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OCEANS '09

Wir wissen noch viel zu wenig darüber, was der Klimawandel mit den Weltmeeren macht - unter anderem deshalb, weil die Forschung sehr aufwändig ist. Spezielles Gerät muss entwickelt werden, um Aufnahmen in tiefen und dunklen Regionen zu machen oder Proben an die Oberfläche zu bringen. Technik für die Umweltforschung unter Wasser ist ein Thema der internationalen Tagung "Oceans' 09" in Bremen.

Von Christina Selzer | 13.05.2009
    Der Ozean bedeckt 71 Prozent der Erde, doch für den Menschen ist er in großen Teilen nach wie vor ein unbekannter Lebensraum. Um mehr über ihn zu erfahren, brauchen die Forscher immer ausgeklügeltere Technologien. Auf dem Meeresboden werden inzwischen ferngesteuerte Fahrzeuge eingesetzt. Die Meeresforscherin Antje Boetius arbeitet mit solch einem Roboter, den das Zentrum für Marine Umweltwissenschaften MARUM entwickelt hat.

    "Wenn man Ökosystemforschung betreiben will, dann braucht man Bilder, um Umwelt in ihren Zusammenhängen sehen zu können. Da haben wir in der Meeresforschung es schwer gehabt, ein Gesamtbild zu haben, das waren einzelne Messungen und Bilder. Dass wir jetzt zusammen, das ist die schnelle technische Entwicklung der letzten zehn Jahre."

    Mit dem neuen Roboter sind ganz neue Einblick in die Vielfalt des Tiefseelebens auf dem Meeresgrund möglich, so Antje Boetius. Doch nicht nur dort, auch in weniger tiefen Gefilden werden Hightech-Geräte eingesetzt, die Aufschluss darüber geben sollen, unter welchen verschiedenen Bedingungen Tiere leben. Jan Schulz von IMARE, dem Institut für Marine Ressourcen in Bremerhaven untersucht zum Beispiel die unterschiedlichen Wärmeschichten im Meer:

    "Das kennen Sie im Sommer aus dem Badeteich: Sie halten die Beine ins Wasser und es ist schön warm und weiter unten auf einmal kalt. Das sind Unterschiede, die dadurch zustande kommen, dass kaltes Wasser schwerer ist als warmes."

    Auf den Ozean übertragen: Je nach Tiefe finden ändern sich Temperatur und Salzgehalt. Da salzhaltigeres Wasser schwerer ist als Süßwasser, sammelt sich in der Tiefe das salzhaltige Wasser. Und das hat Auswirkungen, erklärt Jan Schulz, zum Beispiel in der Ostsee:

    "Das wir dann interessant, wenn man sich den Lebenszyklus einzelner Fische anschaut. Die Sprotten zum Beispiel wandern, wenn es warm ist, an die Oberfläche und ernähren sich von Kleinstorganismen, die in den oberen warmen Schichten sind. Die Sprotte wird älter, wandert durch die Wassersäule, tritt in anderen Schichten auf. Wenn die Sprotte auf die Eier von dem Dorsch trifft, frisst sie die Dorscheier."

    Was für die Sprotte gut sei, könne dem Dorsch zum Verhängnis werden. Es gehe aber auch anders: Hat der Dorsch einen starken Jahrgang hat, frisst er die Sprotte. Wie Futterfelder der Fische zusammenhängen, erforscht Jan Schulz. Und wie gut die Bedingungen sind, auch vor dem Hintergrund des Klimawandels.

    "Man kann sich das vorstellen: Klimawandel, die Oberflächenschicht. Es ist länger warm, wir haben länger eine Deckschicht von warmem Wasser."

    Doch das ist noch Grundlagenforschung. Anwendungsbezogener sind Sensoren, die Verschmutzungen im Wasser messen können, um daraus auch Grenzwerte zu entwickeln. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei der Verbesserung von Ballastwasser in der Schifffahrt, sagt Oliver Zielinsky von der Hochschule Bremerhaven:

    "Ballastwasser wird von Schiffen mitgenommen, um das Schiff zu stabilisieren. Wird irgendwo wieder abgelassen, es enthält auch Stoffe. In der Vergangenheit war es so, dass das Ballastwasser ein Taxi für Organismen war, Algen, alle möglichen Spezies, dass der blinde Passagier sich optimal ausbreiten, der keine natürliche Feinde hat, dann zur Plage wird."

    Zwar sind die Richtlinien strenger geworden. Ballastwasser muss gefiltert werden. Mit den Sensoren lässt sich die Messung präzisieren. Auch die Qualität von verschmutztem Öl von Schiffsmotoren kann mit den richtigen Messmethoden verbessert werden, erklärt Oliver Zielinsky:

    "Innerhalb eines Schiffes fällt immer Schmieröl an, wie beim Motor: Ruß, Dreck, das ist im Schiffsmotor genauso, Größe eines Einfamilienhauses. Dieses Öl wurde früher herausgepumpt. In der Nordsee ist das nicht mehr erlaubt. Die Grenzwerte erlauben es aber immer noch, dass gefiltertes Ballastwasser rausgepumpt wird."

    Deshalb, so Zielinsky müssen die Grenzwerte so streng gestaltet werden, dass die Konzentration an Öl so gering wie möglich ist. Die Sensoren der Hochschule Bremerhaven können schon kleinste Mengen an Öl erkennen.

    Noch bis Donnerstag diskutieren die Meereswissenschaftler auf dem Kongress Oceans 09 über neue Trends. Dabei soll es auch darum gehen, wie die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Wissenschaft verbessert werden kann.