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Nutzlose Zusätze im Brot

Viele Bäcker bieten neben den herkömmlichen Brotsorten immer mehr Teigwaren mit zusätzlichen Zutaten oder anderen Nährstoffen an. Diese sollen oft gesundheitsfördernde oder leistungssteigernde Wirkungen haben. Verbraucherschützer warnen vor falschen Versprechen.

Von Thomas Wagner |
    "Hallo, was darf ich ihnen mitgeben?"

    Das ist wirklich die Qual der Wahl im Geschäft von Bäckermeister Matthias Menge in Konstanz: Weißbrot, Vollkornbrot, Schwarzbrot – all das liegt frisch duftend in der Theke. Und seit etwas über einem Jahr gesellt sich noch eine weitere Brotsorte dazu:

    "So wie jetzt zum Beispiel das ‚Guten-Abend-Brot‘: Ein wichtiger Bestandteil, wie Stärke, wird dem Mehl zum Teil entzogen. Dafür setzt man Eiweiß zu. Dadurch verändert man den Nährwert von dem Brot."

    Viele, die dieses ‚Guten-Abend-Brot‘ kaufen, erhoffen sich durch das Mehr an Eiweiß und durch das Weniger an Stärke, dass automatisch die Pfunde purzeln – das ‚Guten-Abend-Brot‘ als Abnehm-Brot. Bäckermeister Matthias Menge selbst hält sich mit solchen Versprechungen zurück. Zwar verlangten die Verbraucher immer häufiger nach solchen Spezialbroten, nachdem die Backmittel-Industrie die entsprechenden Trends vorgegeben habe. Doch ob der Verbraucher mit mehr Eiweiß im Brot tatsächlich Gewicht verliert, bezweifelt der Konstanzer Bäckermeister.

    "Mittlerweile weiß auch der Verbraucher, dass das mit der Abnahme gar nicht so ist. Weil: Dem Brot wird zwar Stärke entzogen. Stattdessen werden aber sehr viel Körner zugesetzt. Und die Körner sind natürlich sehr öl- und fetthaltig. Also von den Kalorien her ist es eher reicher an Nährstoffen wie ein normales Brot."

    Derart offen mit ihren Kunden gehen vor allem die industriellen Hersteller von Brot nicht um. Im Gegenteil: Sie werben mit allerlei Zusatzstoffen.

    "Ja, wir haben alles Mögliche gefunden. In den Supermärkten waren da noch knapp 70 Zutaten mehr, die wir gefunden haben, so etwas wie Apfelfasern oder Weizenkleie, bestimmte Sauerteigarten. Also da findet man alles Mögliche."

    Was an sich, so Sabine Holzäpfel, Referentin für Lebensmittel und Ernährung bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg, noch nicht verwerflich wäre. Der Haken ist: Viele Hersteller ordnen dem, was im Brot drin ist, auf dem Etikett, das auf dem Brot drauf ist, so manche wundersame Eigenschaft zu:

    "Zum Beispiel: Stärkt die Abwehrkräfte. Oder Fitness-Brot. Oder Jogging-Brot oder ähnliches."

    Und bei derlei gekennzeichnetem Spezialbrot sieht Verbraucherschützerin Sabine Holzäpfel dann auch rot. Denn: An den versprochenen leistungssteigernden oder gesundheitsfördernden Eigenschaften solcher Spezialbrote sei in den meisten Fällen nichts dran.

    "Man sollte sich da keine besonderen Wirkungen auf die Fitness oder die Gesundheit erwarten."

    Doch von 62 Spezialbroten, die die Experten in Stuttgart unter die Lupe nahmen, versprachen die Hersteller in 56 Fällen genau solche besonderen Wirkungen auf die Fitness oder die Gesundheit, die nach Aussagen der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg nicht nachweisbar sind. Die Fachleute beziehen sich zudem auf jene bundeseinheitliche Liste mit Stoffen, mit denen alleine die Hersteller von Lebensmitteln werben dürfen.

    "Alles, was nicht auf diesen Listen steht und bisher auch nicht bewertet wurde, das darf man jetzt auch nicht mehr draufschreiben."

    Bei zwei Brotherstellern und einem Fachverlag, der für ein spezielles Gesundheitsbrot warb, entdeckten die Verbraucherschützer schließlich sogar Stoffe, die nicht auf der Positiv-Liste stehen und deshalb auch nicht zur Werbung verwendet werden dürfen. Folge: Die betroffenen Unternehmen mussten in Unterlassungserklärungen versichern, ihre Werbung entsprechend umzustellen: Und so wird aus dem vermeintlichen Wunder-Brot wieder ein ganz normales Brot. Sabine Holzäpfel:

    "Es waren beispielsweise Aussagen wie: Inulin stärkt das Immunsystem. Oder: Die Darmflora wird positiv beeinflusst. Oder auch: Magnesium aktiviert 300 Enzyme im Körper. Diese Aussagen finden sich eben nicht auf der Liste. Und damit sind die mittlerweile verboten."

    Doch auch bei den übrigen Spezialbroten, für die die Hersteller mit besonderen Inhaltstoffen und Eigenschaften werben, ist nach Aussagen der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg in den allermeisten Fällen ein hohes Maß an Skepsis angebracht. Denn selbst wenn die Inhaltstoffe auf der Positiv-Liste stehen und zugelassen sind, heiße das noch lang nicht, dass die ihnen zugemessene Wirkung auch tatsächlich eintritt. Dies ist nach Meinung von Sabine Holzäpfel umso ärgerlicher, als dass die Verbraucher für diese 'Wunderbrote' erheblich tiefer in den Geldbeutel greifen müssen:

    "Besonders teuer waren die Eiweiß-Brote. Da haben wir in den Supermärkten bis zu vierfach so teure Brote gefunden im Vergleich zu herkömmlichen Broten. Und wenn man sich alle übrigen dieser Brote anschaut, dann kann man sagen: Durchschnittlich ein Drittel teurer sind die auf jeden Fall."