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Observatorium Mond

Raumfahrt. - Der Mond ist ein idealer Platz, um tiefer in den Weltraum hinein zu schauen. Die Idee von Teleskopen auf der Mond-Rückseite kursiert schon länger, und je näher die nächsten lunaren Lander-Missionen rücken, desto konkreter werden die Pläne für Fernrohre auf der Mond-Oberfläche. Auf dem Kongress "To Moon and Beyond" waren auch sie Thema.

Von Guido Meyer | 16.03.2007
    Wer die Eingangshalle des Kongresses "To Moon and Beyond" betritt, wird gleich optisch in eine andere Welt versetzt. Mitten in einer grauen Steinwüste steht das Modell einer Raumsonde, die ein Weltraumfernrohr auf den Mond schießen soll.

    "Wir stehen hier vor einem Modell der Lunar-LOFAR-Mission, nimmt hier den Stand ein, ist ja, Sie würden sagen eine blaue Tonne mit Beinen, oben mit goldenem Equipment. Das kann man auch leicht definieren: Drei Viertel des Gerätes sind der Mondlander, die Beine sind klar, das sind die ausgeklappten Beine. Da drauf das goldene Equipment ist praktisch der Anwendungsteil, das sind die Experimente, die auf dem Mond ausgesetzt werden."

    Hans-Jörg Heidmann von EADS Astrium Space Transportation in Bremen beschreibt die "blaue Tonne", die vier Meter hoch und fast ebenso breit ist. Die Ausmaße lassen es bereits erahnen: Diese Tonne hat es in sich. Die Experimente, die sie auf dem Mond aussetzen soll, sind groß und - mobil. Heidmann:

    "Wir werden drei Rover hochschicken. Diese Rover werden abgesetzt und werden in drei verschiedenen Richtungen ypsilonförmig auseinandergehen, so dass wir dort eine virtuelle Antenne aufbauen können von einem Durchmesser von 32 km für radioteleskopische Messungen."

    Fertig ist das erste Radioteleskop auf dem Mond. Der Aufbau ist unkompliziert weil vollautomatisch, und die Missionskosten bleiben im Rahmen, weil ein Großteil der Hardware in Europa bereits vorhanden ist. Heidmann:

    "Mit der Ariane V haben wir die notwendige Kapazität. Wir brauchen keinen neuen Launcher. Wir müssen einen neuen Lander entwickeln. 80 Prozent der Komponenten sind vorhanden. Dann könnte man das ganze sehr schnell anfangen zu bauen."

    Das lunare Radio-Teleskop bräuchte keine große zentrale Schüssel. Es bestünde vielmehr aus kleinen, handy-artigen Empfängern, die auf dem Boden liegen und über Drähte verbunden sind. Sie reagieren auf tiefe Frequenzen, auf lange Wellenlängen, die auf der Erde nicht registriert werden können.

    "Das liegt daran, dass die Atmosphäre diese Wellen blockt. Und Sie brauchen ganz viele kleine Empfänger, die Sie verteilen. Und das können Sie sehr gut auf dem Mond machen. Und der Mond hat noch einen weiteren Vorteil, der ihn eigentlich einzigartig macht, nämlich er schirmt diese Antennen ab von der Strahlung, die die Erde macht."

    Heino Falcke von der Radboud University im holländischen Nijmegen, die mit dem Projekt LIFE bereits Skizzen für ein solches Teleskop entwickelt hat, das genau zur Lunar-LOFAR-Mission passen würde. Bleibt die Frage, was die irdischen Augen auf der Mond-Rückseite zu suchen haben, welche Objekte im All sie im Niedrigfrequenz-Bereich erblicken sollen. Falcke:

    "Ganz niedrige Wellenlängen kommen zum Beispiel von den Anfängen des Universums. Dort kann man Wasserstoff sehen, was das ganze All ausgefüllt hat, der noch die Struktur des ganz jungen Universums in sich hatte. Das strahlt eben bei Wellenlängen, die wir bei niedrigen Frequenzen sehen können. "

    Nicht ganz so weit in der Zeit zurück wollen die Befürworter von Infrarot-Teleskopen. Derartige Fernrohre könnten immerhin die Wärmestrahlung der ersten Sterne nachweisen. Als Standort kämen Krater am Mond-Nordpol in Frage, die in ewiger Dunkelheit liegen und somit die Teleskope automatisch kühlen würden. Einziges Problem: Ein entsprechend großer Spiegel von vielleicht zwanzig Meter passt in keine Rakete.

    "Parabolspiegel ist man halt limitiert durch die Ariane-V-Rakete auf 3,5 Meter. Das ist der Durchmesser von der Payload. Und deshalb, um größere Teleskope zu bekommen, dadurch dann sozusagen eine größere Lichtsammelfläche zu haben und dadurch sensitiver zu sein und tiefer in kürzerer Zeit schauen kann, deshalb braucht man größere Teleskope, und da gibt es eine billige Möglichkeit, wäre dieses rotierende Flüssigkeitsteleskop, weil es auch eine perfekte Oberfläche bildet."

    Jutta Stegmaier vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg. Tiefgekühlte Öle in einer großen Schale werden in Bewegung gesetzt und formen ein sogenanntes Rotationsparaboloid – ähnlich Kaffee in einer Tasse, den man umrührt. Auch dieses Himmelsfernrohr ließe sich automatisch aufbauen, was seine Realisierung näher rücken lässt. Die Zeit der Modelle also scheint sich ihrem Ende zu nähern.