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Obstbauern vom Feuerbrand betroffen

Der Feuerbrand gehört zu den gefährlichsten Krankheiten von Obst- und Ziergehölzen. Der Bakterienbefall ist sehr ansteckend, tritt meist in der Blütezeit auf, und weil die befallenen Bäume zum Teil wie verbrannt aussehen, hat die Krankheit auch daher ihren Namen. Derzeit wütet der Feuerbrand vor allem in Österreich, und zwar im Bundesland Vorarlberg, wo fast alle Obstplantagen betroffen sind. In der deutschen Nachbarschaft am Bodensee sind zwar bislang nur vereinzelte Fälle aufgetreten, aber hier, wie vor allem auch in Österreich ist erneut eine heftige Diskussion über mögliche Gegenmaßnahmen entbrannt. Denn das Mittel, das am besten wirkt, ist nämlich aus gutem Grund verboten.

Von Thomas Wagner |
    "Ländleapfel" steht auf einem großen Schild vor dem Haus von Manfred Nägele. Der Obstbauer ist in der kleinen Vorarlberger Gemeinde Gaißau zuhause, rund zehn Kilometer von der Landeshauptstadt Bregenz entfernt. In seinem Obstgarten, rund ein Hektar groß, baut er im Nebenerwerb vornehmlich Äpfel an, aber auch Kirschen und Zwetschgen. Doch in den zurückliegenden Tagen ist Manfred Nägele der Appetit auf seine eigenen Ländleäpfel ziemlich vergangen:

    Es war eine starke Blüteninfektion, und da sind fast 100 Prozent befallen.

    Befallen mit Feuerbrand, der gefürchteten Bakterienerkrankung, die Obstbäume in trostlose Gebilde verwandelt. Die Äste und Blätter sehen aus, wie vom Feuer versengt. Manfred Nägele blieb in dieser Situation nur eines zu tun:

    Bis jetzt habe ich etwa 640 Jungbäume gerodet, vierjährige Bäume. Das entspricht so zirka 20, 25 Prozent meiner jetzigen Anlage. Weiter müsste ich nochmals weitere 50 Prozent wegschneiden, also roden. Da bliebe nur noch ein Rest übrig. Und mit dem kann ich nicht mehr wirtschaften.

    Bereits in den vergangenen Jahren hatte Manfred Nägele mit dem Feuerbrand zu kämpfen. Doch so stark wie in diesem Jahr ist die Krankheit noch nie aufgetreten. Das bestätigt auch Gebhard Bechter, Obstbauexperte bei der Landwirtschaftskammer Vorarlberg in Bregenz:

    Bei uns sind es mittlerweile alle Betriebe, die mit dem Feuerbrand zu kämpfen haben. Wir haben keinen einzigen Betrieb mehr, der nicht schon einmal in den letzten Jahren Feuerbrand in seiner Anlage hatte. Und auch heuer wieder ist wirklich in allen Anlagen Feuerbrand zu finden. Das wären wieder an die 25.000 Pflanzen.

    Angesichts solcher Zahlen sprechen viele Vorarlberger Obstbauern von einem Desaster und fürchten um ihre Existenz. Dabei gebe es ein wirksames Gegenmittel gegen den Feuerbrand: Streptomyzin-Sulfat – das ist ein Antibiotikum, das der gefährlichen Pflanzenkrankheit wirkungsvoll zu Leibe rückt. Aber, so Gebhard Bechter:

    Leider Gottes haben unsere Bauern in Vorarlberg nicht die Möglichkeit, mit diesem Streptomyzinsulfat gegen den Feuerbrand anzukämpfen, wobei das nicht ein Vorarlberger Problem ist, sondern einfach bei uns auf Bundesebene verboten wurde, diesen Wirkstoff einzusetzen. Das ist in Deutschland anders. Wo dieses Streptomyzin-Sulfat eingesetzt werden kann, wissen wir, dass in den Erwerbsanlagen die Befallssituation auch wieder vernachlässigbar ist.

    Stimmt - und stimmt auch wieder nicht. Denn grundsätzlich ist auch auf den Obstplantagen in der deutschen Nachbarschaft des Bodenseeraumes das Ausbringen von Streptomyzin verboten. Allerdings darf unter strengen Auflagen und auf Einzelantrag Streptomyzin auf deutscher Seite gespritzt werden - eine heikle Angelegenheit: Denn das Antibiotkim Streptomyzin führe beim Verzehr durch den Menschen dazu, so die Befürchtung des Umweltschutzes, dass der Organismus im Krankheitsfall auf bestimmte Medikamente nicht mehr anspricht.

    Deshalb werde das Ausbringen von Streptomyzin auf deutscher Seite des Bodenseeraumes auch scharf kontrolliert und eingegrenzt, heißt es bei den Landwirtschaftsämtern Markdorf und Stockach. Und: Nur rund ein Viertel der Obstbaubetriebe machen nach einer ersten Schätzung überhaupt davon Gebrauch.

    In Vorarlberg selbst glauben die Obstbauern dagegen, dass hauptsächlich das Streptomyzin-Verbot Hauptursache für die Feuerbrand-Epidemie ist. Sie können es nicht verstehen, dass die eigene Regierung das Verbot in Krisenjahren wie diesem nicht lockert, also so entscheidet wie in der deutschen EU-Nachbarschaft. Schützenhilfe bekommen sie von Gebhard Bechter von der Vorarlberger Landwirtschaftskammer:

    Ich würde es nicht nur befürworten, ich würde es von meiner Stelle auch fordern, dass auch unsere Obstbauern in kontrolliertem Ausmaß dieses Streptomyzin zur Bekämpfung von Feuerbrand, bis alternative Mittel vorhanden sind, auch einsetzen.

    Immerhin wird gerade in Österreich die Entwicklung von alternativen Methoden zur Eindämmung des Feuerbrandes sehr intensiv vorangetrieben. So bemühen sich die Experten, Baumsorten zu züchten, die gegen den Feuerbrand resistent sind. Kurzfristig verspricht sich Manfred Bechter davon aber keine Besserung der Situation:

    Die Forschung geht natürlich auf Resistenzzüchtungen, wobei das noch ein sehr weiter Weg ist. Es gibt Sorten, von denen wir wissen, dass sie Feuerbrand-toleranter sind, nicht so anfällig. Doch überrascht uns auch bei diesen Sorten, dass auch auf solchen Sorten der Feuerbrand immer wieder gefunden wird.