Honecker: Am Telefon der Hamburger Verfassungsrechtler und Hochschulexperte Ulrich Karpen. Herr Professor Karpen, ist die öffentlich-rechtliche Hochschule ein Auslaufmodell ?
Karpen: Nein, keineswegs. Sie haben richtig gesagt, dass es die Sparzwänge sind, die die Bildungspolitiker immer auf neue Ideen bringen. Noch viel schlimmer ist, dass durch das Einführen neuer Rechtsformen, wie etwa der Stiftungsuniversität die Verantwortung für die Öffentlichkeit auf die Hochschulen abgewälzt werden soll. Ich halte das, um es krass zu sagen, für einen Etikettenschwindel. Die Hochschulen brauchen Autonomie, sie sind heute alle budgetiert, das heißt, sie haben Finanzmittel, die sie brauchen und die auch festliegen, auf die sie sich auch verlassen können, aber um das durchzuführen, bedarf es keiner neuen Rechtsform. Die Hochschulen sind traditionellerweise Körperschaften und das reicht völlig aus, um ihnen die Autonomie zu gewähren. Es geht mir darum, dass der Öffentlichkeit nicht weisgemacht wird, dass die Hochschulen jetzt für die Finanznöte selbst verantwortlich sind. Die Hochschulen sind in Deutschland überwiegend staatliche Einrichtungen und der Staat ist als Zahlvater verpflichtet, seine Aufgaben gegenüber den Hochschulen zu erfüllen.
Honecker: Wenn man jetzt über neue Finanzierungsmodelle spricht, wird ja auch häufig von Studiengebühren angefangen. Es scheint ja relativ Konsens zu sein, dass diese Studiengebühren kommen sollen. Wie kann man denn garantieren, dass die auch wirklich den Hochschulen zugute kommen und nicht direkt in die Landeshaushalte einfließen?
Karpen: Das muss gesetzlich geregelt werden. ich bin Ihnen der Meinung, dass eine moderate Selbstfinanzierung möglich ist und auch zumutbar, wenn sozial gerechte Regelungen getroffen werden, dass jemand, der jetzt von zuhause oder durch eigene Arbeit die Mittel nicht erwerben kann, Stipendien erhalten kann. Aber es muss sichergestellt werden, dass eine Hochschule, die besonders viel leistete, die kurz gesagt anderen Hochschulen die Studenten abjagt, dass die das auch behalten darf. Wir haben häufig Beispiele gehabt, dass gut operierende und arbeitende Hochschulen, ich nenne mal das Beispiel der Technischen Universität Hamburg-Harburg, die eine kleine, sehr feine, sehr gute Hochschule ist, über die Jahre mehrere Millionen angespart hat, weil sie gut gewirtschaftet hat und das haben der Finanz- und Wissenschaftssenator das mit einem Strich einkassiert und umverteilt. Das ist natürlich demotivierend in höchstem Maße und deswegen bin ich der Meinung, dass die Hochschulen vielleicht nicht in vollem Umfang, aber doch die Früchte ihrer guten Arbeit selbst auf ihre Konten schreiben müssen.
Honecker: Wie kann man dem Gesetzgeber das schmackhaft machen?
Karpen: Indem man deutlich macht, dass die Hochschulen durch vergrößerte Anstrengung, ich will nicht verkennen, dass sie über die Maßen im Augenblick belastete sind durch die großen Studentenzahlen, vor allen Dingen durch die horrende Unterfinanzierung, aber man könnte das dem Gesetzgeber klarmachen, dass man ihm sagt, wenn ihr euch mehr anstrengt, wenn ihr Studenten besser ausbildet, wenn Ihr dadurch mehr Studenten zum Beispiel aus dem Ausland anzieht, dann können wir unsere Zuschüsse senken, weil ihr selbst erhebliche Eigenleistungen erbringt. Meines Erachtens muss man das klar haushaltsmäßig definieren und muss das im Sinne eines Vertrages mit dem Gesetzgeber ausmachen.
Honecker: Landesregierungen und die Bundesregierung wollen sich in diesem Herbst der Reform des Föderalismus annehmen. Einige Ministerpräsidenten haben kürzlich erst deutlich gemacht, dass sie sich in Hochschulfragen künftig nicht mehr hereinreden lassen wollen. Heißt das, das zumindest (auch) das Hochschulrahmengesetz ein Auslaufmodell ist ?
Karpen: Ganz sicher. Ich bin der Meinung, das Hochschulgesetz ist zu Anfang einmal sinnvoll gewesen, um das Hochschulwesen ein bisschen zusammenzuführen, aber gerade im Hochschulwesen ist Vielfalt notwendig. Viele Blumen sind viel schöner, als ein kahlgeschorener Rasen im Hochschulwesen. Im Hochschulrahmengesetz ist das über die Jahre abgespeckt worden. Es ist im Augenblick eigentlich nur eine einziger Gesichtspunkt, der bundesrechtlich geregelt werden müsste und das ist die Frage des Hochschulzuganges. So lange wir noch Numerus Clausus haben, ist unter der Herrschaft des Artikel 12 des Grundgesetzes Berufs- und Ausbildungsfreiheit eine bundesgesetzliche Regelung notwendig. Alles andere, die Einzelfrage, die da sinnloserweise drinstehen, dass die Aufgabe der Hochschulen Forschung und Lehre ist, das hat sich herumgesprochen. Wie die Hochschulen organisiert werden sollen. Das sind alles Fragen, die die Länder regeln können oder, um es noch deutlicher zu sagen, überhaupt keiner Regelung bedürfen, weil sie eigentlich selbstverständlich sind.
Honecker: Ulrich Karpen, Verfassungsrechtler an der Universität Hamburg.
Weitere Infos zum Thema:
Das Buch Hochschulstandort Deutschland wurde von Jörn Kämmerer und Peter Rawert herausgegeben und ist bei Heymanns in Köln erschienen.
Karpen: Nein, keineswegs. Sie haben richtig gesagt, dass es die Sparzwänge sind, die die Bildungspolitiker immer auf neue Ideen bringen. Noch viel schlimmer ist, dass durch das Einführen neuer Rechtsformen, wie etwa der Stiftungsuniversität die Verantwortung für die Öffentlichkeit auf die Hochschulen abgewälzt werden soll. Ich halte das, um es krass zu sagen, für einen Etikettenschwindel. Die Hochschulen brauchen Autonomie, sie sind heute alle budgetiert, das heißt, sie haben Finanzmittel, die sie brauchen und die auch festliegen, auf die sie sich auch verlassen können, aber um das durchzuführen, bedarf es keiner neuen Rechtsform. Die Hochschulen sind traditionellerweise Körperschaften und das reicht völlig aus, um ihnen die Autonomie zu gewähren. Es geht mir darum, dass der Öffentlichkeit nicht weisgemacht wird, dass die Hochschulen jetzt für die Finanznöte selbst verantwortlich sind. Die Hochschulen sind in Deutschland überwiegend staatliche Einrichtungen und der Staat ist als Zahlvater verpflichtet, seine Aufgaben gegenüber den Hochschulen zu erfüllen.
Honecker: Wenn man jetzt über neue Finanzierungsmodelle spricht, wird ja auch häufig von Studiengebühren angefangen. Es scheint ja relativ Konsens zu sein, dass diese Studiengebühren kommen sollen. Wie kann man denn garantieren, dass die auch wirklich den Hochschulen zugute kommen und nicht direkt in die Landeshaushalte einfließen?
Karpen: Das muss gesetzlich geregelt werden. ich bin Ihnen der Meinung, dass eine moderate Selbstfinanzierung möglich ist und auch zumutbar, wenn sozial gerechte Regelungen getroffen werden, dass jemand, der jetzt von zuhause oder durch eigene Arbeit die Mittel nicht erwerben kann, Stipendien erhalten kann. Aber es muss sichergestellt werden, dass eine Hochschule, die besonders viel leistete, die kurz gesagt anderen Hochschulen die Studenten abjagt, dass die das auch behalten darf. Wir haben häufig Beispiele gehabt, dass gut operierende und arbeitende Hochschulen, ich nenne mal das Beispiel der Technischen Universität Hamburg-Harburg, die eine kleine, sehr feine, sehr gute Hochschule ist, über die Jahre mehrere Millionen angespart hat, weil sie gut gewirtschaftet hat und das haben der Finanz- und Wissenschaftssenator das mit einem Strich einkassiert und umverteilt. Das ist natürlich demotivierend in höchstem Maße und deswegen bin ich der Meinung, dass die Hochschulen vielleicht nicht in vollem Umfang, aber doch die Früchte ihrer guten Arbeit selbst auf ihre Konten schreiben müssen.
Honecker: Wie kann man dem Gesetzgeber das schmackhaft machen?
Karpen: Indem man deutlich macht, dass die Hochschulen durch vergrößerte Anstrengung, ich will nicht verkennen, dass sie über die Maßen im Augenblick belastete sind durch die großen Studentenzahlen, vor allen Dingen durch die horrende Unterfinanzierung, aber man könnte das dem Gesetzgeber klarmachen, dass man ihm sagt, wenn ihr euch mehr anstrengt, wenn ihr Studenten besser ausbildet, wenn Ihr dadurch mehr Studenten zum Beispiel aus dem Ausland anzieht, dann können wir unsere Zuschüsse senken, weil ihr selbst erhebliche Eigenleistungen erbringt. Meines Erachtens muss man das klar haushaltsmäßig definieren und muss das im Sinne eines Vertrages mit dem Gesetzgeber ausmachen.
Honecker: Landesregierungen und die Bundesregierung wollen sich in diesem Herbst der Reform des Föderalismus annehmen. Einige Ministerpräsidenten haben kürzlich erst deutlich gemacht, dass sie sich in Hochschulfragen künftig nicht mehr hereinreden lassen wollen. Heißt das, das zumindest (auch) das Hochschulrahmengesetz ein Auslaufmodell ist ?
Karpen: Ganz sicher. Ich bin der Meinung, das Hochschulgesetz ist zu Anfang einmal sinnvoll gewesen, um das Hochschulwesen ein bisschen zusammenzuführen, aber gerade im Hochschulwesen ist Vielfalt notwendig. Viele Blumen sind viel schöner, als ein kahlgeschorener Rasen im Hochschulwesen. Im Hochschulrahmengesetz ist das über die Jahre abgespeckt worden. Es ist im Augenblick eigentlich nur eine einziger Gesichtspunkt, der bundesrechtlich geregelt werden müsste und das ist die Frage des Hochschulzuganges. So lange wir noch Numerus Clausus haben, ist unter der Herrschaft des Artikel 12 des Grundgesetzes Berufs- und Ausbildungsfreiheit eine bundesgesetzliche Regelung notwendig. Alles andere, die Einzelfrage, die da sinnloserweise drinstehen, dass die Aufgabe der Hochschulen Forschung und Lehre ist, das hat sich herumgesprochen. Wie die Hochschulen organisiert werden sollen. Das sind alles Fragen, die die Länder regeln können oder, um es noch deutlicher zu sagen, überhaupt keiner Regelung bedürfen, weil sie eigentlich selbstverständlich sind.
Honecker: Ulrich Karpen, Verfassungsrechtler an der Universität Hamburg.
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Das Buch Hochschulstandort Deutschland wurde von Jörn Kämmerer und Peter Rawert herausgegeben und ist bei Heymanns in Köln erschienen.