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Oberschenkelhalsbruch

Der Oberschenkelhalsknochen hat so seine Tücken. Vor allem nach Brüchen und wenn eine Prothese - die inzwischen fast immer aus Titan ist - eingesetzt werden muss. Die Schmerzen nach einer solchen Operation sind oftmals stark - weil es oft genau dort zu Entzündungen kommt, wo die Prothese eingesetzt wird. Der Patient muss sich in den ersten Wochen und Monaten nach dem

Von Thomas Migge |
    Eingriff vorsichtig auf Krücken bewegen - das Gehen wird zu einem großen Problem gerade wegen der starken Schmerzen. Dank eines neuen Gels können diese Schmerzen jetzt drastisch verringert werden - und auch das Gehen auf den Krücken verliert seinen Schrecken, denn, so der Mailänder Orthopäde Mario Carlucci: Patienten brauchen nur vier Wochen statt wie bisher 8 Wochen auf Krücken zu gehen:

    Nach den Eingriffen sind die Folgeschmerzen nur schwer zu ertragen. Das hier bei uns in Mailand am orthopädischen Institut Gaetano Pini entwickelte Gel ist ein Produkt, das individuell auf den jeweiligen Patienten zugeschnitten ist und deshalb wesentlich besser wirken kann als industrielle Standardschmerzmittel.

    Unter Leitung von Carmine Cuccinelli testen die Ärzte des norditalienischen Fachkrankenhauses das Gel. Gewonnen wird es aus dem Blut der Patienten. Das Gel enthält in konzentrierter Form Blutplättchen und das Eiweiß. Beides befördert die Wundheilung.

    Wir waren selbst erstaunt, als wir das Gel vor einem Jahr zum ersten Mal an frischoperierten Patienten ausprobierten. Fast jeder kennt doch Leute, denen Prothesen in den Oberschenkelhalsknochen eingesetzt wurden, und viele haben von den starken Schmerzen gehört, die diese Prothesen erzeugen.

    Das aus den beiden Plasmen gewonnene Gel kommt folgendermaßen zum Einsatz: zum einen wird es auf die Titanprothese aufgetragen, bevor sie in den Oberschenkelhalsknochen eingesetzt wird. So wird der Entstehung von Entzündungen vorgebeugt. Ein wichtiger Punkt, denn es sind vor allem diese Entzündungen, die zu heftigen Schmerzen führen. Zum anderen wird die Wundregion täglich mit dem Gel vorsichtig eingerieben. Schon nach wenigen Tagen Behandlung machen sich die ersten positiven Auswirkungen bemerkbar. Rund 80 Prozent der im Mailänder Forschungskrankenhaus operierten und anschließend weiterbehandelten Patienten sprechen nicht mehr von Schmerzen,
    sondern nur noch von "fastidio" - von erträglichen Unannehmlichkeiten. Dem aus dem Blut des jeweiligen Patienten gewonnenen Gel gelingt es weitaus besser als mit herkömmlichen Medikamenten Entzündungsbildungen sowie den sich daraus ergebenden Schmerz zu bekämpfen: es befördert die Wundheilung und sorgt dafür, dass diem Prothese schneller einheilt. Für Orthopäde Carlucci eine Überraschung:

    Es handelt sich um einen dynamischen Vorgang: der Körper reagiert auf seine eigenen Produkte. Wir vermuten und versuchen das durch neue Tests herauszufinden, dass die positiven Effekte dieses Gels auch mit der möglichen Präsenz von Stammzellen erklärt werden können. Wir schließen nicht aus, dass so ein Gel auch in anderen Bereichen Anwendung finden kann.

    Die Orthopäden des Mailänder Forschungskrankenhauses wollen in den nächsten Monaten ihr Plasmengel auch bei Patienten mit anderen Knochenbrüchen testen.