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Oberlandesgericht Dresden
Finanztip darf sich nicht mehr "werbefrei" nennen

Das gemeinnützige Verbraucherinformations-Portal Finanztip bietet Entscheidungshilfen bei Geldangelegenheiten - nach eigenen Angaben "werbefrei". Das Oberlandesgericht Dresden urteilte nun, es verdiene aber Geld mit Provisionen über Affiliate-Links. Die Aussage sei also irreführend.

Von Philip Banse |
Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur des Magazins "Finanztip".
Chefredakteur Hermann-Josef Tenhagen: "Keine Werbung im klassischen Sinn" (picture alliance / dpa / Karlheinz Schindler)
Das gemeinnützige und nach eigenem Bekunden "werbefreie" Verbraucherinformations-Portal Finanztip finanziert sich überwiegend durch sogenannte Affiliate Links, eine im Web weit verbreitete Technik. Dabei setzt Finanztip Links zu anderen Webseiten, einer Bank etwa. Wenn Finanztip-Leser auf diesen Link klicken und bei der Bank etwa ein Konto eröffnen, bekommt Finanztip eine Provision, denn Finanztip hat der Bank einen neuen Kunden gebracht. Finanztip versieht diese Provisionslinks mit einem Sternchen und erklärt, das hier eventuell Provisionen fließen.
Das reicht dem Oberlandesgericht Dresden nicht. Wenn das Urteil rechtskräftig wird, darf sich Finanztip nicht mehr "werbefrei" nennen, weil diese Aussage irreführend sei. Außerdem müsste Finanztip diese Affiliate Links, bei denen unter Umständen Provisionen fließen, als Werbung kennzeichnen und den kommerziellen Charakter dieser Links deutlicher machen.
Provisionsinteressen sollen offengelegt werden
Das Gericht hat keine Revision zugelassen, Finanztip will dagegen Beschwerde einlegen. Bis das Urteil rechtskräftig wird, kann es also noch etwas dauern. Gegen Finanztipp geklagt hatte der hessische Gasanbieter Bürgergas GmbH. Geschäftsführer Tilmann Haar begrüßt das Urteil:
"Wir sehen das Urteil als Sieg der Transparenz im Verbraucherschutz, dass nämlich Provisionsvertriebe - egal, ob das klassische Vergleichsportale sind oder Finanzportale wie Finanztip - ihre finanziellen Interessen, also ihre Provisionsinteressen offenlegen müssen. Dann kann der Verbraucher ja selbst entscheiden, wie er diese Information, die er dann da findet, einschätzt."
Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur von Finanztip, versteht nicht, weshalb Links, die nach einem eventuellen Vertragsabschluss eine Provision abwerfen, als Werbung gekennzeichnet werden sollen:
"Klassische Werbung ist: Ein Unternehmen bucht einen Platz auf einer Seite und bezahlt dafür. Bei uns ist das so, dass das Unternehmen das gar nicht machen kann. Es kann nur passieren, dass ein Kunde sagt, er findet dieses Angebot erstmal attraktiv und dass der Kunde dann auf diesen Link klickt. Und nur dann kann eine Honorierung erfolgen. Das ist keine Werbung im klassischen Sinne."
Ob und von welchem Anbieter Finanztip eventuell Provisionen bekommt, so Tenhagen, habe keinen Einfluss auf redaktionelle Entscheidungen. Denn erst würden Finanztip-Redakteure testen, erst danach komme es eventuell zu Provisionsvereinbarungen.
"Das ist eine Zweitverwertung. Wir machen ganz klassisch das, was man macht, wenn man testet und auswertet: eine redaktionelle Arbeit. Und hinterher machen wir eine Zweitverwertung, bei der wir dann für diese Affiliate Links Geld bekommen."
Aussicht auf Provision muss kenntlich gemacht werden
So sei es auch bei dem Vergleichsrechner für Gas- und Stromanbieter, den das Gericht besonders kritisiert: Finanztip, so Chefredakteur Tenhagen, suche aus den Beständen zweier großer Vergleichsportale verbraucherfreundliche Tarife und zeige sie an. Einige Tarife können Leser direkt bei diesen Vergleichsportalen abschließen, dann bekomme Finanztip eine Provision. Das Oberlandesgericht Dresden entschied: Diese Verlinkung mit Provisionsaussicht ist eine geschäftliche Handlung, die deutlicher gekennzeichnet werden muss - auch wenn sie Teil von redaktionellen Produkttests ist.
"Auf den ersten Blick überzeugt mich das Urteil, da Redaktionelles und Werbung nicht getrennt werden", sagt der Berliner Anwalt für Medienrecht, Niko Härting: "Dass Affiliate-Werbung Werbung ist, lässt sich nicht ernsthaft bestreiten, sie wurde von Finanztip jedoch offenkundig getarnt."
Solche Affiliate Links, die potentiell Provisionen einbringen, sind ein im Web weit verbreitetes Finanzierungsmodell. Falls das Urteil gegen Finanztip rechtskräftig werden sollte, wären die Folgen jedoch überschaubar, sagt der Fachanwalt für IT-Recht, Thomas Stadler:
"Wer über Affiliate-Links Geld verdient, der darf sein Angebot nicht als werbefrei bezeichnen und muss dieses Affiliate-Links eben kennzeichnen als Werbung, als Sponsored Links - jedenfalls deutlich machen, dass er damit Geld verdient."