Freitag, 19. April 2024

Archiv

OECD-Bericht
Zuwanderer sind relativ gut in den Arbeitsmarkt integriert

Flucht und Migration haben wenig Einfluss auf den deutschen Arbeitsmarkt. Das stellt die Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in einer aktuellen Studie fest. Für die Integration macht sich Beschäftigung allerdings positiv bemerkbar.

Von Anja Nehls | 20.06.2018
    Logo der Bundesagentur für Arbeit mit Menschenmenge.
    Die Arbeitsmigration nach Deutschland ist im Vergleich eher gering. (imago / Ralph Peters)
    Insgesamt leben in den OECD-Ländern 4,2 Millionen ausländische Arbeitskräfte, das sind elf Prozent mehr als noch im Jahr davor. Die Arbeitsmigration nach Deutschland ist im internationalen Vergleich dabei gering, auch wenn sie sich 2016 gegenüber dem Vorjahr verdoppelt hat: Im Rekordjahr 2016 kamen über eine Millionen Zuwanderer nach Deutschland.
    Die Mehrheit allerdings nicht als Flüchtlinge, sondern als innereuropäische Migranten, für die Deutschland nach wie vor ein Magnet ist. Gemessen an der Gesamtzahl der Zuwanderer überrasche deren verhältnismäßig gute Integration in den deutschen Arbeitsmarkt, sagt Thomas Liebig von der OECD. Trotz der auch hohen Flüchtlingsmigration sei die Arbeitsmarktlage stabil geblieben:
    "Also die robuste Arbeitsmarktsituation in Deutschland wirkt sich doch sehr positiv auf die Integration der Zuwanderer aus, davon profitieren auch die Flüchtlinge, auch wenn die natürlich einen relativ langen Weg in den Arbeitsmarkt haben, da dürfen wir uns keinen Illusionen hingeben."
    Vor allem Höherqualifizierte können ihr Land verlassen
    Knapp zehn Prozent beträgt die Arbeitslosenquote bei den Zuwanderern, das ist etwas weniger als im Jahr davor. EU-Migranten sind seltener arbeitslos als Flüchtlinge:
    "Die EU-Migration ist weitgehend arbeitsmarktbezogen, das heißt diese Personen kommen häufig schon mit einer Art Arbeitsangebot oder finden relativ schnell einen Job und wenn sie nicht finden, dann gehen sie wieder. Von daher haben wir hier natürlich eine ganz andere Situation, was die Arbeitsmarktergebnisse anbelangt."
    Grundsätzlich kämen allerdings eher die höherqualifizierten in die OECD-Länder, egal ob als Arbeitsmigrant oder Flüchtling, weil sie eher die finanziellen und organisatorischen Möglichkeiten hätten, ihr Land zu verlassen:
    "Wir sehen zwar einen Anstieg im Qualifikationsniveau der Zuwanderer, allerdings ist da noch Luft nach oben. Insgesamt sind die Zuwanderer in Deutschland ungefähr doppelt so häufig unter den niedrig qualifizierten repräsentiert wie die Nicht-Zuwanderer."
    Einwanderer sind relativ gut integriert
    Und dennoch seien sie relativ gut in den Arbeitsmarkt integriert und fänden Jobs. Für Thomas Liebig hat das mehrere Gründe:
    "Dass Zuwanderer häufiger Bewerbungen schreiben als Nicht-Zuwanderer, dass sie auch häufig bereits sind Jobs anzunehmen unterhalb ihres Qualifikationsniveaus, dass sie viel Jobs annehmen, die Deutsche ohne Migrationshintergrund gar nicht annehmen würden."
    Gerade in der Gruppe der Flüchtlinge seien viele junge Männer niedrig qualifiziert, vor allem, die aus afrikanischen Ländern. Flüchtlinge aus dem Irak oder Syrien hätten dagegen häufig wenig Probleme, hier Fuß zu fassen. 65 Prozent der Zuwanderer aus Drittstaaten gelten laut der OECD-Studie als gebildet, wie diese beiden jungen Syrer, die bereits ein Arbeitsplatzzusage haben:
    "Ich habe jetzt die Anerkennung, die Prüfung für die Approbation als Apotheker, jetzt habe ich meine Approbation und er macht bald, in sechs Monaten, die Prüfung. Ja. Dann ist er anerkannter Apotheker und kann einen Job finden. Ja, wir haben schon eine Zusage bekommen, aber wir warten auf die Prüfung."
    Mehr Wert auf Sprache als Qualifikation legen
    Langfristig wird allerdings eher die innereuropäische Migration für die deutsche Arbeitskräftebedarfsdeckung wichtig sein als die Zuwanderung aus anderen Staaten, so Thomas Liebig von der OECD. Dabei sollte Deutschland bei der Regelung der künftigen Arbeitsmarktmigration mehr Wert auf die deutsche Sprache legen, als auf eine formale Qualifikation:
    "Denn das ist, was die Menschen wollen, dass die Leute Deutsch können, das ist das , was sie brauchen, um in Deutschland integriert zu sein und das ist auch das, was die Arbeitgeber mehr wünschen als formale Qualifikationen und da müsste man gesetzgeberisch schon mehr Anreize setzen, dass die Leute schon vor Einreise Deutsch lernen."
    Darüber hinaus fordert die OECD eine koordinierte Bekämpfung illegaler Einwanderung und eine konsequentere Rückführung von Menschen, die hier keinen Schutzanspruch haben.