Bettina Klein: Bei mir im Studio im German Marshall Fund in Washington begrüße ich Fred Kempe, Präsident des Atlantic Council. Danke auch Ihnen, dass Sie den Weg hier hergefunden haben. - Herr Kempe, lassen Sie uns bei dem Thema gleich bleiben. Die Deutschen waren sehr begeistert - fast von Anfang an, würde ich mal sagen - von Barack Obama. Glauben Sie, dass diese Love Story anhält?
Fred Kempe: Es wird anhalten. Ich glaube, man wird damit auch eine gewisse Identitätskrise kriegen, weil man hat die ganze Zeit nicht recht geglaubt, dass Obama gewinnt. Man hat jetzt irgendwie ein Bild von Amerika und von der Bush-Regierung, rechts, ein bisschen extrem, schwierig an Klima, und das war auch eine gewisse Ausrede. Bei so einer Regierung musste man nicht so kooperieren. Jetzt werden Forderungen kommen, ich glaube in Bezug auf Afghanistan, andere Ideen in Bezug auf Klima, um eher China und Indien mitzubringen. Das hat Europa nicht so geschickt gemacht. Und es wird ein bisschen schwieriger, nein zu sagen. Es wird schwieriger, Obama nein zu sagen, als Bush nein zu sagen. Ich glaube, in den ersten zwölf Monaten müssen die Europäer und die Amerikaner viel enger zusammenkommen, oder nach zwölf Monaten werden wir einen Kater haben. Dann werden wir sagen, was ist mit dieser Obama-Sache eigentlich passiert? Weswegen hat das uns nicht mehr gebracht? - Es ist also eine große Chance für Amerika, aber auch eine unheimliche Chance für Europa.
Klein: Obama ist ja angetreten mit der Botschaft nicht nur Hope und Change, sondern auch Versöhnung. Er hat immer wieder gesagt, Amerika, das ist nicht schwarz und weiß, nicht Demokraten oder Republikaner, sondern wir sind die Vereinigten Staaten von Amerika. Meine Frage an Sie: Wie vereinigt ist denn dieses Land nach dem Wahltag? Auf der einen Seite scheint es ja, fast einen Erdrutschsieg für ihn gegeben zu haben. Auf der anderen Seite waren in den wichtigen Battle Ground States die Ergebnisse eigentlich sehr knapp. Das heißt, die Republikaner sind weiterhin da und auch präsent und haben auch John McCain ihre Stimme gegeben. Wie schätzen Sie das ein? Wie gespalten ist das Land noch?
Kempe: Obama hat nicht gewonnen als Schwarzamerikaner; er hat gewonnen als Amerikaner, der zufällig dunkle Hautfarbe hat. Das ist sehr, sehr wichtig. Er war ein mäßiger Politiker. Er war nicht polarisierend. Das Problem bei Sarah Palin ist: Sie war polarisierend. Das Problem bei Hillary Clinton: Sie war polarisierend. Man hat Obama gewählt, nicht weil er schwarz ist, aber weil er eloquent ist, weil er diszipliniert war. Er hat zwei der größten Maschinen der amerikanischen Politik geschlagen: die Clinton-Maschine und die rechtskonservative Maschine. Das bedeutet, dass er auch tapfer ist. Und zur Frage, hat Amerika sich geändert? Absolut! Wir werden sehen, ob Obama Amerika noch weiter ändern kann, aber er ist nicht aus der Lehre gekommen. Er ist auch eine Wandlung von Bürgerkrieg, Sklavenhandel bis 1865 zur Bürgerrechtsbewegung, Gewalttätigkeit, Assassination von Martin Luther King, dass Schwarze nicht im gleichen Bus oder auf den gleichen Sitzplätzen sitzen konnten, bis zu dieser Zeit. Ich glaube, das war nicht nur ein Anfang einer neuen Geschichte, aber das Ende einer hässlichen Periode der amerikanischen Geschichte, wo wir jetzt die Tür zumachen können.
Klein: Inwieweit ist mit ihm jetzt nicht nur eine, ich sage mal, ungewöhnliche Führungsfigur auf die politische Bühne getreten, denn er tritt ja wirklich auch streckenweise wie eine Art Prediger auf und versucht, den Menschen Sinn und Hoffnung zu vermitteln. Ist er da eine Einzelperson, oder glauben Sie, dass damit auch vielleicht ein neuer Politiker, vielleicht ein neuer Politiktypus vorgegeben ist, der in den kommenden Jahrzehnten in der westlichen Welt mehrfach anzutreffen sein wird?
Kempe: Ich glaube, wir waren in einem Moment, wo Amerikaner hinter einem Politiker zusammenkommen wollten. 52 Prozent sind natürlich nicht ganz Amerika, aber kein Demokrat hat mit so einer großen Mehrheit gewonnen seit Lyndon Johnson in den späten Sechszigerjahren. Ich glaube, das ist eine Zeit, wo man zusammenkommen möchte. Aber George W. Bush hat auch mit so einer Politik gewonnen. Dann hat er aber nicht mit so einer Politik geführt. Die Frage ist für mich, ob Barack Obama klug genug ist - das scheint so zu sein -, dass er von der Mitte führt und nicht aus der linken Seite führt, weil das wäre auch eine Möglichkeit, wenn man seine Wahlrekorde im Kongress sieht.
Klein: Kurz noch zu der Frage. Ist das ein neuer Typus von Führungsfiguren, die wir bekommen, oder ist er eine Ausnahmeerscheinung?
Kempe: Obama ist eine Ausnahme, die aus einer neuen Zeitperiode gewachsen ist. Ich meine, es gibt nicht sehr viele Leute mit seiner Eloquenz und Intelligenz, die führen können.
Klein: Vielen Dank. - Das war Fred Kempe, Präsident des Atlantic Council hier in Washington.
Fred Kempe: Es wird anhalten. Ich glaube, man wird damit auch eine gewisse Identitätskrise kriegen, weil man hat die ganze Zeit nicht recht geglaubt, dass Obama gewinnt. Man hat jetzt irgendwie ein Bild von Amerika und von der Bush-Regierung, rechts, ein bisschen extrem, schwierig an Klima, und das war auch eine gewisse Ausrede. Bei so einer Regierung musste man nicht so kooperieren. Jetzt werden Forderungen kommen, ich glaube in Bezug auf Afghanistan, andere Ideen in Bezug auf Klima, um eher China und Indien mitzubringen. Das hat Europa nicht so geschickt gemacht. Und es wird ein bisschen schwieriger, nein zu sagen. Es wird schwieriger, Obama nein zu sagen, als Bush nein zu sagen. Ich glaube, in den ersten zwölf Monaten müssen die Europäer und die Amerikaner viel enger zusammenkommen, oder nach zwölf Monaten werden wir einen Kater haben. Dann werden wir sagen, was ist mit dieser Obama-Sache eigentlich passiert? Weswegen hat das uns nicht mehr gebracht? - Es ist also eine große Chance für Amerika, aber auch eine unheimliche Chance für Europa.
Klein: Obama ist ja angetreten mit der Botschaft nicht nur Hope und Change, sondern auch Versöhnung. Er hat immer wieder gesagt, Amerika, das ist nicht schwarz und weiß, nicht Demokraten oder Republikaner, sondern wir sind die Vereinigten Staaten von Amerika. Meine Frage an Sie: Wie vereinigt ist denn dieses Land nach dem Wahltag? Auf der einen Seite scheint es ja, fast einen Erdrutschsieg für ihn gegeben zu haben. Auf der anderen Seite waren in den wichtigen Battle Ground States die Ergebnisse eigentlich sehr knapp. Das heißt, die Republikaner sind weiterhin da und auch präsent und haben auch John McCain ihre Stimme gegeben. Wie schätzen Sie das ein? Wie gespalten ist das Land noch?
Kempe: Obama hat nicht gewonnen als Schwarzamerikaner; er hat gewonnen als Amerikaner, der zufällig dunkle Hautfarbe hat. Das ist sehr, sehr wichtig. Er war ein mäßiger Politiker. Er war nicht polarisierend. Das Problem bei Sarah Palin ist: Sie war polarisierend. Das Problem bei Hillary Clinton: Sie war polarisierend. Man hat Obama gewählt, nicht weil er schwarz ist, aber weil er eloquent ist, weil er diszipliniert war. Er hat zwei der größten Maschinen der amerikanischen Politik geschlagen: die Clinton-Maschine und die rechtskonservative Maschine. Das bedeutet, dass er auch tapfer ist. Und zur Frage, hat Amerika sich geändert? Absolut! Wir werden sehen, ob Obama Amerika noch weiter ändern kann, aber er ist nicht aus der Lehre gekommen. Er ist auch eine Wandlung von Bürgerkrieg, Sklavenhandel bis 1865 zur Bürgerrechtsbewegung, Gewalttätigkeit, Assassination von Martin Luther King, dass Schwarze nicht im gleichen Bus oder auf den gleichen Sitzplätzen sitzen konnten, bis zu dieser Zeit. Ich glaube, das war nicht nur ein Anfang einer neuen Geschichte, aber das Ende einer hässlichen Periode der amerikanischen Geschichte, wo wir jetzt die Tür zumachen können.
Klein: Inwieweit ist mit ihm jetzt nicht nur eine, ich sage mal, ungewöhnliche Führungsfigur auf die politische Bühne getreten, denn er tritt ja wirklich auch streckenweise wie eine Art Prediger auf und versucht, den Menschen Sinn und Hoffnung zu vermitteln. Ist er da eine Einzelperson, oder glauben Sie, dass damit auch vielleicht ein neuer Politiker, vielleicht ein neuer Politiktypus vorgegeben ist, der in den kommenden Jahrzehnten in der westlichen Welt mehrfach anzutreffen sein wird?
Kempe: Ich glaube, wir waren in einem Moment, wo Amerikaner hinter einem Politiker zusammenkommen wollten. 52 Prozent sind natürlich nicht ganz Amerika, aber kein Demokrat hat mit so einer großen Mehrheit gewonnen seit Lyndon Johnson in den späten Sechszigerjahren. Ich glaube, das ist eine Zeit, wo man zusammenkommen möchte. Aber George W. Bush hat auch mit so einer Politik gewonnen. Dann hat er aber nicht mit so einer Politik geführt. Die Frage ist für mich, ob Barack Obama klug genug ist - das scheint so zu sein -, dass er von der Mitte führt und nicht aus der linken Seite führt, weil das wäre auch eine Möglichkeit, wenn man seine Wahlrekorde im Kongress sieht.
Klein: Kurz noch zu der Frage. Ist das ein neuer Typus von Führungsfiguren, die wir bekommen, oder ist er eine Ausnahmeerscheinung?
Kempe: Obama ist eine Ausnahme, die aus einer neuen Zeitperiode gewachsen ist. Ich meine, es gibt nicht sehr viele Leute mit seiner Eloquenz und Intelligenz, die führen können.
Klein: Vielen Dank. - Das war Fred Kempe, Präsident des Atlantic Council hier in Washington.
