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Öffentlich-rechtlicher Rundfunk
Vorwurf der Einseitigkeit

Die Berliner Akademie der Künste lud zur Diskussion über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein, unter der Frage "Qualität über Gebühr - unter Niveau?" Der Zweifel an der Qualität und die Kritik am Programmauftrag gehören ebenso zum stereotypen Lamento wie die Furcht vor Internet und die Flucht jüngerer Medienkonsumenten.

Von Frank Hessenland |
    Auf einem Formular zum neuen Rundfunkbeitrag mit dem Aufdruck "Einfach. Für Alle." liegen Euro-Münzen
    Brisante Fragen, deren Beantwortung vom Podium großteils mit bequemen Floskeln a la "wir sind auf gutem Weg", abgetan. (dpa / Soeren Stache)
    Die Kritik des Publikums am intellektuellen Niveau des 52. Akademiegesprächs zur Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks war gegen Ende der Veranstaltung doch vehement. Vorwürfe von Einseitigkeit, geringer Informationsdichte und zu großer "Kuscheligkeit" standen im Raum.
    "Können wir nächstes Mal eine Diskussion führen, wo nicht nur Staatsbedienstete und Menschen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk reden? Diese zweistündige Diskussion war völlig absurd, weil da ist überhaupt nichts raus gekommen."
    Die Reaktionen des Akademiepräsidenten Klaus Staeck, und des Moderators Volker Bergmeister waren ungewohnt dünnhäutig und sarkastisch:
    "Ich weiß nicht, ob eine Aufgabe der Diskussion immer sein muss, dass immer was raus kommen muss. Wenn Sie wollen können wir oben noch gern reden. Mit Ihnen würde es mir besonders Spaß machen."
    Was war geschehen? Zweieinhalb Stunden wollten Gastgeber Klaus Staeck, der Geschäftsführer des Grimme-Instituts Uwe Kammann, die Programmdirektorin des Bayerischen Rundfunks Bettina Reitz, die Politikerin Jacqueline Kräge und zwei weitere Redakteure auf dem Podium diskutieren, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk der Zukunft aussehen könnte. Das Internet und veränderte Sichtweisen vor allem des jungen Publikums machte Staeck als Hauptbedrohung aus.
    Internet als größte Herausforderung
    "Ich glaube die größte Herausforderung ist wirklich, was das Netz mit sich bringt. Diesen Umstieg zu schaffen wie damals die Konkurrenz zu den Privaten kam. Das ist jetzt wirklich das Neue. Wenn ich die jungen Leute erreichen will, dann doch wirklich nur darüber."
    Programmdirektorin Bettina Reitz gab zu, dass die Programmplanung der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender ihr Publikum tatsächlich mit dem Eintritt ins jugendliche, vorpubertäre Alter verliere.
    "Weil man damals eigentlich einen strukturellen Fehler gemacht hat. Wenn ich an einen Kinderkanal glaube und davon ausgehe, dass der erfolgreich ist, wo gehen die denn dann hin? Weil dass die nicht sofort ins Vollprogramm plumpsen oder gar bei den Dritten landen oder bei Arte, das kann man sich ja überlegen. Und insofern sehe ich solche Fehler auch als systemische an."
    Ins Netz abwandernde Zuschauer
    Der langjährige Geschäftsführer des Grimme-Instituts, Uwe Kammann schlug nun vor angesichts ins Netz abwandernder Zuschauer den Rundfunk als Ganzes umzubauen, das föderale System teilweise aufzulösen und das frei werdende Geld in qualitativ hochwertige Produktionen zu stecken, etwa auf dem Niveau der überragenden dänischen Polit-Serie "Borgen".
    "Das deutsche System ist ja richtig reich. Es ist mit Abstand das reichste System in der Welt. Da kann ich eigentlich sagen. Ich reduziere, ich konzentriere mich. Die dritten Programme haben sich vielleicht alle überlebt, all das was wir jetzt so linear kennen in diesen Gefäßen. Ich sehe im Programm viele Stellen, wo ich denke, da könnte man einsparen, das ist nicht gut eingesetzt das Geld."
    Podium beantwortet Fragen mit Floskeln
    Spätestens an dieser Stelle hätte ein aggressiverer Moderator oder ein im Thema stehender Außenseiter die Punkte benennen müssen, die das Publikum erwartete. Wie kann jenseits von langweiligem lifestreaming öffentlich-rechtliche Qualität ins Netz gebracht werden zu Youtube, netflix, facebook, twitter? Wie kann das öffentliche Fernsehen mit seinen Hunderten Töchtern und Töchters-töchterunternehmen von der Anfälligkeit für Produktplacement, Verschwendung, Korruption reingehalten werden?
    Wie steht das deutsche System im internationalen Rahmen da? Allesamt brisante Fragen, deren Beantwortung vom Podium großteils mit bequemen Floskeln a la "wir sind auf gutem Weg", oder merkwürdigen Thesen wie "der Föderalismus erlaubt keine transparente Rechnungslegung " abgetan wurden. Das reichte dem Akademiepublikum bei aller Liebe zur Qualität einzelner Sendungen von ARD und ZDF nicht aus.
    "Ich bin auch der Meinung, wie alle auf dem Podium, dass exzellente Programme geboten werden. Aber, wir können mal davon ausgehen, dass das am Ende mindestens achteinhalb Milliarden sein werden, die über die Gebührenumstellung da reingeflossen sind und da muss man dann doch mal Fragen stellen. Da ist überhaupt gar nichts gekommen."

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