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Öffentliche Beschwichtigungspolitik

Wieder droht der Fifa ein enormer Imageschaden. Und so hat der Fußball-Weltverband eilig verkündet, seine Ethik-Kommission werde schon am Mittwoch die beiden der Korruption verdächtigen Exekutivmitglieder verhören. In Wirklichkeit wird hier aber nur die übliche öffentliche Beschwichtigungspolitik betrieben.

Von Thomas Kistner | 19.10.2010
    Die Fifa-Vorständler Amos Adamu aus Nigeria und Reynald Temarii aus Tahiti sollen verdeckt recherchierenden britischen Reportern signalisiert haben, ihre Stimmen bei der WM-Vergabe für 2018 und 2022 zu verkaufen. Beide bestreiten die erkennbar korrupte Absicht: Sie hätten das Geld nur in heimische Entwicklungsprojekte stecken wollen. Warum dann private Konten für die Überweisung genannt worden sind, wäre eine der Fragen, die die Fifa-Ethiker nun klären müssen. Aber mit harten Urteilen, gar mit Rauswürfen ist kaum zu rechnen.

    Dem stünden schon die Verbandsstatuten im Wege: Die 24 Mitglieder der Exekutive werden nicht von der Fifa gewählt, sondern von ihren jeweiligen Kontinentalverbänden. Die müssen sie auch abberufen. Damit ist nicht zu rechen, Temarii ist sogar Chef seines Ozeanien-Verbandes. Zu rechnen ist also eher mit einem vorläufigen Entzug des Stimmrechts bei der WM-Vergabe. Und auch die nur provisorisch - kurz vor der Kür ließe sich so ein Verdikt wieder aufheben.

    Zudem findet das Verhör des Duos nur umständehalber statt, die Ethikkommission tagt ohnehin turnusgemäß. Dass sie bei der Bearbeitung der bisherigen Fifa-Skandale stets nur als Dekoration diente, zeigt auch der Umstand, dass sie nicht mal im Juli aktiv wurde: Vor drei Monaten gab ein Schweizer Strafgericht öffentlich bekannt, die Fifa habe zugegeben, dass hohe Funktionäre im Zuge einer anderen Affäre riesige Summen kassiert haben, die für den Verband bestimmt waren. Diese Korruption fand tatsächlich statt, sie ist gerichtskundig, und es ging um Gelder, die direkt der Fifa vorenthalten wurden. Aber: Passiert ist nichts. So wird der Weltverband nun auch seine allzu naiven Drittwelt-Kollegen nur ein wenig bestrafen. Alles andere könnte interne Unruhe schaffen in einem Verband, der mit Korruption ja ständig zu tun hat.