Archiv


Obamas Außenpolitik im Nahen Osten

Bislang größtes außenpolitisches Verdienst von US-Präsident Barack Obama ist es, gemeinsam mit den Europäern eine stabile Sanktionspolitik gegenüber Teheran aufgebaut zu haben. Doch das Problem eines potenziell nuklear bewaffneten Irans ist damit noch lange nicht gelöst.

Von Markus Pindur |
    Der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern ist nun auch wieder auf dem außenpolitischen Tableau. Doch Ägypten wird von den Muslimbrüdern regiert und Kairo ist kein Verbündeter mehr der USA.

    David Petraeus war ein Vorzeigesoldat: Hart gegen sich selbst, aber nicht rigide, intellektuell aufgeschlossen, aber prinzipientreu, und: Seine Stimme hatte Gewicht. Nichts ist erfolgreicher als der Erfolg, und Petraeus Strategie des "Surge", also des zeitweisen, schlagartigen Verstärkens der eigenen Kräfte um den Gegner in die Ecke zu drängen, hatte im Irak Erfolg. In Afghanistan ist das weniger klar, aber Petraeus galt mit Recht als Ausnahmeerscheinung im militärischen Establishment der USA.

    Es erschien nur logisch, dass Präsident Obama ihn zum CIA-Chef machte, erst 14 Monate ist es her. Petraeus spielte auf der Klaviatur seiner Popularität und dann dies:

    Er habe eine außereheliche Affäre gehabt, und er habe schlechte Urteilskraft bewiesen, deshalb könne er einer Behörde mit solch hohen Standards wie der CIA nicht mehr vorstehen – so Petraeus in einer Email an die CIA-Mitarbeiter. Präsident Obama nahm den Rücktritt an – die Karriere des 60jährigen Petraeus ist zu Ende.

    Viele fragten sich, ob dieser weitere Baustein, der aus dem außenpolitischen Personaltableau der Obama-Administration herausfällt, die Fähigkeit Obamas, seine eigene Außenpolitik sinnvoll zu gestalten, nicht über Gebühr einschränkt. Denn die Probleme bleiben – wie der in dieser Woche eskalierte Konflikt zwischen Israel und der Hamas zeigt. Der Einfluss der USA ist im Nahen Osten nicht unbegrenzt, so Aaron Miller vom Woodrow Wilson Institut.

    "Wir haben drei traditionelle Partner in der Region: die Israelis, die Ägypter und die Saudis. Wir müssen sie mobilisieren. Die israelische Seite muss Zurückhaltung zeigen. Und Mursi muss auf die Hamas einwirken. Die Hamas ist ein Sprössling der Muslimbruderschaft, sie sind von Mursi abhängig. Aber: Das ist kein Konflikt, in dem die USA als Vermittler agieren können, weil wir zu einer der beiden Seiten keine Beziehungen unterhalten."

    Die Palästinenser, zu denen die US-Regierung eine Beziehung unterhält, nämlich die Fatah, die im Westjordanland das Sagen hat, die wird von der derzeitigen Regierung Israels ignoriert. Etwas, das Obama gerne ändern würde. Doch das würde eine Pressionspolitik gegenüber Israel voraussetzen, die in den USA innenpolitisch nicht durchsetzbar wäre. Doch die rüde Art und Weise, wie sich der israelische Premier Netanjahu sich in den amerikanischen Wahlkampf eingemischt hat, hat auch bei den Republikanern für hochgezogene Augenbrauen gesorgt.

    Eine neue Nahostinitiative der Obama-Administration ist keineswegs ausgeschlossen, so Mark Lagon, Prof. an der Georgetown University.

    "Es gibt ein Verhaltensmuster amerikanischer Präsidenten, die acht Jahre im Amt sind, sie wenden sich in ihrer zweiten Amtszeit dem Nahen Osten zu. Das war bei Bill Clinton so, und das war auch bei George Bush so, der einiges an Mühe auf den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern verwandte. Beide wurden enttäuscht, der hohe Aufwand hatte sich nicht gelohnt."

    Ob Obama sich dieses Problems annimmt, ist unklar. Viele Amerikaner sind davon überzeugt, dass die USA zunächst einmal die eigenen Probleme lösen sollten. Nation building at home wird das genannt – Schuldenabbau, Infrastrukturaufbau, besserer Zugang zu Bildung – dass sind auch die Prioritäten der USA in den nächsten Jahren – wie auch in anderen westlichen Industrienationen. Nicht zuletzt deswegen gilt eine Intervention der USA in Syrien als höchst unwahrscheinlich.

    Die Rolle der USA ist aber weiter wichtig, wenn nicht entscheidend im Nahen Osten. Doch auch eine Lösung des israelisch-palästinensischen Konfliktes würde keineswegs alle anderen Konflikte in der Region lösen, so Mark Lagon.

    "Die USA sind immer in der Lage, deutlich und fest ihre Interessen gegenüber ihrem guten Verbündeten Israel zu formulieren. Aber es ist eine Illusion, sich auf den Frieden zwischen Israel und den Palästinensern zu konzentrieren und davon die Lösung aller Probleme im Nahen Osten zu erwarten. Eine Zweistaatenlösung, mit zwei demokratischen, stabilen Staaten Seite an Seite wäre sehr gut. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass dies in der nächsten Zeit Realität wird, und damit wären die Probleme der Region bei Weitem nicht gelöst."

    Das größte und potenziell gefährlichste strategische Problem der Region ist derzeit das Nuklearprogramm des Iran. Obamas unzweifelhaft größtes außenpolitisches Verdienst ist es, gemeinsam mit den Europäern eine stabile Sanktionspolitik aufgebaut zu haben, die sogar begrenzte Unterstützung durch Russland erfährt. Ein langwieriges Stück Diplomatie, über dessen Erfolg noch nicht abschließend geurteilt werden kann.

    "Solange ich Präsident der Vereinigten Staaten bin, wird der Iran keine Nuklearwaffen bekommen. Wir haben gegen den Iran das strengste Sanktionsregime der Geschichte organisiert. Und es schadet ihrer Wirtschaft. Der Wert ihrer Währung ist um 80 Prozent gefallen. Ihre Ölproduktion ist abgestürzt. Und wir haben das getan, weil ein nuklear bewaffneter Iran ein Bedrohung unserer und der Sicherheit Israels wäre."

    Alle Optionen seien auf dem Tisch, hat Obama immer wieder betont, auch die militärische. Und eine militärische Konfrontation sei zwar nicht unausweichlich, aber die Frage könne sich bald schon stellen, So Prof. Mark Lagon:

    "Es ist schon erstaunlich, wie viele Jahre wir über Iran und Nordkorea geredet haben, über Inspektoren und die Entwicklung von nuklearen Fähigkeiten. Ohne Lösung. Nordkorea hat jetzt eine nukleare Fähigkeit. Und ich glaube der Iran steht kurz davor. Und deshalb glaube ich, wird sich die Frage nach einem militärischen Eingreifen bald stellen."