Friedbert Meurer: Selten ist eine Sitzung der EZB so mit Spannung erwartet worden wie gestern. Mario Draghi, der Präsident, hatte Tage vorher in Aussicht gestellt, er wolle alles tun, um den Euro zu retten. Das war an der Börse als ein klarer Hinweis verstanden worden: Die EZB in Frankfurt wird wieder Milliarden ausgeben und Staatsanleihen von angeschlagenen Euroländern aufkaufen. Gestern aber folgten der Ankündigung doch noch keine Taten: Die EZB will Staatsanleihen zwar kaufen, aber nicht sofort und auch nur unter Bedingungen. Mein Kollege Gerd Breker hat gestern Abend Christian Dreger vom Deutschen Institut der Wirtschaft gefragt, vom DIW, ob also auch die EZB über keinen Masterplan verfügt, um die Krise zu lösen.
Christian Dreger: Zunächst einmal spiegelt es wider eine gewisse Unsicherheit, im Moment selbst bei der Zentralbank. Es gibt natürlich auch eine politische Unsicherheit im Euroraum. Die Länder sind eben auch in unterschiedlicher Weise aufgestellt, die EZB ist im Moment auch am diskutieren, wie sie die Funktionsfähigkeit der monetären Transmissionen wieder am besten herstellt. Bestätigt wurde von Draghi, dass die EZB dann solche Pläne entwickelt, jetzt wieder Anleihen notleidender Länder aufzukaufen, um deren Zinsbelastung zu senken. Das hat man bereits vorher gemacht. Insofern ist das eigentlich jetzt eine Fortsetzung eines früheren Kurses, aber es scheint jetzt zumindest auch eine größere Bereitschaft der EZB auch zu bestehen, dies dann tatsächlich umzusetzen.
Gerd Breker: Sie sagen es, Herr Dreger: Das einzige Mittel bleibt der Ankauf von Staatsanleihen. Das ist allerdings umstritten, denn die Europäische Zentralbank tut, was sie eigentlich nicht tun darf: Sie finanziert Krisenstaaten.
Dreger: Na ja, nicht direkt. Also die EZB würde natürlich diese Staatsanleihen nur an den Sekundärmärkten kaufen, das ist dann praktisch im Rahmen ihrer monetären Operationen, die sie sonst auch durchführt. Also insofern ist es eigentlich nichts Neues. Die Wertpapiere werden am Markt gehandelt. Es ist nicht so, dass die einzelnen Staaten hingehen, irgendwelche Papiere ausgeben und die dann gleich der EZB verkaufen.
Breker: Draghi hat angekündigt, dass der künftige ständige Rettungsschirm Staatsanleihen kaufen soll und das in Zusammenarbeit mit der Europäischen Zentralbank. Das ist doch aber so etwas wie eine Vergemeinschaftung der Schulden.
Dreger: Sicher, der ESM, EFSF, wenn er denn involviert ist über eine Banklizenz, der würde dann natürlich auch von allen Euroländern letztendlich gedeckt. Aber noch mal: Wir haben derzeit eine ernste Krise in der Eurozone, wir müssen überlegen, wie wir die Schuldenkrise jetzt lösen, und da haben wir natürlich die Ausrichtung, dass es zunächst mal darum geht, die Staatshaushalte dann in Ordnung zu bringen, strukturelle Reformen umzusetzen, nicht nur in den Defizitländern, aber da eben ganz besonders. Der Nachteil ist eben, dass diese Strategien erst langfristig wirken und dass es auch erst dauern wird, um die Ziele zu erreichen. Und dann habe ich halt einen langfristigen, einen länger andauernden Anpassungspfad, und dort muss ich dann eben gucken, wie ich den absichere, und ich kann den dann glaubwürdiger einfach gestalten, wenn ich auf diesem Anpassungspfad die Zinsbelastung für die Schuldnerländer senke. Und da ist, denke ich mal, das Engagement der EZB ein geeigneter Weg, dies zu erreichen. Andere Alternativen sind natürlich auch denkbar.
Breker: Welche Alternativen?
Dreger: Na ja, die EZB ist zunächst mal das Eine, die Kombination zwischen EZB und dann dieser Finanzierungsfazilität EFSF, ESM, das wäre eine Alternative. Es geht auch darum, jetzt direkte Wachstumsimpulse beispielsweise in den notleidenden Ländern zu setzen, das wäre halt dann eine konzertierte Aktion, an der die ganzen Länder im Euroraum beteiligt sind. Es ist dann keine Geldpolitik, sondern eher, wenn Sie so wollen, Fiskalpolitik.
Breker: Und die Zusammenarbeit zwischen den Rettungsschirmen und der Europäischen Zentralbank wäre auch eine Möglichkeit, die Grenzen nach oben offen zu halten.
Dreger: Der EFSF und auch der ESM sind ja 2010 konzipiert worden unter der Annahme, dass die Schuldenkrise in den Peripherieländern bleibt, das ist also Griechenland, Portugal und Spanien. Wenn diese Annahme zugetroffen hätte, dann könnte man noch über das Niveau dieser Rettungsschirme diskutieren. Also da wird es wohl so sein, dass das Volumen dann ausreichend wäre. Aber die Krise ist eben nun nicht in den Peripherieländern gewesen, spätestens Mitte 2011 war ja dann auch Italien infiziert, und wir müssen ja auch aufpassen: Eventuell kommen da noch andere Länder mit in den Strudel.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Christian Dreger: Zunächst einmal spiegelt es wider eine gewisse Unsicherheit, im Moment selbst bei der Zentralbank. Es gibt natürlich auch eine politische Unsicherheit im Euroraum. Die Länder sind eben auch in unterschiedlicher Weise aufgestellt, die EZB ist im Moment auch am diskutieren, wie sie die Funktionsfähigkeit der monetären Transmissionen wieder am besten herstellt. Bestätigt wurde von Draghi, dass die EZB dann solche Pläne entwickelt, jetzt wieder Anleihen notleidender Länder aufzukaufen, um deren Zinsbelastung zu senken. Das hat man bereits vorher gemacht. Insofern ist das eigentlich jetzt eine Fortsetzung eines früheren Kurses, aber es scheint jetzt zumindest auch eine größere Bereitschaft der EZB auch zu bestehen, dies dann tatsächlich umzusetzen.
Gerd Breker: Sie sagen es, Herr Dreger: Das einzige Mittel bleibt der Ankauf von Staatsanleihen. Das ist allerdings umstritten, denn die Europäische Zentralbank tut, was sie eigentlich nicht tun darf: Sie finanziert Krisenstaaten.
Dreger: Na ja, nicht direkt. Also die EZB würde natürlich diese Staatsanleihen nur an den Sekundärmärkten kaufen, das ist dann praktisch im Rahmen ihrer monetären Operationen, die sie sonst auch durchführt. Also insofern ist es eigentlich nichts Neues. Die Wertpapiere werden am Markt gehandelt. Es ist nicht so, dass die einzelnen Staaten hingehen, irgendwelche Papiere ausgeben und die dann gleich der EZB verkaufen.
Breker: Draghi hat angekündigt, dass der künftige ständige Rettungsschirm Staatsanleihen kaufen soll und das in Zusammenarbeit mit der Europäischen Zentralbank. Das ist doch aber so etwas wie eine Vergemeinschaftung der Schulden.
Dreger: Sicher, der ESM, EFSF, wenn er denn involviert ist über eine Banklizenz, der würde dann natürlich auch von allen Euroländern letztendlich gedeckt. Aber noch mal: Wir haben derzeit eine ernste Krise in der Eurozone, wir müssen überlegen, wie wir die Schuldenkrise jetzt lösen, und da haben wir natürlich die Ausrichtung, dass es zunächst mal darum geht, die Staatshaushalte dann in Ordnung zu bringen, strukturelle Reformen umzusetzen, nicht nur in den Defizitländern, aber da eben ganz besonders. Der Nachteil ist eben, dass diese Strategien erst langfristig wirken und dass es auch erst dauern wird, um die Ziele zu erreichen. Und dann habe ich halt einen langfristigen, einen länger andauernden Anpassungspfad, und dort muss ich dann eben gucken, wie ich den absichere, und ich kann den dann glaubwürdiger einfach gestalten, wenn ich auf diesem Anpassungspfad die Zinsbelastung für die Schuldnerländer senke. Und da ist, denke ich mal, das Engagement der EZB ein geeigneter Weg, dies zu erreichen. Andere Alternativen sind natürlich auch denkbar.
Breker: Welche Alternativen?
Dreger: Na ja, die EZB ist zunächst mal das Eine, die Kombination zwischen EZB und dann dieser Finanzierungsfazilität EFSF, ESM, das wäre eine Alternative. Es geht auch darum, jetzt direkte Wachstumsimpulse beispielsweise in den notleidenden Ländern zu setzen, das wäre halt dann eine konzertierte Aktion, an der die ganzen Länder im Euroraum beteiligt sind. Es ist dann keine Geldpolitik, sondern eher, wenn Sie so wollen, Fiskalpolitik.
Breker: Und die Zusammenarbeit zwischen den Rettungsschirmen und der Europäischen Zentralbank wäre auch eine Möglichkeit, die Grenzen nach oben offen zu halten.
Dreger: Der EFSF und auch der ESM sind ja 2010 konzipiert worden unter der Annahme, dass die Schuldenkrise in den Peripherieländern bleibt, das ist also Griechenland, Portugal und Spanien. Wenn diese Annahme zugetroffen hätte, dann könnte man noch über das Niveau dieser Rettungsschirme diskutieren. Also da wird es wohl so sein, dass das Volumen dann ausreichend wäre. Aber die Krise ist eben nun nicht in den Peripherieländern gewesen, spätestens Mitte 2011 war ja dann auch Italien infiziert, und wir müssen ja auch aufpassen: Eventuell kommen da noch andere Länder mit in den Strudel.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
