Archiv


Ökologisches Pilgergeschirr

Bis zu 800.000 Besucher werden zum Weltjugendtag in Köln erwartet. Wer sich offiziell als Pilger anmeldet, wird ab dem 16. August, knapp eine Woche lang, mit Essbarem versorgt – und mit Geschirr und Besteck. Letzteres ist zwar nicht essbar, dafür aber aus nachwachsenden Rohstoffen und voll biologisch abbaubar.

Von Anne Preger |
    Es ist ländlich in Dorsten am südlichen Rand des Münsterlands. Umgeben von Maisfeldern steht ein Bauernhof. Dort produziert die Firma Loick Waren aus nachwachsenden Rohstoffen. Die Firma liefert alles, was die Pilger auf dem Weltjugendtag für eine Mahlzeit brauchen: Von Becher, Teller und Schale bis hin zu Besteck und Serviette.

    Das Besondere an diesem Geschirr: Seine Bestandteile sind auf Feldern und in Wäldern gewachsen und nicht aus Erdöl hergestellt wie normales Plastikgeschirr. Nur auf den ersten Blick kann man das Pilgergeschirr mit anderem Einweggeschirr verwechseln, wie Firmeninhaber Hubert Loick erklärt:

    "Wir haben sehr viel Wert darauf gelegt, dass man diese Produkte erkennen kann, nicht nur allein durch den Aufdruck "compost it", den Sie auf jeder Gabel und jedem Messer finden können, sondern auch auf den Trinkbechern steht überall drauf biologisch abbaubar."

    Das Besteck bricht nicht so leicht wie normales Plastikbesteck und ist eingefärbt in den Farben des Weltjugendtages: Rot, blau und gelb. Die Teller sehen eigentlich aus wie gewöhnliche Pappteller, nur die Beschichtung aus biologisch abbaubarer Maisstärke glänzt nicht so wie der sonst übliche Plastiküberzug. Biologisch abbaubar - das passt zur Umwelterklärung des Weltjugendtages. Seine Organisatoren wollen Nachhaltigkeit fördern.

    Möglichst wenige Ressourcen sollen also verbraucht werden, damit auch kommende Generationen ihren Bedarf decken können. Dazu gehört auch, dass die Transportwege einer Ware so kurz wie möglich sein sollten. Im Kölner Umland einzukaufen, ging nicht immer, wie Niels Törkel von der Sodexho-Weltjugendtagcatering GmbH erklärt. Er ist zuständig für die Verpflegung der Pilger:

    "Wir haben sehr viel und sehr häufig versucht, direkt auch die Region mit einzubeziehen in die Zulieferung. In einigen Bereichen war es einfach überhaupt nicht anders machbar als auf Zulieferer zuzugreifen, die sich auf internationale Zuarbeit verlassen."

    Die Pappbecher werden in Italien hergestellt – mit Zellulose aus finnischen Wäldern. Teller und Schalen kommen aus China: Bambus, Zuckerrohr und Chinaschilf liefern dafür die Zutaten. Immerhin das Besteck kommt aus deutschen Landen. Die Rohstoffe stammen teilweise von den Dorstener Maisfeldern und werden in Mecklenburg-Vorpommern verarbeitet. Ein weiterer Pluspunkt des Bestecks: Im Gegensatz zum Geschirr können Messer, Gabel und Löffel mehrmals verwendet werden. Trotzdem werden enorme Mengen benötigt, und das ist auch ein Grund, warum es schwierig ist, den Bedarf der Pilger aus der Region zu decken:

    "Der Aspekt der Nachhaltigkeit, und das haben wir in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder feststellen müssen, findet seine Grenzen an den Dimensionen."

    1 Million Besteck-Sets, 2 Millionen Pappbecher und je 6 Millionen Teller, Schalen und Servietten. Eine doppelte Herausforderung: Herstellung und Entsorgung. 100 Tonnen Geschirr und Besteck werden an den sechs Tagen in Köln vorrausichtlich verbraucht. Es gibt viele Möglichkeiten, diesen Müll zu entsorgen. Hubert Loick sagt, für welche Alternative sich seine Firma entschieden hat:

    "Unsere Produkte sind entweder kompostierbar und so wieder in den Kreislauf zurückzubringen oder energetisch verwertbar. Den Bereich, den wir ganz klar favorisieren, sind auch Biogasanlagen. Hier ist es sehr wichtig, dass das Material sauber sortiert wird. Es wird gebrochen, so dass eine sehr große Oberfläche entsteht und an diesen Bruchkanten setzen sich Bakterien, die dieses Geschirr auffressen."

    Dabei entsteht Biogas, das zur Stromerzeugung genutzt wird. Der Dünger, der dabei übrig bleibt, kann die Firma Loick für ihre Felder in Dorsten nutzen. Wie viele Pilger-Gabeln aus Maisstärke tatsächlich auf diese Weise auf die heimischen Felder zurückkehren, ist unklar: Denn Müll entsteht bei Pilger-Mahlzeiten an Hunderten von Orten, und die Müllsortierung wird nicht immer ganz einfach sein. Selbst wenn das Geschirr in der Müllverbrennungsanlage landet, muss das für die ökologische Bilanz nicht katastrophal sein. Hauptsache ist, dass bei der Verbrennung Strom erzeugt wird, so wie in der Biogasanlage auch.

    Dass Geschirr und Besteck biologisch abbaubar sein sollten, stand schon in der Ausschreibung. Aber auch finanzielle Aspekte waren wichtig bei der Vergabe des Auftrags, wie Niels Törkel erläutert:

    "Bei dem Volumen, das hier eingekauft werden muss, und bei dem Veranstalter muss man letztendlich natürlich auch den Preis in gewisser Weise berücksichtigen."

    Der Preis der Firma Loick stimmte offenbar – nicht zuletzt deshalb, weil das Bundesverbraucherschutzministerium die Firma mit 30.000 Euro unterstützt hat. Deshalb findet sich auch das Logo des Ministeriums auf den Pilger-Pappbechern. Mit Geschirr und Besteck aus nachwachsenden Rohstoffen wollen die Organisatoren des Weltjugendtages ein Zeichen für eine nachhaltige Entwicklung setzen. Ob es aber mehr als das sein wird, ist fraglich. Mehrweg-Besteck aus deutschen Landen spart zwar Benzin und Müll. Aber Teller, Schalen und Becher sind teilweise von weiter her angereist als die meisten Pilger.