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Öko-Ferien am Ballermann

Mallorca will weg vom Billig-Image und Qualitätstouristen anziehen. Das sind Menschen, die Wert legen auf Service und nicht zuletzt auf eine intakte Umwelt. Doch der Qualitätstourismus schadet der Umwelt viel mehr als die vielen Billigurlauber, zu diesem Ergebnis ist jedenfalls ein Wissenschaftler aus Bochum gekommen.

Von Klaus Deuse |
    Nach Mallorca zieht es jährlich Millionen deutscher Urlauber, vor allem Pauschaltouristen, die in Betonburgen logieren und am Ballermann abfeiern. Urlauber wie Philipp Stollmann kommen gerade wegen des Trubels auf die Insel.

    "Ich mache ja schon seit 20 Jahren immer Urlaub auf Mallorca. Ich buche da immer günstige Sonderangebote, Last Minute und Vollpension, Schinkenstraße, Ballermann, gutes Essen wie Zuhause. Da muss ich mich auch nicht umstellen. Und da habe ich meinen Spaß. Je mehr Trubel, desto besser. Ruhe hab ich auch Zuhause vor dem Fernseher."

    Von solchen Urlaubern lebte Mallorca lange Jahre ziemlich einträglich. Doch die Balearenregierung setzt inzwischen auf hochwertigen und teuren Qualitätstourismus: auf Golfer, Yachtbesitzer mit eigener Anlegestelle und Zweitwohnungsbesitzer - eine Rechung, die nach Einschätzung des Geologen Professor Thomas Schmitt von der Ruhr-Universität Bochum jedoch nicht aufgeht, zumindest nicht ökologisch, denn der Qualitätstourist verbraucht mehr Fläche und vor allem auf der Insel knappes Wasser.

    "Pro Tourist bringt er mehr in die Kasse, aber bezogen auf die Menge der Touristen muss man nach wie vor sagen, dass das Hauptstandbein nach wie vor der Massentourismus auf der Insel ist."

    Seit Anfang der 90er Jahre hat Geologe Schmitt die Veränderungen wissenschaftlich festgehalten. Die Anzahl der Golfplätze hat sich in dieser Zeit auf mehr als 20 verdoppelt. Und um die in beispielhaftem Zustand zu halten, fließt reichlich Wasser. Professor Schmitt:

    "Der Wasserverbrauch eines Golfplatzes an einem Bewässerungstag liegt etwa so hoch wie das, was ein Ort mit 8000 Einwohnern verbraucht."

    Ein Aufwand, der sich im Prinzip nicht vertreten lässt, beläuft sich der Anteil des Golftourismus an der Wirtschaftsbilanz gerade einmal auf knappe zwei Prozent. Ein Dorn im ökologischen Auge ist Professor Schmitt auch der nautische Tourismus. Für den Ausbau von Yachthäfen, um finanziell potente Urlauber anzulocken, werden Kaianlagen und Molen immer weiter ins Meer gebaut. Doch das Meer schlägt langfristig zurück.

    "Dann kann es dazu kommen, dass an Stellen, wo ursprünglich noch Sand abgelagert wurde, heute Sand abgetragen wird. Und sehr viele Strände Mallorcas leiden darunter, dass Abtrag, Erosion stattfindet."

    Qualitätstourismus schade der Insel weit mehr als der Massentourismus, insbesondere durch die steigende Zahl von Zweitwohnungen.

    "Der Flächenverbrauch durch Zweitwohnungen, die doch vielfach sehr üppig angelegt sind, ist enorm hoch. Die Zweitwohnsitze sind damit verbunden, dass das Gros eine Poolanlage hat, dass da meistens eine Grünanlage mit verbunden ist. Und das muss bewässert werden. Also was Flächenverbrauch betrifft und was Wasserverbrauch betrifft, muss man sagen, dass Zweitwohnsitze doch äußerst negativ zu beurteilen sind."

    Im vom Geologen Schmitt im Südosten der Insel akribisch untersuchten Areal um Santa Ponza beispielsweise fielen dem Zweitwohnsitzausbau gut 80 Prozent der Kiefernwälder zum Opfer. Dessen Kritik mögen deutsche Immobilienerwerber wie der Architekt Peter Thomessen nicht teilen:

    "Qualitätstourismus im Inland ist so unterschiedlich zu dem, was an der Küste klischeehaft abläuft, wenn man sich im Landesinneren ein verfallenes altes Haus restauriert und dort sich seine kleine Finca aufbaut, die Gartenanlage dort wieder so instand setzt,, das alles dem Urlaubsbestreben entspricht, dann find ich es schon etwas merkwürdig, wenn man als ökologischer Sünder dargestellt wird. Und im Übrigen glaube ich, dass wir die Kostbarkeiten dieses Landes vielleicht auch an den Stellen nutzen dürfen, wo sonst niemand ist."

    Geologe Schmitt sieht das ganz anders. Vor allem im Hinblick auf den Wasserverbrauch unter den absehbaren klimatischen Veränderungen.

    "Man muss auch sicherlich den für den Mittelmeerraum doch sehr stark prognostizierten Klimawandel im Auge haben, das wir dort geringere Niederschläge in der Zukunft haben werden, was die Situation sicherlich weiter verstärken wird."

    Denn schon heute ist auf Mallorca das Grundwasser stark mit Salzwasser durchsetzt, und zwar in einer Größenordnung, die deutlich über dem von der Weltgesundheitsorganisation angegebenen Risikowert liegt. Insofern plädiert der Geologe für den Fortbestand, ohne Ausbau, des Ballermanntourismus für viele, und eine Begrenzung des Qualitätstourismus für wenige.