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"Nur ein Sitznachweis reicht nicht"

Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm rechnet mit einer einvernehmlichen Lösung der Länder bei den neuen Einbürgerungsregeln. Man sei beim Innenministertreffen in Garmisch-Partenkirchen übereingekommen, dass bei den Staatsbürgerschaftskursen eine Überprüfung der Ergebnisse erfolgen müsse, sagte der CDU-Politiker. Außerdem werde es bundeseinheitliche Standards für Basiswissen geben, die dann regional ausgeprägt würden.

Moderation: Friedbert Meurer |
    Friedbert Meurer: Was ist der Unterschied zwischen Test und Testat? Das ist jetzt keine Wissensfrage aus einem der Einbürgerungstests von Hessen und Baden-Württemberg, hat aber mit dem Thema Einbürgerung viel zu tun. In vielem sind sich nämlich die Innenminister aus Bund und Ländern offenbar einig, auch darin, dass es Einbürgerungskurse gibt und jeder teilnehmen muss, der deutscher Staatsbürger werden will. Aber steht am Ende dann ein Test oder ein Testat? Laut Duden ist ein Testat ein "Zeugnis oder eine Bescheinigung". - Am Telefon begrüße ich jetzt Jörg Schönbohm, Innenminister von Brandenburg von der CDU. Guten Morgen, Herr Schönbohm!

    Jörg Schönbohm: Einen wunderschönen guten Morgen nach Köln!

    Meurer: Findet die Innenministerkonferenz jetzt die Lösung in der Semantik?

    Schönbohm: Nein, wir finden die Lösung im Inhalt. Wir haben gestern intensiv diskutiert. Es hat ja auf beiden Seiten Verstimmungen gegeben. Die haben wir beigelegt und den gemeinsamen Willen unterstrichen, zu einem Ergebnis zu kommen, weil man die deutsche Staatsangehörigkeit bekommt und nicht die bayerische, brandenburgische oder welche auch immer. Wir haben uns gestern über die Inhalte verständigt und dann haben wir eine Redaktionsgruppe gebildet, die heute Nacht gearbeitet hat, bestehend aus Ministern. Also wir haben selber Hand angelegt. Wir besprechen das jetzt in den Gremien und ich denke am Ende des Tages heute Mittag zwölf Uhr werden wir ein gemeinsames Ergebnis haben.

    Meurer: Also Sie gehen davon aus, es gibt heute eine Lösung in dieser Frage?

    Schönbohm: Ja, und zwar deswegen, weil gestern bei den Diskussionen doch sehr deutlich geworden ist, dass alle Minister sagen: Wir brauchen eine Lösung. Das sind wir einfach schuldig auch den Mitbürgern gegenüber, die diese Fragen stellen, die auch Deutsche werden wollen, und wir sind es auch schuldig, um zu zeigen, dass der Föderalismus funktioniert. Das kann man nur bei solchen gemeinsamen Lösungen erreichen und ich denke, das wird das bestimmende Element sein.

    Meurer: Wie wird der Kompromiss aussehen, Herr Schönbohm?

    Schönbohm: Es geht ja um zwei Punkte. Es geht einmal um die Frage Integration und zum anderen Einbürgerung. Die Einbürgerung ist das Ende der Integration. Darum haben wir uns gestern darauf verständigt - die Formulierungen werden wie gesagt gerade noch erörtert -, dass wir sagen, wir wollen etwa feststellen die Notwendigkeit der Integration, wo die Dinge beschrieben werden, die auch allgemein Konsens sind, und dann zum zweiten, dass bei der Einbürgerung ein Wissenstest abzulegen ist.

    Nun zu Ihrer semantischen Frage. Das Wissen muss festgestellt werden. Wie, das ist Sache der Länder. Aber entscheidend ist, dass die wir uns auf die Themen verständigt haben, wie man das macht. Das Bundesamt für Migration wird gebeten, aus seinen eigenen Erfahrungen dazu noch Vorschläge zu machen. Also es wird auf eine breite Basis gestellt!

    Meurer: Wissenstests werden also verpflichtend sein. Es reicht nicht, dass man nur an einem Kurs teilgenommen hat?

    Schönbohm: Das ist ein ganz entscheidender Punkt. Wir sagen, die Bundesrepublik Deutschland muss wissen, ob die, die deutsche Staatsbürger werden wollen, ob sie selber eine Vorstellung haben, in welches Land sie sich integrieren und unter welchen Bedingungen. Darum soll man teilnehmen an einem Kurs und am Ende wird in diesem Kurs jetzt testiert oder festgestellt, ob man das notwendige Wissen hat. Dieses Ergebnis muss unter staatlicher Aufsicht geschehen sowie unter Leitung eines Schulamtes oder die Einzelheiten müssen noch rausgefischt werden. Wichtig ist, dass der Anspruch besteht, dass das Wissen überprüft wird.

    Meurer: Wird es in jedem Land eine Prüfung geben?

    Schönbohm: Ja, das war der Diskussionsstand gestern Abend. Wir müssen heute zu endgültigen Entscheidungen kommen. Ich gehe davon aus, weil alle erkannt haben, auch von der SPD-Seite, es geht nicht darum, dass man an einem Kurs teilnimmt, sondern es geht darum, dass man in dem Kurs etwas gelernt hat. Nur ein Sitznachweis, dass man im Kurs gesessen hat, reicht nicht.

    Ich möchte auch noch einen zweiten Punkt nennen. Diejenigen, die schon längere Zeit hier leben und praktisch integriert sind, die sollen nicht mehr an dem Kurs teilnehmen, sondern nur noch sozusagen den Wissensnachweis bringen.

    Meurer: Für welchen Personenkreis gilt das jetzt, der nicht an den Kursen teilnehmen muss?

    Schönbohm: Das ist nicht genau festgelegt. Wenn jemand sagt, ich habe zehn Jahre in Deutschland gelebt, ich brauche nicht an dem Kurs teilzunehmen, dann kann er sich dieser Wissensüberprüfung unterziehen und dann muss er nicht an dem Kurs teilnehmen. Er muss die deutschen Sprachkenntnisse haben. Er muss etwas über die deutsche Geschichte wissen. Er muss etwas wissen über unser Staatswesen und Grundgesetz. Wenn einer das aufgrund des Lebens hier sich bereits selbst erworben hat, dann braucht er daran nicht teilzunehmen. Wir bieten das an und die Bürger müssen selber entscheiden, ob sie einen solchen Kurs machen wollen oder nicht, aber sie müssen ihn auch selber bezahlen.

    Meurer: Welches Fachgebiet oder welche Gebiete werden bei diesen Wissenstests abgefragt? Wird dort tatsächlich dann zum Beispiel nach drei deutschen Mittelgebirgen gefragt?

    Schönbohm: Das haben wir nicht erörtert. Da wollen wir uns abstützen auf die Erfahrungen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, das BAMF in Zirndorf. Wir wollen dazu noch weitere Vorschläge haben. Es ging nur darum, dass wir festgelegt haben, um welche Bereiche es geht, die vom Grundgesetz ausgehen dann zu unserer Demokratie, auch zu unserer Geschichte. Aber Einzelheiten haben wir da nicht festgelegt.

    Meurer: Wie groß werden am Schluss noch die Unterschiede zwischen den Bundesländern bei den Wissenstests sein?

    Schönbohm: Ich glaube, wir wollen bundeseinheitliche Standards haben und dann regionale Ausprägungen. In Bayern wird man vielleicht nach dem bayerischen König fragen, in Brandenburg nach dem preußischen König. Das weiß ich nicht, das ist alles vollkommen offen. Ich will aber sagen, es wird regionale Unterschiede geben. Aber der Basistest oder der Basisstoff ist in der Bundesrepublik für alle gleich.

    Meurer: Nun hat der Bundespräsident Horst Köhler vor einiger Zeit gefordert Signale, damit sich Ausländer hier wohl fühlen können. Ist das ein Signal für Ausländer, dass sie hier willkommen sind, nur wenn sie einen Test ablegen?

    Schönbohm: Ja! Sie müssen ja sehen: Im Integrationsteil sagen wir ausdrücklich, wir unterstützen diejenigen, die auf Dauer hier leben und integriert wurden. Die unterstützen wir und denen wollen wir helfen. Wir wollen eine fordernde und eine fördernde Integration haben. Die Einbürgerung ist sozusagen der Abschluss dieser Integration, wenn man dann Deutscher werden möchte. Ich glaube, man kennt die Spielregeln so wie in anderen Ländern auch, wie in den USA, den Niederlanden oder Großbritannien. Nach diesen Spielregeln kann man sich ausrichten und man weiß, wenn man sich sozusagen danach gerichtet hat, hat man die sichere Erwartung am Ende, am Schluss Deutscher werden zu können. Ich finde, das ist fair und offen.

    Meurer: Bestreiten Sie die Intention, dass Einbürgerungen erschwert werden sollen?

    Schönbohm: Nein, sie sollen klarer werden. Wir waren bisher zum Teil auch zu großzügig. Die Anstrengungen, die verlangt wurden, um Deutscher zu werden, waren bisweilen sehr gering. Es ist nicht Intention zu sagen, jeder der acht Jahre in Deutschland gelebt hat soll Deutscher werden, sondern wer acht Jahre in Deutschland gelebt hat und die Kenntnisse hat, sich integriert hat, der kann Deutscher werden.

    Meurer: Herr Schönbohm, hat die Union die Forderung oder den Vorschlag fallen lassen, dass am Ende ein Eid stehen soll, dass die Bewerber es beeiden sollen, wenn sie Deutsche werden wollen?

    Schönbohm: Also das werden wir heute Morgen endgültig entscheiden. Daran wird es nicht scheitern. Da gibt es unterschiedliche Auffassungen, auch ob das rechtlich kann. Wir sind uns aber darüber im Klaren und einig, dass dieses ein feierlicher Akt sein soll. Das ist die Auffassung aller Innenminister und jetzt geht es um die Frage, ob dieser feierliche Akt beeidet werden soll oder nicht. Da gibt es noch Diskussionsbedarf.

    Meurer: Ist dieser Punkt denkbar, dass es in einem Land so und in einem anderen Land anders gehandhabt wird?

    Schönbohm: Ich würde es nicht wünschen. Ich finde, wir wollten bei dieser wichtigen Frage, wenn man die deutsche Staatsangehörigkeit bekommt, das in allen Ländern vergleichbar machen, wie gesagt regionale, mundartliche und landeskundliche Unterschiede ausgenommen. Grundsätzlich sollte es aber in der gleichen Form geschehen.