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Ökolandwirtschaft
Leipzigs Weg zu sauberem Trinkwasser

Um das Trinkwasser in Leipzig stand es in den Neunzigerjahren durch die lange Jahre davor betriebene konventionelle Intensivlandwirtschaft nicht gut. Durch eine Umstellung auf ökologischen Landbau konnten die Nitratwerte in den vergangenen Jahren aber wieder gesenkt werden. Das Konzept hat inzwischen Modellcharakter.

Von Jens Falkowski | 27.12.2016
    Panorama Leipzigs von der Ausssichtsplattform City-Hochhaus in Leipzig, Sachsen.
    Die wachsende Stadt Leipzig braucht sauberes Trinkwasser. (imago / Schöning)
    Es ist Winterruhe eingekehrt auf den Feldern des Wasserguts Canitz. Die Kühe stehen im Stall und ein einsamer Traktor zieht seine Kreise. Hier, etwa 20 Kilometer vor den Toren der Stadt Leipzig, steht Bernhard Wagner zwischen den Feldern des Gutes.
    "Wir stehen hier zentral auf den Flächen, die wir bewirtschaften zwischen Wasewitz und Canitz östlich der Mulde. Es ist die Schutzzone 3, wo wir hier stehen."
    Das Besondere: Die Flächen hier werden seit gut 24 Jahren ökologisch bewirtschaftet. In den Schutzzonen 1 und 2 wird sogar auf jegliche Düngung verzichtet.
    Trinkwasser soll frei von Nitrat sein
    "Wir haben hier drei Schutzzonen, Schutzzone 1, wo die Brunnenfassungen stehen, Schutzzone 2 und Schutzzone 3. Wir haben hier ein Feld vor uns, circa 20 Hektar groß, wo im kommenden Jahr Luzerne angebaut wird."
    Ziel ist es, das Leipziger Trinkwasser frei von Nitrat zu halten. Bernhard Wagner und seine Mitarbeiter wollen damit auch die Düngereinträge ihrer konventionellen Nachbarn ausgleichen, denn nur ein Fünftel des Wassereinzugsgebietes wird durch das Wassergut bewirtschaftet.
    "Wir versuchen, den Stickstoffgehalt zu limitieren, fast zu nullen, soweit uns das gelingt. Dass wir dann mit dem Wasser, was aus dem Hinterland kommt, was unter Flächen entsteht, die konventionell bewirtschaftet werden, dass wir dort noch als Verdünnungseffekt wirken. Insofern sind das in diesem Gebiet hier rund 20 Prozent, die wir direkt bewirtschaften."
    Technische Bearbeitung des Wassers überflüssig machen
    Dabei fußt die Möglichkeit, hier ökologisch zu wirtschaften, auf einer Entscheidung der Stadt Leipzig, die bereits 1907 die Flächen kaufte. Trotzdem war das Trinkwasser der Stadt Anfang der Neunzigerjahre in Gefahr, aufgrund der davor betriebenen konventionellen Intensivlandwirtschaft. Ulrich Meyer, Geschäftsführer der Leipziger Wasserwerke:
    "Man stand nach der Wende vor der Situation, das man schon recht hohe Nitratwerte um die 40 mg pro Liter vorgefunden hatte und hat sich dann entschieden, dort umzustellen auf Ökolandbau mit einem sehr, sehr hohen Standard mit dem Ziel, die Nitratbelastung des Grundwassers zu senken und damit eine technische Bearbeitung des Wassers überflüssig zu machen."
    Dass die Nitratbelastung deutlich zurückgegangen ist, bestätigen die wissenschaftlichen Begleitforscher der Universität Halle-Wittenberg. Für die Wasserwerker um Ulrich Meyer bleibt somit eine aufwendige Reinigung erspart.
    "Wir müssten in den Wasserwerken zusätzliche Aufbereitungsstufen installieren. Man spricht dort von einer Denitrifikationsstufe. Da gibt es verschiedene Verfahren, die sich alle dadurch auszeichnen, dass sie investiv sehr teuer sind, dass sie sehr viel Energie verbrauchen, dass auch Reststoffe, Konzentrate anfallen, die man entsorgen muss. Das Ganze würde dazu führen, dass sich der Trinkwasserpreis deutlich verteuern würde."
    Nachfrage für ökologische Produkte steigt
    Trotz des Erfolges durch die ökologische Bewirtschaftung stand die Zukunft des Gutes auf der Kippe. Vor drei Jahren brauchte die Stadt Leipzig dringend zusätzliches Geld und so stand auch das Wassergut zur Disposition. Ein Gutachten rettete es vor dem Verkauf und schützt es auch zukünftig, davon ist Ulrich Meyer überzeugt.
    "Man ist zu dem Entschluss gekommen, dass das eine vorausschauende Technologie ist - eben nur durch die Landwirtschaft - und zur Wasserversorgung ein Stück dazugehört. Deswegen gehört es zum Kerngeschäft, und ich sehe es in absehbarer Zeit nicht, dass irgendeine Diskussion kommt, dass wir das nicht mehr so weiterführen, weil es auch mittlerweile Vorbildcharakter in der Republik hat."
    So möchte auch Bernhard Wagner nicht nur weiter ökologisch wirtschaften, sondern auch seine Nachbarn davon überzeugen. Gerade die wachsende Stadt Leipzig sieht er dafür als gutes Argument.
    "Die Nachfrage für ökologische Produkte steigt. Da sehe ich ganz klar eine Chance für uns und die Nachbarbetriebe, dort langfristig Produkte in den Markt zu bringen."
    Beim Wassergut Canitz funktioniert die Vermarktung schon seit Jahren. So landen die Bio-Kartoffeln und Bio-Zwiebeln bundesweit in den Supermarktregalen. Die Gesellschaft erwirtschaftet dadurch einen Gewinn.