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Ökolandbau
Bienen zeigen naturnahe Landwirtschaftsflächen

Biologie. - Die EU gibt jährlich Millionen von Euro für sogenannte Agrar-Umweltprogramme aus. Es geht darum, Bauern Zuschüsse zu zahlen, wenn sie ihr Land nach bestimmten ökologischen Vorgaben bewirtschaften, um beispielsweise seltenen Insekten- oder Vogelarten das Überleben zu sichern. Inwiefern diese Programme tatsächlich wie gewünscht wirken, lässt sich bisher allerdings nur kaum flächendeckend prüfen. Britische Forscher haben jetzt ein einfaches Monitoringverfahren entwickelt. Sie setzen auf die Hilfe von Honigbienen.

Von Lucian Haas | 23.05.2014
    Eine Honigwabe mit Arbeitsbienen
    Bienen kommunizieren per Tanz mit ihren Artgenossen. (picture-alliance/ ZB)
    Für die britische Insektenforscherin Margaret Couvillon von der University of Sussex sind Honigbienen perfekte Indikatoren für die ökologische Qualität einer Landschaft.
    "Die Bienen zeigen uns, welche Teile der Landschaft noch besonders naturnah sind. Denn überall dort, wohin die Bienen gerne fliegen, suchen auch viele andere Insekten wie Hummeln oder Schmetterlinge nach Futter. Und wo viele Insekten sind, wird es vermutlich auch viele Vögel geben, die sich von den Insekten ernähren. Es gibt also eine ganze Reihe von Organismen, die sich dort aufhalten, wo die Bienen sind. Aber im Gegensatz zu allen anderen, kann uns die Biene erzählen, wo sie ihr Futter gesammelt hat.
    Wenn Bienen von Futtersammelflügen in ihren Stock zurückkehren, vollführen sie einen sogenannten Schwänzeltanz. Damit weisen sie anderen Bienen den Weg zum gefundenen Futterplatz.
    "Die Bienen tanzen in Achterschleifen. Durch die Ausrichtung und Dauer des Tanzes geben sie zwei Informationen weiter: Die Himmelsrichtung und die Entfernung der Futterstelle. Daraus kann man ableiten, wo die Biene ihr Futter gesammelt hat."
    Margaret Couvillon und Kollegen hielten an einem ländlichen Standort nördlich von Brighton drei Bienenvölker. Über zwei Jahre hinweg filmten sie in den Stöcken knapp 5500 Schwänzeltänze und analysierten diese. So konnten sie ermitteln, welche Regionen im Umfeld nicht nur während kurzer Blühperioden, sondern wiederkehrend über die gesamte Zeit hinweg besonders häufig und welche eher selten von den Bienen besucht wurden.
    "Weil wir Tausende dieser Schwänzeltänze anschauten, konnten wir uns ein genaues Bild davon machen, was die Bienen bevorzugen. Überträgt man die Informationen der Tänze auf eine Karte, werden Hotspots erkennbar. Die Bienen zeigen uns die sehr vorteilhaften Landschaftsteile."
    Genauso werden anhand der Daten Regionen erkennbar, die für die Bienen vergleichsweise nutzlos sind. Da die Bienen eines Volkes bis zu vier Kilometer und mehr in alle Richtungen nach Futter suchen, lieferte die Studie Daten über fast 100 Quadratkilometer. Für diese Fläche konnten die Forscher den Bienenflug mit der Art der Bewirtschaftung der verschiedenen Landschaftsteile in Beziehung setzen. So zeigte sich, dass die Bienen Siedlungen eher meiden und eindeutig eine Gegend bevorzugen, die seit Jahrzehnten als Naturschutzgebiet ausgewiesen ist. Doch es gab auch Überraschungen.
    "Die Bienen hatten eine negative Präferenz für bestimmte Flächen des Biolandbaus. Normalerweise verknüpfen wir das Wort Bio mit umweltfreundlichen Praktiken. Aber es könnte sein, dass manche der Bewirtschaftungsregeln des Biolandbaus nicht besonders vorteilhaft für die Bienen sind."
    Margaret Couvillon vermutet, dass zum Beispiel das häufigere Mähen von Wiesen, mit dem Bio-Bauern lästige Unkräuter auch ohne Herbizide zu unterdrücken versuchen, die Bienen fernhalten könnte. Interessant sind solche Ergebnisse für die EU. Sie zahlt Bauern über Agrar-Umweltprogramme Millionen Euro an Zuschüssen, damit sie umweltfreundlichere Wirtschaftsweisen anwenden. Doch ob diese Programme wie erhofft wirken, ist bisher in der Fläche kaum zu überprüfen.
    "Die Honigbiene könnte für die EU sehr nützlich sein. Es wäre nahezu unmöglich, Informationen über Flächen von 100 Quadratkilometern auf andere Weise zu erheben, wenn man etwa das Monitoring zu Fuß erledigen müsste. Die Bienen könnten ein sehr kosteneffizienter Weg sein, um zu ermitteln, welche Gebiete für Insekten und andere Tieren besonders vorteilhaft sind.
    Margaret Couvillon hofft, dass das Bienentanzmonitoring künftig auch an anderen Standorten zum Einsatz kommt. So ließe sich besser erkennen, welche der Agrar-Umweltprogramme tatsächlich nützlich sind, oder doch nur fehl-investiertes Geld.