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Obstwiesen versprechen gute Einnahmen

Obstbäume, die verstreut auf Grünland stehen, sind nicht nur schön fürs Auge, sondern erhalten auch den Lebensraum vieler Tiere. Streuobstwiesen werden zwar immer seltener, werfen aber für manchen Bewirtschafter gute Rendite ab.

Von Ludger Fittkau |
    Mit Streuobstwiesen lässt sich wieder gutes Geld verdienen. Die Voraussetzung: Eine professionelle Pflege der Bäume, der Einsatz von Maschinen, die die Ernte erleichtern und eine effektive Direktvermarktung des Obstes und Obstsaftes. Dr. Markus Rösler, Streuobstexperte des Naturschutzbundes Deutschland, brachte bei der vom NABU organisierten Tagung am Wochenende ein ökonomisches Erfolgsbeispiel aus Bayern:

    "Wenn ich weiß, dass es im Landschaftspflegeverband Passau gelungen ist, durch entsprechende maschinelle Ernte und eine gute Direktvermarktung den Preis pro Hektar bei der Pacht von Streuobstbeständen so hoch zu kriegen, dass die inzwischen 750 Euro pro Hektar Pacht zahlen bei Streuobstwiesen, während der Pachtpreis für die Maisäcker und für die Getreidefelder bei 500 bis 600 Euro liegt auf guten Böden, wo man gut ernten kann, dann zeigt das einfach: Der Streuobstbau kann eine Perspektive haben."

    Eine Perspektive, die noch vor kurzem in Mitteleuropa nicht selbstverständlich war. Denn nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen Nachbarländern sind Streuobstbestände seit der Mitte des vergangenen Jahrhunderts drastisch zurückgegangen. An Österreichs Landstraßen zum Beispiel hält dieser Trend noch an, wie Christian Holler von der dortigen Arbeitsgemeinschaft Streuobst berichtete. In Teilen Ostösterreichs, im Weinviertel und im Nordburgenland habe es noch vor wenigen Jahrzehnten einen bedeutenden Straßenobstbau mit Kirschen und Nussbäumen gegeben, der nahezu verschwunden sei. Ähnlich sehe es mit dem Streuobst in den Weinbaugebieten aus, so Christian Holler:

    "Wir hatten in den Weinbaugebieten diesen intensiven Mix zwischen Weinkultur und Obstkultur. Mit Mandeln, mit Pfirsich, mit Marille und auch mit Kirsche, hier auch schon von den Obstarten bedingt häufig kleine Bäume, bedingt auch durch die Mischkultur. Diese Kultur ist praktisch zur Gänze verschwunden. Das muss man heute schon suchen, diesen Mix mit dem Weinbau. Das ist aber landschaftsprägend für viele Bereiche gewesen."

    Dennoch seien auch in Österreich in den letzten Jahren einige Erfolge zu verzeichnen – beispielsweise beim Erhalt von 2600 alten Obstsorten in den vier staatlichen Gen-Banken dank des Einsatzes von Nichtregierungsorganisationen. Auch in Luxemburg verzeichnen Naturschützer vor allem dort Erfolge beim Einsatz für den Erhalt der Streuobstwiesen, wo sie Nebenerwerbsbauern oder Bürgervereine, die sich um den Erhalt der Kulturlandschaft bemühen, nicht alleine lassen. Raymund Aendekerk von der Umweltschutzorganisation "Hellef fir´d Natur" verglich den Luxemburger Obstbaum-Bestand des Jahres 1993 mit der Zahl der Bäume heute:

    "Und da sehen wir, dass der Baumanteil in den Gemeinden, wo begleitende Projekte funktionieren, mit Beratung, Schnittkursen, die Leute nerven, dass sie gießen gehen, all diese Sachen, dass da der Jungbaumbestand um 16 Prozent höher war als 1993 und in den Gemeinden, wo nur subventioniert wird und keine Betreuung gemacht wird, war es 16 Prozent geringer."

    Doch das regelmäßige Bewässern oder Beschneiden der Bäume könnte künftig vielleicht nicht mehr ausreichen, um den Bestand zu erhalten. Denn der Klimawandel dürfte sehr wahrscheinlich auch das typische Bild der Obstwiesen und Gärten in hiesigen Breitengraden einschneidend verändern, glaubt NABU-Streuobstfachmann Markus Rösler:

    "Der Bienenfresser ist auf Island beobachtet worden, eine mediterrane Art. Der Tigermoskito, der das Gelbfieber und das Denkfiber verbreitet, ist in Holland angekommen. Mitten in den Alpen gibt es Standorte, wo inzwischen Nussbäume gut angehen, was vor Jahrzehnten noch völlig unmöglich gewesen wäre. Und in Großbritannien, die neueste Nachricht, ist kürzlich der erste, auf Rentabilität angelegte Olivenhain gepflanzt worden."

    Doch nicht nur Olivenöl, sondern auch Apfelsaft und Most aus heimischen Streuobstbeständen erfreuen sich in Mitteleuropa anhaltend großer Beliebtheit. Deshalb geht es den hiesigen Obstvermarktern vor allem darum, die bekannte Kulturlandschaft der Streuobstwiesen möglich lange mit traditionellen Sorten zu erhalten.

    Dabei soll nicht nur dem Apfelbaum, sondern auch Birnen und anderen Obstarten künftig mehr Aufmerksamkeit zu Teil werden. In einer gemeinsamen Resolution forderten schließlich die über 100 Teilnehmer der internationalen Konferenz am Wochenende in Fulda nicht nur den Verzicht auf Gentechnik im Obstbau, sondern auch einen stärkeren gesetzlichen Schutz der Streuobstbestände. Christian Holler:

    "Wie brauchen restriktivere Landschafts- und Naturschutzgesetze. Das ist eine Forderung, die auch in Naturschutzkreisen gar nicht gern gehört wird, weil man sich damit ja unbeliebt macht. Aber ich denke, der Naturschutz braucht auch Zähne."