grottke und Wildner schon überzeugen. Auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie unterstützt die Idee mit dem Förderprogramm EXIST.
"Man muss auch sehr viel Toleranz von den Professoren haben. Das haben wir auch gehabt – also wir sind von allen Seiten unterstützt worden."
"Und dass wir dann auch an der Universität Räume und Technik bekommen haben. Und dass das über alle behördlichen Dinge hinweg sehr einfach und problemlos gegangen ist. Also wenn jemand behauptet, man kann in Deutschland nur schlecht gründen und müsste dafür nach Amerika gehen, dann würde ich jetzt ganz bewusst widersprechen."
Markus Grottke ist Jungunternehmer und hat in den letzten Monaten nichts Anderes getan, als Tausende von Geschäftsberichten zu lesen.
"Plötzlich steht da nichts über Forschung und Entwicklung. In dem einen Segment wird über alles berichtet und im anderen über alles geschwiegen. Und dann ist natürlich die Frage: Warum schweigen die denn da über alles?"
Der promovierte Betriebswirt sieht ganz genau hin, denn er will möglichst viele auffällige Formulierungen und Inhalte entdecken: Mehrdeutigkeiten, subjektive statt objektive Aussagen, Nullinformationen. Fündig wurde Markus Grottke unter anderem beim Geschäftsbericht der Holzmann AG, bis zur Insolvenz 2002 das größte deutsche Bauunternehmen und ein Global Player.
"Zum Beispiel konnte ich aufzeigen, dass die Holzmann AG keine richtig gute Strategie hatte: Die sagte, sie würde ins Ausland gehen. Aber die einzige Begründung war, dass das Inland schlecht war, da waren gar keine positiven Faktoren über das Ausland. Das war aber so geschickt formuliert, dass die Strategie logisch wirkte, also logisch, vom Inland ins Ausland zu gehen, weil man ja nur aus dem Inland raus wollte. Wenn man sich das aber genau aufgeschlüsselt hat, welche Prämissen dahinter sind, also wenn man zum Beispiel sagt: 'Im Inland herrscht Rezession' – dann muss man natürlich, wenn ich das als Grund nehme, um ins Ausland zu gehen, sagen: Im Ausland darf keine Rezession herrschen. Aber natürlich herrscht im Ausland auch Rezession."
Die gesammelten Fundstellen verarbeitet Grottkes Kollege, der Wirtschaftsinformatiker Stefan Wildner, zu immer neuen Regeln für die lernende Software, die er programmiert hat. Sie heißt "Verbal Intelligence Analyser", auf Deutsch etwa intelligenter Sprachdeuter, und soll für Analysten, Aktionäre oder Wirtschaftsprüfer Bilanzberichte durchchecken.
"Stellen Sie sich einfach mal vor, ein Wirtschaftsprüfer bekommt einen Bericht vorgelegt, der ist zwischen 100 und 300 Seiten lang, und der muss den jetzt prüfen anhand einer ganzen Reihe von Eigenschaften, die ihm das Gesetz vorgibt. Da kommt eine Checkliste raus, die ist vielleicht auch 100 Seiten lang. Und da kann man schon eine Software einsetzen, denn letzten Endes handelt es sich dabei um einen Suchauftrag. Und der Vorteil ist eben auch: Sie bleibt aufmerksam von der ersten bis zur letzten Seite."
Die Idee zu dieser Software hatte Markus Grottke, weil er neben BWL auch Literaturwissenschaft studiert hat. Denn dabei lernte er, wie man Texte so analysieren kann, dass ihr objektiver Gehalt klar wird. Und genau das ist die Aufgabe der neuen Software.
"Wir nehmen jetzt ein Beispiel zu einer anderen Kategorie: den 'unzuverlässigen Informationen', das ist die spannendste, glaube ich – da geht es um lauter Formulierungen, die Firmen, die in Bilanzskandale verwickelt waren, benutzt haben. Hier haben wir den Bericht der IKB, sieben Tage vor Zusammenbruch. Besonders schönes Beispiel natürlich."
Der Deutschen Industriekreditbank AG in Düsseldorf drohte 2007 die Zahlungsunfähigkeit. Die Übernahme durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau rettete das Geldinstitut damals.
"Jetzt haben wir nach unzuverlässigen Informationen gesucht, und hier wird so ein Widerspruch aufgezeigt. Hier heißt es:"
"Denn durch die Verbriefung einerseits und die Investments in internationale Kreditportfolios andererseits ist es uns gelungen, unser Portfolio zu diversifizieren, die Kreditrisiken zu verringern und die Erträge zu steigern."
"Der Satz ist sehr kompliziert. Das ist auch ganz bewusst so, weil dann liest man einfach drüber. Das Zentrale ist hier, dass Kreditrisiken sinken und Erträge steigen. Auf einem wettbewerbsintensiven Markt sind auch andere Wettbewerber. Das heißt, wenn man die Erträge steigern kann, dann muss man auch mehr Risiken dafür eingehen. Und sie behaupten hier, sie haben eine Art Perpetuum mobile gefunden, nämlich die Kreditrisiken zu senken und die Erträge zu steigern. Und in Wahrheit war´s natürlich nicht so, die Kreditrisiken sind gestiegen und nicht gesunken."
Mit ihrer Software wagen sich die Spin-Off-Gründer an den unkonventionellen Ansatz, Rechnungslegung, Literaturwissenschaft und Informatik zusammenzubringen. Die Uni Passau konnten Grottke und Wildner schon überzeugen. Auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie unterstützt die Idee mit dem Förderprogramm EXIST.
"Man muss auch sehr viel Toleranz von den Professoren haben. Das haben wir auch gehabt – also wir sind von allen Seiten unterstützt worden."
"Und dass wir dann auch an der Universität Räume und Technik bekommen haben. Und dass das über alle behördlichen Dinge hinweg sehr einfach und problemlos gegangen ist. Also wenn jemand behauptet, man kann in Deutschland nur schlecht gründen und müsste dafür nach Amerika gehen, dann würde ich jetzt ganz bewusst widersprechen."