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Nur für den geringen Bedarf

Technik. - Nebel spielt in manchen Ökosystemen eine entscheidende Rolle für den Wasserhaushalt, und er kann eine wichtige Quelle für Trinkwasser sein. Mit einfachen Netzen kann das Wasser aus der Luft gewonnen werden, ausreichend ist die Quelle allerdings nur für wenige Menschen. Auf der Konferenz Fogdew2010 in Münster wurden unter anderem auch Nebelsammelsysteme diskutiert.

Von Katrin Zöfel |
    Windig muss es sein und möglichst häufig neblig. Dann ist ein Ort geeignet fürs Nebelfangen. Dann lässt sich mit metergroßen, senkrecht aufgestellten Plastiknetzen aus feinen Wassertropfen in der Luft Trinkwasser gewinnen. Viel Wind ist notwendig, denn erst der Wind treibt den Nebel gegen die Netzmaschen, der sich dort fängt und sich sammelt zu größeren Tropfen, die schließlich am Netz entlang nach unten rinnen. Das funktioniert selbst in trockensten Weltgegenden. Doch gute Nebelfänger brauchen viel Geschick beim Netze Aufstellen.

    "Die Herausforderung ist es, unserer Erfahrung nach, den richtigen Standort zu wählen. Wenn man sich eine Berglandschaft anschaut und sich fragt, wo man die Nebelsammler aufstellen sollte, dann ist es nicht leicht, wirklich den Punkt zu treffen, wo man die besten Wasserausbeute bekommt. 10, 20, oder 50 Meter Verschiebung können bedeuten, dass man nur noch halb so viel Wasser aus der Luft fängt."

    Der Kanadier Robert Schemenauer ist emeritierter Professor für Wolkenphysik. Zusammen mit Kollegen von der Universidad Catolica de Chile machte er sich Ende der 1980er Jahre daran, Techniken für die Nutzung von Nebel als Trinkwasser zu entwerfen. Klar war damals schon, Nebel spielt für viele Ökoysteme eine große Rolle. Je weniger Regen in einer Gegend fällt, um so größer ist der Anteil des Nebels am Wasserhaushalt. Und je höher eine Nebelwolke im Gebirge steigt, umso mehr kühlt sie ab und umso höher ist der Anteil an flüssigem, also tatsächlich "fangbarem" Wasser pro Kubikmeter Volumen. Die Verhältnisse in der Atacama-Wüste an der steilen Westküste Chiles sind ein typisches Beispiel dafür. Praktisch kein Regen, dafür umso mehr Nebel und hohe Gebirgslagen. Dort, in der Nähe eines kleinen Dorfs, stellten die Wissenschaftler ihre ersten Nebelnetze auf. Die praktischen Ansprüche an die Kollektoren waren hoch. Schemenauer:

    "Sie müssen sehr haltbar sein, sie müssen dem Wind, der Feuchtigkeit und starker Sonneneinstrahlung standhalten können, zehn Jahre lang, bis sie ausgetauscht werden. Sie müssen billig sein und einfach im Unterhalt. Und natürlich müssen sie sehr effizient diese winzige Tropfen Wasser aus der Luft zu filtern, und sie zusammenführen, bis ein kleiner Wasserstrom entsteht."

    Bis heute ist die Technik nicht geeignet für die Anwendung im großen Stil, findet Robert Schemenauer.

    "Unsere Technik ist für kleine Dörfer geeignet mit bis zu 300 Bewohnern, abgelegen und weit oben in den Bergen, wo die Menschen keine politische Macht haben und keinen Zugang zu sauberem Wasser. Unsere Technik wird immer nur in kleinem Maßstab angewendet werden, also nicht etwa um Wasser für eine Stadt wie Münster zu liefern."

    Die Netze, die Schemenauer und seine Kollegen bei der kanadischen Nichtregierungsorganisation Fogquest verwenden, sind einfache, so genannte Raschel-Netze, die es auch hier in Deutschland im Baumarkt zu kaufen gibt. Im Schnitt lassen sich pro Quadratmeter Netzfläche damit an geeigneten Standorten fünf Liter Trinkwasser pro Tag gewinnen. Von technischen Neuerungen, etwa dreidimensionalen Netzen, die Nebel effektiver aus der Luft filtern könnten und die in dieser Woche ebenfalls auf der Nebelkonferenz in Münster vorgestellt wurden, hält Schemenauer wenig. Wichtiger sei es, die Projekte so zu gestalten, dass kleine Dorfgemeinschaften ihre Wasserfanganlagen selbstständig und dauerhaft betreiben könnten.