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Ökologisch sinnvoll - mit Vorbehalt

Nachwachsende Rohstoffe haben ein großes Potenzial in der Erzeugung von Wärme und Strom, wenn sie entsprechend angebaut werden. Doch dieser Anbau verschlingt selbst Energie. Naturschützer befürchten, dass die Umwelt davon nicht nur profitieren wird. Der Naturschutzbund NABU hat sich in Berlin zum Nebeneinander von Natur und Energiepflanzen geäußert.

Von Markus Rimmele |
    Zunächst sagt der Naturschutzbund Deutschland NABU das, was man von ihm erwartet. Nachwachsende Rohstoffe sind ökologisch wichtig, und ihre Nutzung muss verstärkt werden. Nur so können wir fossile Energieträger ersetzen und das Klima schützen. Florian Schöne, der Referent für Agrarpolitik des NABU:

    "Wir sagen zunächst mal, wir brauchen die nachwachsenden Rohstoffe, und zwar in allen Bereichen. Vom stofflichen Bereich, also Verpackung zum Beispiel bis in die Autoindustrie kann man nachwachsende Rohstoffe verwenden, über den Strom- und Wärmebereich, das kommt ja jetzt sehr stark, der Strombereich, bis in die Biokraftstoffe. Wir müssen auf allen Kanälen hier wirklich den Bereich nachwachsende Rohstoffe stärken. "

    Und den Anteil der Biomasse am Primärenergieverbrauch deutlich erhöhen. Zur Zeit liegt der nämlich bei mageren ein bis zwei Prozent. Der NABU glaubt, dass bis zum Jahr 2030 etwa 16 Prozent des Stroms, zehn Prozent der Wärme und zwölf Prozent des PKW-Treibstoffs von der Biomasse stammen könnten. Dafür müsste bis dahin etwa ein Zehntel der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche in Deutschland für den Anbau von Energiepflanzen genutzt werden.

    Erste Schritte sind schon zu verzeichnen. So boomt der Markt etwa für Biodiesel. Auch die Produktion von Biogas wächst schnell. Doch genau hier endet die Euphorie der Naturschützer. Denn beides hängt stark an den Nutzpflanzen Raps und Mais. Der NABU befürchtet Monokulturen, den Verlust biologischer Vielfalt und den großflächigen Einzug gentechnisch veränderter Pflanzen auf den deutschen Äckern und fordert:

    "Keine Energiewende auf Kosten der Agrarwende. Das heißt, wir müssen die ökologischen Rahmenbedingungen dabei nicht außer Acht lassen. Das heißt, wir dürfen nicht den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. Und vor dem Hintergrund sagen wir natürlich, das muss ein naturverträglicher Anbau von nachwachsenden Rohstoffen sein. Und das sind Rahmenbedingungen, die zunächst mal einer verschärften Intensivierung so ein bisschen die Spitze nehmen. Und vor dem Hintergrund: Ja zu nachwachsenden Rohstoffen, auch in der Fläche wirklich einen ganz deutlichen Schub, aber, wie gesagt, unter ökologischen Rahmenbedingungen, was natürlich den Boom ein bisschen abbremst. "

    Ob es ökologisch sinnvoll ist, Energiepflanzen anzubauen oder nicht, hängt auch, so der NABU, davon ab, was sich vorher auf der Anbaufläche befand. Wird eine herkömmliche Ackerkultur durch Energiepflanzen ersetzt, sei das sinnvoll. Extensives Grünland jedoch mit seiner biologischen Vielfalt umzuwandeln, sei negativ zu bewerten. Und dann kommt es auch immer noch darauf an, wie und was angebaut wird. Beispiel Mais:

    "Mais, wenn er intensiv angebaut wird, verträgt sehr viel Gülle. Also wir haben auch dort wieder die Gefahr, dass es zu einer Überdüngung der Standorte kommt. Mais ist ökologisch völlig wertlos und hat häufig noch ein Erosionsproblem, hat eine hohe Pestizidbelastung in der Regel zur Folge. Vor dem Hintergrund ist die Ausrichtung auf Mais von Biogasanlagen aus Sicht des Naturschutzes sehr kritisch zu betrachten. "

    Deshalb plädiert Florian Schöne für den verstärkten Anbau von Mischkulturen, zum Beispiel einem Sonnenblumen-Lupinen-Gemenge, oder mehrjährigen Kulturen wie etwa Schilfgras. Gleichzeitig sollte der Blick auch nicht auf den schon bestehenden Anbauflächen haften bleiben. So könnten auf Brachen oder an Wegrändern in Zukunft Energiepflanzen wachsen.

    Die Naturschützer fordern außerdem, dass bei den nachwachsenden Rohstoffen die Prinzipien des ökologischen Landbaus eingehalten werden. Das Spektrum der angebauten Pflanzen müsse zudem vielfältiger werden, die Bioenergie-forschung mehr Geld erhalten. Und die Landwirte sollen stärker von den Erträgen profitieren als bisher. Das heißt, durch dezentrale Verarbeitungsanlagen auf dem Land soll nicht nur die Großindustrie verdienen, sondern der ländliche Raum gestärkt werden.

    Nachwachsende Rohstoffe unbedingt, aber immer unter der Prämisse der Nachhaltigkeit, so die Haltung des NABU.