
Die blaue Kapsel? Oder doch die rote? Es ist eine schwerwiegende Entscheidung, die Neo da im ersten Matrix-Film fällen muss. Denn schließlich geht es um nichts weniger als die Frage: In welcher Welt möchte er denn nun bitteschön leben? In der wirklichen Welt? In der Welt, in dem Maschinen die Menschen in Brutkästen halten und das Essen schmeckt wie Matschepatsche? Oder in der virtuellen Welt, der Matrix, die zwar nicht echt ist, sondern nur eine Simulation, die aber doch so viel angenehmer ist?
Die virtuelle Realität, sie ist ein wiederkehrendes Science-Fiction-Thema. Doch auch im Hier und Jetzt, könnte "Virtual Reality" der nächste große gesellschaftsverändernde Technologiehype werden. Verantwortlich dafür ist "Oculus rift", ein klobiges Headset, das ursprünglich über Kickstarter finanziert wurde und seitdem die Computerspielwelt in Atem hält. Kein Wunder, denn die Technik ist beeindruckend, sagt Sebastian Stange. Er arbeitet bei der Spielzeitschrift "Gamestar" und durfte "Oculus Rift" bereits ausprobieren.
"Mit Virtual Reality taucht man komplett in ein Spiel ein. Man betrachtet es nicht auf dem Monitor oder auf dem Fernseher, sondern man ist einfach drin. Das ist ein Effekt, der passiert im Kopf in Sekundenbruchteilen. Das Hirn nimmt das einfach als neue Welt war. Das ist ein Effekt, der ist fantastisch! Das ist ein bisschen wie Achterbahnfahren."
Eintauchen in neue Welten, ohne sich vom Fleck zu bewegen? Die Idee ist nicht neu. Schon in den 30er-Jahren schreibt der Science-Fiction-Autor Stanley G. Weinbaum eine Kurzgeschichte über eine merkwürdige Brille, die dem Träger eine alternative Welt vorspielt. Anfang der 90er glaubt man dann tatsächlich, so etwas wie eine virtuelle Realität schaffen zu können. Im Kino läuft "Der Rasenmähermann", gleichzeitig kommen die ersten Virtual-Reality-Helme auf den Markt.
Der erste Anlauf scheiterte noch
Doch der Hype ist schnell vorbei. Die Helme sind teuer und außerdem wird vielen Usern schlecht, wenn sie sich durch die virtuellen Welten bewegen, manche von ihnen schlucken deswegen sogar Tabletten gegen Seekrankheit, bevor sie sich einen der Virtual-Reality-Helme überstreifen. Zwanzig Jahre passiert nichts, bis jetzt.
Doch es geht nicht nur um Sensoren. Unter dem Namen "Omni" wird gerade ein, so nennt es der Hersteller, "omnidirektionales Laufband" entwickelt. Der Spieler steht in einer Art Laufstall, der Boden unter seinen Füßen ist beweglich. So kann man in alle Richtungen laufen, ohne sich vom Fleck zu bewegen. Die virtuelle Realität wird so immer mehr eine Kopie der Wirklichkeit. Und profitieren könnten davon nicht nur Gamer:
"Ein Architekt kann zum Beispiel ein Haus bauen und Leute in der virtuellen Version durchlaufen lassen und sie wissen sofort: Das Fenster ist zu groß, die Türe muss ein bisschen breiter sein. Das sind Dinge, die kann man nicht empfinden oder wahrnehmen, wenn man auf einen Monitor starrt. Genauso hat Virtual Reality therapeutische Zwecke. Wer eine Angststörung hat, beispielsweise Höhenangst empfindet, der kann da ganz gefahrlos mit seiner Angst konfrontiert werden."
Vielleicht wird die virtuelle Realität in einigen Jahrzehnten perfekt sein. Vielleicht wird sie auch aufregender, bunter, schöner und inspirierender sein als unsere schnöde "echte" Welt. Werden wir dann alle nur noch im Keller sitzen und Virtual-Reality-Helme aufhaben? Wohl kaum. Denn man sollte die Anziehungskraft der Realität niemals unterschätzen. Das beste Beispiel ist Neo aus Matrix. Am Ende entscheidet der sich für die rote Pille und damit für schlechtes Essen und die Wirklichkeit.