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OECD-Studie
Automatisierung bedroht jeden fünften Job in Deutschland

Roboter und Maschinen übernehmen: Die Digitalisierung und die Automatisierung würden zwar nicht zu Massenarbeitslosigkeit führen, glaubt die OECD. Doch gerade in Deutschland als Industriestandort werde sich der Wandel auswirken. Vor allem Geringqualifizierte müssten gefördert werden.

Von Mathias von Lieben | 25.04.2019
Ein Mann schweisst gemeinsam mit einem Roboter Metall (Symbolfoto).
Nicht immer ersetzen Roboter automatisch Menschen - hier arbeiten sie zusammen (imago stock&people )
Mit Entwarnung leitet die OECD ihren "Beschäftigungsausblick 2019" über die Zukunft der Arbeit ein: Zu Massenarbeitslosigkeit werden technologischer Wandel und Globalisierung nicht führen, das machte OECD-Generalsekretär Angel Gurría im Bundesarbeitsministerium von Hubertus Heil klar – um gleich danach aber auf die großen Herausforderungen einzugehen:
14 Prozent aller Jobs in den 36 OECD-Mitgliedsländern - so die Prognose der OECD - drohen der Automatisierung und Digitalisierung in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren zum Opfer zu fallen. Als bedroht schätzen die OECD-Forscher Arbeitsplätze ein, die mit einer Wahrscheinlichkeit von 70 Prozent automatisiert werden. Besonders betroffen: Beschäftigte, die im verarbeitenden Gewerbe tätig sind, in dem sich viele Arbeiten von Maschinen erledigen ließen. Deutschland als Industriestandort sei in diesem Zusammenhang deutlich stärker betroffen, als andere OECD-Staaten: Mehr als 18 Prozent der Arbeitsplätze seien hierzulande durch Automatisierung bedroht.
Nur die Hälfte der Beschäftigten ist auf Wandel vorbereitet
Zwar nimmt die Beschäftigungsquote in den OECD-Ländern insgesamt zu - die Anforderungen an neue Jobs werden aber zugleich immer höher. Nur 50 Prozent der Arbeitnehmer, heißt es in der Studie, sind für diesen Wandel ausreichend qualifiziert und vorbereitet.
Gurría verweist hier auf ein bekanntes Problem, das sich zu verstetigen scheint: Hochqualifizierte haben einen besseren Zugang zu Weiterbildung als Geringqualifizierte, die damit viel eher der Gefahr ausgesetzt sind, von Maschinen ersetzt zu werden. Die Kluft in der Weiterbildung zwischen hoch- und geringqualifizierten Erwachsenen ist in Deutschland die größte in der OECD. Ein Problem, das auch Arbeitsminister Hubertus Heil anerkannte: "Wir müssen uns vor allem bei den Geringqualifizierten stark beeilen, damit wir in Deutschland das richtige tun."
Rechtsanspruch auf Weiterbildung?
Um das Richtige zu tun, formuliert die OECD in ihrer Studie strategische Handlungsempfehlungen. So fordert sie zum Beispiel die Sozialsysteme für die Wirtschaft des 21. Jahrhunderts umzubauen und den Arbeitsmarkt stärker zu regulieren. Um außerdem die in Deutschland so große Kluft in der der Weiterbildung zwischen Hoch- und Geringqualifizierten zu verringern, seien laut OECD allerdings mehr finanzielle Beihilfen des Staates nötig, sagte OECD-Generalsekretär Gurría auch in Richtung von Arbeitsminister Hubertus Heil.
Der verwies auf das Qualifizierungschancengesetz, das seit Beginn dieses Jahres in Kraft ist und unter anderem Unternehmen finanziell bei Weiterbildungsmaßnahmen unterstützt. Und gestand zugleich ein, "dass wir im Rahmen der nationalen Weiterbildungsstrategie große Schritte machen müssen, damit die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von heute in Deutschland auch in der Lage sind, die Arbeit von morgen machen zu können."
Heil kündigte eine weitere Stärkung der öffentlichen Weiterbildung an, für die er noch im Sommer konkrete Maßnahmen vorschlagen wolle. Längerfristig, das fügte Heil hinzu, könne er sich aber auch einen Rechtsanspruch auf Weiterbildung vorstellen.