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Oberfläche ohne Barriere

Barrierefreiheit. - Das Zentrum der Open-Source-Welt liegt in diesen Tagen im baden-württembergischen Ludwigsburg. Dort tagt noch bis morgen die KDE-Entwicklerkonferenz, die Programmier einer der beiden am weitesten verbreiteten Linux-Benutzeroberflächen. Mit Hilfe dieser Benutzeroberfläche sollen künftig auch behinderte Menschen mit Linux- und Unix-Systeme arbeiten können. Auf dem KDE-World-Summit dreht es sich deshalb in diesem Jahr vor allem um Bildschirmlupen, Spezialtastaturen und Sprachein- und Ausgabesysteme sowie deren Integration in KDE.

Von Achim Killer | 28.08.2004
    "Usability" und "Accessibility" nennen die KDE-Entwickler die alles beherrschenden Themen ihrer diesjährigen Konferenz. Usabilitity ist Benutzerfreundlichkeit im allgemeinen. Accessibility jene für behinderte Menschen im Besonderen. In diese beiden Richtungen soll die Linux-Benutzeroberfläche in den nächsten Jahren weiterentwickelt werden. Matthias Dahlheimer, der Vorsitzende des KDE-Vereins, der den World Summit in Ludwigsburg organisiert, zu den Technologien, die integriert werden sollen:

    Da kann man neu entwickelte Techniken nennen, wie etwa die Entwicklung einer Gruppe, mit deren Hilfe man Bilder fühlen kann. Sreen-Reader-Technologien, das heißt Techniken mit denen Bildschirmtexte vorgeelsen werden mit Sprachausgabe. Für Leute die nicht völlig blind sind aber Sehbehinderungen haben etwa Bildschirmlupen, mit denen man einzelne Bereiche des Bildschirms massiv vergrößern kann und vieles andere mehr.

    Und im Bereich der Usability, eigentlich der intuitiven Bedienbarkeit von Software, da dreht es sich beim KDE-Projekt künftig darum, das Aussehen der Programme zu vereinheitlichen. Intuitiv sei KDE schon immer, meint Matthias Dahlheimer. Aber jetzt gehe es quasi darum, dass der Anwender immer mit der gleichen Intuition weiterkommt:

    Es bilden sich einzelne Gruppen, die sich da speziell Expertenwissen aneignen und dann Applikation für Applikation und Modul für Modul durchgehen und so genannte Usability-Reports schreiben. Das sind so triviale Fragen wie, ist die gleiche Funktionalität in vier verschiedenen Programmen gleich benannt. Es wäre etwa schlechte Benutzbarkeit, wenn es in der Textverarbeitung 'Datei öffnen' heißen würde und in der Tabellenkalkulation 'Datei laden', obwohl es das gleiche Konzept ist.

    Aber derartiges kommt bei einer dezentralen Entwicklerorganisation wie der von KDE halt schon mal vor. Es ist ein großangelegter Überprüfungsprozess, den die Open-Source-Programmierer, da in den nächsten Monaten organisieren wollen. Technisch anspruchsvoller allerdings ist eindeutig das Vorhaben, die Benutzeroberfläche behindertengerecht zu gestalten. Schließlich gibt es sehr viele verschiedene Behinderungen und dementsprechend auch viele verschiedene Ein- und Ausgabetechniken, die integriert werden sollten. Beispielsweise die GOG-Bildschirmtastatur. Olav Schmidt erläutert, wie sie funktioniert. Er ist einer der sogenannten Maintainer für Accessability, also einer der Koordinatoren des Teilprojekts:

    Das läuft dann so, das auf dem Bildschirm einfach Kästchen zu sehen sind und man drückt auf den Knopf und dann scrollt er durch die verschiedenen Zeilen auf dem Bildschirm. Wenn man in der richtigen Zeile ist drückt man wieder auf den Knopf und er scrollt dann durch jedes Kästchen der Zeile und wenn man nocheinmal draufdrückt wählt er dieses Kästchen aus. Eine normale Bildschirmtastatur kann einfach nur Buchstaben eingeben. Bei GOG ist das besondere, dass man darüber hinaus auch sämtliche Knöpfe, Menüs und so weiter eines Programmes ansteuern kann, wenn das Programm das entsprechende Protokoll unterstützt.

    Und eben diese Unterstützung für die Ein-Tasten-Tastatur und für andere behindertengerechte Techniken soll in das Ein- und Ausgabeprotokoll von KDE eingearbeitet werden. Und weil KDE ja nicht nur als Benutzeroberfläche für Linux, sondern auch für andere Unix-Varianten verwendet werden kann, könnten Behinderte so einen umfassenden Zugang zu vielen IT-Systemen bekommen.
    Um die systemübergreifende Koordinierung dieses Projekt kümmert sich die Free Standards Group. Janina Sajka leitet dort die Accessability Workgroup:

    Ziel unserer Bemühungen ist es, Schlüsseltechnologien für den behindertengerechten IT-Zugang zu definieren, so dass diese in jede Linux-Distribution und auch in andere Unix-Varianten integriert werden können und so alle Unix-Versionen den Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen entgegen kommen.

    Geradezu prädestiniert, behinderten Menschen den Zugang zur IT zu ermöglichen, sind natürlich Open-Source-Programme, da sie nicht wegen der Kaufkraft der potentiellen Kundschaft entwickelt werden, sondern deshalb, weil es den Programmierern ein Anliegen ist. Und etliche, die behinderte Familienangehörige haben, engagieren sich denn auch im KDE-Accessibility-Projekt.