Wenn Hartmut Binner in diesen Minuten vor der Staatskanzlei in München demonstriert, zwischen all den Kuhglocken und Trillerpfeifen, wird er sich streng an die Regeln halten.
"Zunächst möchte ich darum bitten, dass ich Ihnen jetzt gemäß dem Versammlungsgesetz einige Auflagen des KVR München vortragen werde, damit wir diese angemeldete Versammlung auch gesetzestreu über die Bühne bringen."
Hartmut Binner ist pensionierter Polizeibeamter. Als Sprecher des Aktionsbündnisses "AufgeMUCkt" kämpft er gegen die dritte Startbahn am Münchner Flughafen. Von heute Abend bis Sonntag werden er und seine Mitstreiter eine Straße nahe der bayerischen Staatskanzlei besetzen. Tag und Nacht. "Occupy Staatskanzlei" nennen sie ihre Aktion. Co-Sprecherin Helga Stieglmeier hat schon ihr Feldbett mit dem Schlafsack aufgestellt.
"Also, es wird sicher nicht die bequemste Geschichte für uns werden. Aber das nehmen wir gerne auf uns, um den Münchnern zu zeigen, was tatsächlich für uns auf dem Spiel steht in der Region."
Für die Freisinger nahe des Flughafens "Franz-Josef Strauß" steht viel auf dem Spiel: ihre Lebensqualität für Wirtschaftswachstum. Sie sollen Lärm erdulden, damit der Airport boomt. Trotzdem protestiert der Freisinger Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher nicht mit einem "Anti-Flughafen"-Button wie manch anderer Demonstrant. Sondern mit einer roten Drei.
"Um auch zu zeigen, dass wir nicht gegen den Flughafen sind, sondern nur gegen die Erweiterung, was die dritte Startbahn betrifft. Ich hab natürlich Hoffnung auf den Bürgerentscheid in München, dass die Stadt München aussteigt aus den Erweiterungsplänen. Für unsere Region ist es auf alle Fälle eine nicht hinnehmbare Belastung."
Der Streit um die 3.Startbahn in München - er hat eine politische Dimension für ganz Bayern. 2013 ist Landtagswahl im Freistaat. Münchens SPD-OB Ude tritt gegen Bayerns CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer an. Ude ist - wie Seehofer - für die Startbahn. Aber Udes SPD ist anders als die CSU in der Frage gespalten. Egal, wie die Münchner entscheiden - sein Kontrahent sei in der Zwickmühle, lästert der CSU-Chef:
"Das ist ja fast eine Dilemma-Situation. Zustimmung - dann hat er außerhalb Münchens in seiner Partei und bei den möglichen Koalitionspartnern Schwierigkeiten. Keine Zustimmung ist eine Niederlage. Was bleibt dann noch für eine Möglichkeit? Ein Volksentscheid auf bayerischer Ebene. Der ist rechtlich möglich."
Das bezweifelt die SPD zwar - ist aber grundsätzlich auch für einen landesweiten Volksentscheid zur Startbahnfrage. Der würde allerdings erst stattfinden, nachdem der Bayerische Verwaltungsgerichtshof über die Klagen der Anwohner entschieden hat. Die Richter fällen ihr Urteil frühestens in einem Jahr. Die Münchner Bürger fällen ihr Urteil schon am Sonntag. Vielen Flughafen-Anrainern gefällt das gar nicht, sagt Freisings Oberbürgermeister Eschenbacher.
"Weil es natürlich für uns in der Region, für die Bürgerinnen und Bürger, schwierig vermittelbar ist, dass die Münchner über das Schicksal der Freisinger abstimmen. Die Einzige, die sich an die Entscheidung binden sollen und muss, ist die Stadt München. Als Gesellschafter der Flughafen München Gesellschaft. Uns tangiert das im Prinzip nicht, außer dass wir uns freuen, wenn die Stadt München ihr Veto einlegt.""
Sollte sich München tatsächlich gegen die dritte Startbahn aussprechen, gibt Bayerns MP dem Münchner OB noch einen kleinen, vergifteten Ratschlag: Die Landeshauptstadt könne dann ja ihre Flughafen-Anteile verkaufen. Er, Seehofer, kenne ernsthafte Interessenten aus dem Privatsektor. Den Startbahn-Gegnern von "AufgeMUCkt", die vor der Staatskanzlei campieren, jagt der Regierungschef mit solchen Vorschlägen kalte Schauer über den Rücken.
"Die brauchen nicht vor der Staatskanzlei campieren, die sollen mir sagen, ob sie mit mir reden wollen. Und dann reden wir miteinander."
Hartmut Binner, Mitveranstalter von "Occupy Staatskanzlei", will derzeit aber nicht mit Seehofer reden. Der Ministerpräsident sei kein glaubwürdiger Gesprächspartner:
"Denn ich kann nicht einerseits betonen, dass ich von der 3.Startbahn keinen Abstand nehme, auf der anderen Seite aber im Dialog bleiben wollen. Das ist nicht ergebnisoffen. Dann brechen wir den Dialog ab, es ist kein Dialog."
Auch mit Flughafen-Chef Michael Kerkloh will Binner nicht sprechen, seit der die Notwendigkeit einer dritten Startbahn quasi mit dem Grundgesetz begründet hatte:
"Die Welt mobil mit dem Flugzeug zu erreichen ist ein Grundrecht. Ein Flughafen mit dritter Bahn ist eine Grundvoraussetzung dafür. Diese Bahn ist auch ein Beitrag zum Umweltschutz. Wir lösen damit ja die Staus auf. Da wird unnötig Kerosin rausgeblasen in Warteschleifen oder in der Schlange, bevor ich abheben kann."
Flughafen-Geschäftsführer Kerkloh möchte so bald wie möglich mit dem Bau der eine Milliarde Euro teuren Startbahn beginnen. Möglichst noch vor der Landtagswahl im Herbst 2013. Markus Söder, der für den Flughafen zuständige Finanzminister, bremst Kerkloh ein:
"Geschäftsführer drängeln, Aufsichtsratsvorsitzende haben das Ganze im Blick. Es gibt keinen Anlass zu Hektik. Lieber einen Monat länger gesprochen und geplant, als durch schnelles Baggern am Ende einen Haufen Ärger zu bekommen."
Und Ärger ist das letzte, was Söder und seine CSU im nächsten Jahr, im Wahljahr, gebrauchen können. Hartmut Binner von der Bürger-Initiative Aufgemuckt weiß das. Der pensionierte Polizeibeamte wird sich zwar an die Regeln halten. Aber leise wird er nicht sein.
"Zunächst möchte ich darum bitten, dass ich Ihnen jetzt gemäß dem Versammlungsgesetz einige Auflagen des KVR München vortragen werde, damit wir diese angemeldete Versammlung auch gesetzestreu über die Bühne bringen."
Hartmut Binner ist pensionierter Polizeibeamter. Als Sprecher des Aktionsbündnisses "AufgeMUCkt" kämpft er gegen die dritte Startbahn am Münchner Flughafen. Von heute Abend bis Sonntag werden er und seine Mitstreiter eine Straße nahe der bayerischen Staatskanzlei besetzen. Tag und Nacht. "Occupy Staatskanzlei" nennen sie ihre Aktion. Co-Sprecherin Helga Stieglmeier hat schon ihr Feldbett mit dem Schlafsack aufgestellt.
"Also, es wird sicher nicht die bequemste Geschichte für uns werden. Aber das nehmen wir gerne auf uns, um den Münchnern zu zeigen, was tatsächlich für uns auf dem Spiel steht in der Region."
Für die Freisinger nahe des Flughafens "Franz-Josef Strauß" steht viel auf dem Spiel: ihre Lebensqualität für Wirtschaftswachstum. Sie sollen Lärm erdulden, damit der Airport boomt. Trotzdem protestiert der Freisinger Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher nicht mit einem "Anti-Flughafen"-Button wie manch anderer Demonstrant. Sondern mit einer roten Drei.
"Um auch zu zeigen, dass wir nicht gegen den Flughafen sind, sondern nur gegen die Erweiterung, was die dritte Startbahn betrifft. Ich hab natürlich Hoffnung auf den Bürgerentscheid in München, dass die Stadt München aussteigt aus den Erweiterungsplänen. Für unsere Region ist es auf alle Fälle eine nicht hinnehmbare Belastung."
Der Streit um die 3.Startbahn in München - er hat eine politische Dimension für ganz Bayern. 2013 ist Landtagswahl im Freistaat. Münchens SPD-OB Ude tritt gegen Bayerns CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer an. Ude ist - wie Seehofer - für die Startbahn. Aber Udes SPD ist anders als die CSU in der Frage gespalten. Egal, wie die Münchner entscheiden - sein Kontrahent sei in der Zwickmühle, lästert der CSU-Chef:
"Das ist ja fast eine Dilemma-Situation. Zustimmung - dann hat er außerhalb Münchens in seiner Partei und bei den möglichen Koalitionspartnern Schwierigkeiten. Keine Zustimmung ist eine Niederlage. Was bleibt dann noch für eine Möglichkeit? Ein Volksentscheid auf bayerischer Ebene. Der ist rechtlich möglich."
Das bezweifelt die SPD zwar - ist aber grundsätzlich auch für einen landesweiten Volksentscheid zur Startbahnfrage. Der würde allerdings erst stattfinden, nachdem der Bayerische Verwaltungsgerichtshof über die Klagen der Anwohner entschieden hat. Die Richter fällen ihr Urteil frühestens in einem Jahr. Die Münchner Bürger fällen ihr Urteil schon am Sonntag. Vielen Flughafen-Anrainern gefällt das gar nicht, sagt Freisings Oberbürgermeister Eschenbacher.
"Weil es natürlich für uns in der Region, für die Bürgerinnen und Bürger, schwierig vermittelbar ist, dass die Münchner über das Schicksal der Freisinger abstimmen. Die Einzige, die sich an die Entscheidung binden sollen und muss, ist die Stadt München. Als Gesellschafter der Flughafen München Gesellschaft. Uns tangiert das im Prinzip nicht, außer dass wir uns freuen, wenn die Stadt München ihr Veto einlegt.""
Sollte sich München tatsächlich gegen die dritte Startbahn aussprechen, gibt Bayerns MP dem Münchner OB noch einen kleinen, vergifteten Ratschlag: Die Landeshauptstadt könne dann ja ihre Flughafen-Anteile verkaufen. Er, Seehofer, kenne ernsthafte Interessenten aus dem Privatsektor. Den Startbahn-Gegnern von "AufgeMUCkt", die vor der Staatskanzlei campieren, jagt der Regierungschef mit solchen Vorschlägen kalte Schauer über den Rücken.
"Die brauchen nicht vor der Staatskanzlei campieren, die sollen mir sagen, ob sie mit mir reden wollen. Und dann reden wir miteinander."
Hartmut Binner, Mitveranstalter von "Occupy Staatskanzlei", will derzeit aber nicht mit Seehofer reden. Der Ministerpräsident sei kein glaubwürdiger Gesprächspartner:
"Denn ich kann nicht einerseits betonen, dass ich von der 3.Startbahn keinen Abstand nehme, auf der anderen Seite aber im Dialog bleiben wollen. Das ist nicht ergebnisoffen. Dann brechen wir den Dialog ab, es ist kein Dialog."
Auch mit Flughafen-Chef Michael Kerkloh will Binner nicht sprechen, seit der die Notwendigkeit einer dritten Startbahn quasi mit dem Grundgesetz begründet hatte:
"Die Welt mobil mit dem Flugzeug zu erreichen ist ein Grundrecht. Ein Flughafen mit dritter Bahn ist eine Grundvoraussetzung dafür. Diese Bahn ist auch ein Beitrag zum Umweltschutz. Wir lösen damit ja die Staus auf. Da wird unnötig Kerosin rausgeblasen in Warteschleifen oder in der Schlange, bevor ich abheben kann."
Flughafen-Geschäftsführer Kerkloh möchte so bald wie möglich mit dem Bau der eine Milliarde Euro teuren Startbahn beginnen. Möglichst noch vor der Landtagswahl im Herbst 2013. Markus Söder, der für den Flughafen zuständige Finanzminister, bremst Kerkloh ein:
"Geschäftsführer drängeln, Aufsichtsratsvorsitzende haben das Ganze im Blick. Es gibt keinen Anlass zu Hektik. Lieber einen Monat länger gesprochen und geplant, als durch schnelles Baggern am Ende einen Haufen Ärger zu bekommen."
Und Ärger ist das letzte, was Söder und seine CSU im nächsten Jahr, im Wahljahr, gebrauchen können. Hartmut Binner von der Bürger-Initiative Aufgemuckt weiß das. Der pensionierte Polizeibeamte wird sich zwar an die Regeln halten. Aber leise wird er nicht sein.