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Öko-Spargel als Klima-Killer?

Wegen der zunehmenden Nachfrage nach Bio-Produkten werden längst schon Chemie-freie Äpfel und Kartoffeln eingeflogen - mit einer verheerenden CO2-Bilanz. In Großbritannien ist nun eine Diskussion darüber entstanden, ob Lebensmittel aus Übersee überhaupt noch das Bio-Siegel verdienen.

Von Martin Zagatta |
    Die Heidelbeeren aus Neuseeland und der Spargel aus Thailand tragen nicht nur den Organic-Aufdruck, das britische Biosiegel, sondern auch einen kreisrunden gelben Aufkleber, auf dem ein Flugzeug abgebildet ist. So macht die Supermarktkette Tesco deutlich, dass diese Produkte per Luftfracht angeliefert werden. Mit dieser Kennzeichnung hat der Marktführer im Königreich schon vor Wochen auf Forderungen reagiert, Obst und Gemüse das Ökosiegel zu verweigern , wenn es über zig-tausend Kilometer eingeflogen wird. Ein mögliches Verbot - das die Öko-Branche auf der Insel nun ganz offiziell auf ihre Tagesordnung gesetzt hat.

    "Bei unserer Umfrage geht es darum, ob der Transport per Flugzeug berücksichtigt werden soll bei der Vergabe der Öko-Siegel. Das könnte bedeuten, den Lufttransport kenntlich zu machen oder ihn teilweise oder ganz zu verbieten", so Anna Bradley, die Vorsitzende der Soil Association. Der Branchenverband, der sich für ökologische Landwirtschaft einsetzt und für die Bio-Siegel auf der Insel zuständig ist, hat Erzeuger, den Handel und Kunden aufgefordert, Vorschläge zu unterbreiten. Der Lebensmitteltransport per Flugzeug belaste die Umwelt etwa 80mal stärker als der per Schiff. Als Luftfracht eingeführtes Bio-Gemüse ist nach Angaben der Soil Association mengenmäßig relativ unbedeutend, aber für immerhin elf Prozent der Kohlendioxidemissionen verantwortlich, die durch britische Lebensmitteltransporte entstehen - ausgerechnet Bio-Gemüse damit also auch ein Klimakiller.

    Spargel sei ein gutes Beispiel. Der Öko-Spargel werde den weiten Weg aus Thailand angeliefert, klagt Richard Jacobs von der Vereinigung der britischen Öko-Bauern. Solcher Spargel könnte auf der Insel auch angebaut werden. Er wäre aufgrund der höheren Arbeitslöhne aber nur wettbewerbsfähig, wenn die so genannten "Food Miles", die Umweltverschmutzung, die der Transport anrichtet, in den Preis eingerechnet würden. Ob dem Luftfracht-Gemüse nun das Ökosiegel entzogen wird, ob der Lebensmitteltransport per Flugzeug in den Emissionshandel einbezogen werden soll oder ob man es bei einer Kennzeichnung für den Verbraucher belassen soll, darüber will die "Soil Association" bald schon entscheiden. Für manche Entwicklungsländer, so gibt sie in ihrem Positionspaper aber auch zu bedenken, sei der Flugzeugtransport die einzige Möglichkeit, überhaupt Zugang zu den europäischen Märkten zu finden.

    "Manche nutzen den Lufttransport für einen guten Zweck, um zum Beispiel sicher zu stellen, dass die Erzeuger einen besseren Preis bekommen, und das müssen wir auch berücksichtigen, bevor wir Maßnahmen ergreifen", meint die Verbandschefin Anna Bradley. Den Lufttransport für Lebensmittel mit Biosiegel zu verbieten, könnte auch für so manche Fairtrade-Produkte das Aus bedeuten. Andererseits - so die "Soil Association" könne nur ein solches Verbot deutlich machen, dass ökologische Nahrungsmittelerzeugung und Flugzeugtransport unvereinbar seien. Das eingeflogene Gemüse zu kennzeichnen, reiche dafür nicht aus. Setzt sich diese Ansicht durch, dürften die Aufkleber mit den kleinen Flugzeugen bald schon verschwinden.