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Öffentliche Demontage

Bereits vor der Hausdurchsuchung beim Postchef Klaus Zumwinkel stand ein Kamerateam bereit, um die Aktion zu dokumentieren. Kurz danach waren alle Medien des Landes informiert. Das legt den Verdacht nahe, ein ganz Großer aus der Wirtschaft soll vorgeführt werden, öffentlich und vor der gesamten Presse.

Von Michael Roehl | 16.02.2008
    Damit kein falscher Eindruck entsteht: Wer Steuern in Millionenhöhe hinterzieht, muss strafrechtlich verfolgt werden und die sprichwörtliche Härte des Gesetzes spüren. Doch was am Donnerstagmorgen vor dem Hause von Postchef Zumwinkel seitens der Staatsanwaltschaft inszeniert wurde, macht stutzig:

    Statt dass die Staatsanwaltschaft, wie es Ihr Recht ist, eine Hausdurchsuchung durchführt, werden zusätzlich reihenweise Journalisten über die bevorstehende Aktion informiert. Schon Stunden vor der eigentlichen Durchsuchung wartet ein Kamerateam vor dem Haus des Post-Chefs, während Zumwinkel - anscheinend nichts ahnend - den Schlaf der Gerechten schläft. Da sollte ein ganz Großer aus der Wirtschaft vorgeführt werden oder böse formuliert fertig gemacht werden, öffentlich und vor der gesamten nationalen und internationalen Presse.

    Damit weiterhin kein falscher Eindruck entsteht: Natürlich musste das Verfahren der Staatsanwaltschaft an die Öffentlichkeit. Eine demokratische Gesellschaft hat ein Anrecht darauf. Doch auch eine Pressekonferenz am Nachmittag hätte ausgereicht, die notwendigen Fakten mitzuteilen. Der Haftbefehl gegen Klaus Zumwinkel hätte allein seine Wirkung gezeigt: Die reichen Steuersünder in Deutschland wären elektrisiert gewesen. Dazu muss man keine Person öffentlich und dann noch in ihrer Privatsphäre den Löwen zum Fraß vorwerfen.

    Und die Journalisten: Haben sie frühzeitig begriffen, dass sie Teil einer staatsanwaltschaftlichen Inszenierung sind? Auch wenn dem einen oder anderen ein Licht aufgegangen wäre: Eine Wahl hatten sie wohl kaum. Zu groß war der Mediendruck auf die Bilder und Reportagen des Tages, die wir alle uns mehr oder weniger genüsslich angeschaut beziehungsweise angehört haben.

    Aber es bleibt ein schaler Beigeschmack und die Erinnerung an die Warnung des großen Hanns Joachim Friedrichs: Mache dich nie mit einer Sache gemein, auch wenn sie noch so gut erscheint.