Daniela H. nimmt einen Schluck aus der Kaffeetasse, rückt das Telefon-Headset zurecht. Das wievielte Gespräch sie heute führt, weiß die Mitarbeiterin des Kundenservice bei Naturstrom in Düsseldorf nicht. Seit knapp zwei Wochen, seit der Tsunami das japanische Atomkraftwerk Fukushima zerstört hat, lassen die Kollegen die Mittagspause ausfallen. Dennoch schaffen sie es bei Weitem nicht, alle Anrufe der wechselwilligen Verbraucher anzunehmen. Wer nicht durchkommt, landet beim Anrufbeantworter. Mit dem Rückruf müssten sich die Interessenten allerdings etwas gedulden, sagt Daniela H.
"Allein heute auf dem Anrufbeantworter fast 300. Da kommen wir nicht mehr nach. Das ist echt Wahnsinn. Ist leider erst durch so eine Katastrophe erst passiert, aber besser spät als nie, sage ich immer."
Anspannung und Stress sind in dem lichtdurchfluteten Sechserbüro dennoch nicht zu spüren. Die familiäre Atmosphäre will nicht so recht zum Kundenservice eines der derzeit gefragtesten Energieunternehmen in Deutschland passen. Vor dem Atomunfall in Fukushima ging es bei dem Düsseldorfer Ökostromanbieter vergleichsweise beschaulich zu. Etwa 130 Neukunden pro Tag unterschrieben einen Vertrag. Seit anderthalb Wochen sind es pro Tag mehr als 1000. Anfang März feierte das Unternehmen den 116.000. Kunden - wenn der Ansturm so weiter geht, werden es Anfang April wohl bereits 130.000 sein, sagt Ines N., die ebenfalls beim Kundenservice arbeitet.
"Ganz viele weisen jetzt direkt daraufhin, dass sie diesen Ansporn noch mal gebraucht haben, eigentlich schon länger wechseln wollten, aber eben sich nie dazu aufraffen konnten. Aber sehr viele wollen eben jetzt konkret aufgrund der Ereignisse dann wechseln."
Ines N. hat erst vor wenigen Wochen ihren Job angetreten, sie ist eine von mehreren neu eingestellten Kolleginnen. Deutschlandweit beschäftigt Naturstrom inzwischen 80 Mitarbeiter an sechs Standorten, weitere Stellen sind ausgeschrieben. Anfang des Jahres hat das Unternehmen eine zweite Büroetage hinzugemietet. Denn bereits vor dem Unfall in Japan wollten deutlich mehr Kunden als im Vorjahr den Stromanbieter wechseln. Der Grund: die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke. Naturstrom wurde 1998 von überzeugten Naturschützern als Aktiengesellschaft gegründet. Zunächst als Öko-Spinner belächelt, wollten sie eine Alternative zu den großen Konzernen in Deutschland bieten und kleine Energieerzeuger fördern, erzählt Unternehmenssprecher Tim Loppe.
"Wir haben uns über die Jahre hinweg einen Erzeugerpool von mehr als 80 Anlagenbetreibern angeeignet. Das sind viele kleine Windmüller, Windparks. Das sind auch einige Wasserkraftwerke. Von diesen Erzeugern beziehen wir direkt unseren Strom, das heißt, unser Strom kommt nicht von der Börse."
Daniela H. löscht mit der Maus die bearbeiteten Nachrichten auf dem Anrufbeantworter, nimmt einen kleinen Schluck aus ihrer Kaffeetasse. Dann setzt sie wieder das Headset auf, um das nächste Gespräch anzunehmen. Die gängigen Fragen? Daniela H. muss kurz überlegen:
"Wie lange der Wechsel dauert, wegen dem Preis, ob das Brutto- oder Nettopreise sind. Teilweise fragen sie nach, ob wir überhaupt genug Naturstrom haben, weil die Nachfrage so hoch ist, ob wir genug liefern können. Aber das können wir auf jeden Fall bejahen, weil wir haben wohl noch Strom für 300.000 Kunden."
Am Ende des Ganges sitzt Martin S. in einem kleinen Zweierbüro und gönnt sich eine Kaffeepause. Martin S. ist für die Betreuung von Großkunden zuständig. Die wechseln nicht so schnell, und so ist es bei ihm weniger hektisch als bei seinen Kollegen, die für die Privatkunden zuständig sind. S. gehört zum "Alten Eisen" - er war vor zehn Jahren einer der ersten Mitarbeiter, den die Gründer des Unternehmens eingestellt haben, das lange Zeit ein Schattendasein fristete. Martin S. blättert in einem alten Kalender aus dem Jahr 2004 und schüttelt den Kopf.
"Also wir haben hier in der 14. Woche in der ganzen Woche vier Neukunden gehabt. Oder in der 17. Woche hatten wir minus neun Kunden, in der 19. Woche minus fünf Kunden. Dann mal Wochen mit einem Kunden. Es ging so um die Nulllinie rum. Insofern ist die Entwicklung, so wie sie heute ist, wenn man das mit den damaligen Augen sieht, kann man das gar nicht beschreiben, hätten wir uns auch damals nicht vorstellen können."
2004 war der Umsatz eingebrochen und lag bei gerade mal 1,4 Millionen Euro. 2010 waren es 60 Millionen. Richtig aufwärts geht es seit 2007. Seither konnte das Unternehmen seine Kundenzahl jedes Jahr jeweils verdoppeln. Hauptgrund nach Einschätzung des Firmensprechers: Nicht etwa verstärkte Werbung -sondern vor allem äußere Ereignisse wie die zunehmenden Debatten über den Klimawandel, Störfälle in deutschen Atomkraftwerken oder eben aktuell die Katastrophe von Fukushima.
"Hm, sehr gern. Schönen Tag noch. Tschüss."
Ines N. hat auch heute die Kaffeepause ausfallen lassen, nimmt ein Gespräch nach dem nächsten an. Schließlich will sie heute vor Feierabend endlich versuchen, den Anrufbeantworter abzuhören. Auf der Internetseite warnt das Unternehmen vorsichtshalber: "Aufgrund der aktuellen Ereignisse ist das Interesse an Naturstrom überwältigend groß. Dies führt zu längeren Wartezeiten am Telefon", steht dort. Die Interessenten scheint dies nicht abzuschrecken. Auf dem Computer von Ines N. blinken schon wieder elf neue Anrufe.
"Man hat viel zu tun, man hat viel um die Ohren. Man spricht mit wahnsinnig vielen Leuten pro Tag. Aber grundsätzlich ist ja das Thema doch immer dasselbe. Wir freuen uns natürlich über jeden Kunden, der sich dazu entscheidet, zu uns zu kommen. Wir sind dann natürlich auch gern da für die Kunden und die Interessenten. Ich wollte schon immer im Kundenservicebereich arbeiten. Das ist genau das, was ich machen möchte."
Anmerkung der Redaktion: Auf Wunsch einzelner Gesprächspartner wird in der vorliegenden Schriftversion des Beitrags teilweise auf die vollständige Namensnennung verzichtet.
"Allein heute auf dem Anrufbeantworter fast 300. Da kommen wir nicht mehr nach. Das ist echt Wahnsinn. Ist leider erst durch so eine Katastrophe erst passiert, aber besser spät als nie, sage ich immer."
Anspannung und Stress sind in dem lichtdurchfluteten Sechserbüro dennoch nicht zu spüren. Die familiäre Atmosphäre will nicht so recht zum Kundenservice eines der derzeit gefragtesten Energieunternehmen in Deutschland passen. Vor dem Atomunfall in Fukushima ging es bei dem Düsseldorfer Ökostromanbieter vergleichsweise beschaulich zu. Etwa 130 Neukunden pro Tag unterschrieben einen Vertrag. Seit anderthalb Wochen sind es pro Tag mehr als 1000. Anfang März feierte das Unternehmen den 116.000. Kunden - wenn der Ansturm so weiter geht, werden es Anfang April wohl bereits 130.000 sein, sagt Ines N., die ebenfalls beim Kundenservice arbeitet.
"Ganz viele weisen jetzt direkt daraufhin, dass sie diesen Ansporn noch mal gebraucht haben, eigentlich schon länger wechseln wollten, aber eben sich nie dazu aufraffen konnten. Aber sehr viele wollen eben jetzt konkret aufgrund der Ereignisse dann wechseln."
Ines N. hat erst vor wenigen Wochen ihren Job angetreten, sie ist eine von mehreren neu eingestellten Kolleginnen. Deutschlandweit beschäftigt Naturstrom inzwischen 80 Mitarbeiter an sechs Standorten, weitere Stellen sind ausgeschrieben. Anfang des Jahres hat das Unternehmen eine zweite Büroetage hinzugemietet. Denn bereits vor dem Unfall in Japan wollten deutlich mehr Kunden als im Vorjahr den Stromanbieter wechseln. Der Grund: die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke. Naturstrom wurde 1998 von überzeugten Naturschützern als Aktiengesellschaft gegründet. Zunächst als Öko-Spinner belächelt, wollten sie eine Alternative zu den großen Konzernen in Deutschland bieten und kleine Energieerzeuger fördern, erzählt Unternehmenssprecher Tim Loppe.
"Wir haben uns über die Jahre hinweg einen Erzeugerpool von mehr als 80 Anlagenbetreibern angeeignet. Das sind viele kleine Windmüller, Windparks. Das sind auch einige Wasserkraftwerke. Von diesen Erzeugern beziehen wir direkt unseren Strom, das heißt, unser Strom kommt nicht von der Börse."
Daniela H. löscht mit der Maus die bearbeiteten Nachrichten auf dem Anrufbeantworter, nimmt einen kleinen Schluck aus ihrer Kaffeetasse. Dann setzt sie wieder das Headset auf, um das nächste Gespräch anzunehmen. Die gängigen Fragen? Daniela H. muss kurz überlegen:
"Wie lange der Wechsel dauert, wegen dem Preis, ob das Brutto- oder Nettopreise sind. Teilweise fragen sie nach, ob wir überhaupt genug Naturstrom haben, weil die Nachfrage so hoch ist, ob wir genug liefern können. Aber das können wir auf jeden Fall bejahen, weil wir haben wohl noch Strom für 300.000 Kunden."
Am Ende des Ganges sitzt Martin S. in einem kleinen Zweierbüro und gönnt sich eine Kaffeepause. Martin S. ist für die Betreuung von Großkunden zuständig. Die wechseln nicht so schnell, und so ist es bei ihm weniger hektisch als bei seinen Kollegen, die für die Privatkunden zuständig sind. S. gehört zum "Alten Eisen" - er war vor zehn Jahren einer der ersten Mitarbeiter, den die Gründer des Unternehmens eingestellt haben, das lange Zeit ein Schattendasein fristete. Martin S. blättert in einem alten Kalender aus dem Jahr 2004 und schüttelt den Kopf.
"Also wir haben hier in der 14. Woche in der ganzen Woche vier Neukunden gehabt. Oder in der 17. Woche hatten wir minus neun Kunden, in der 19. Woche minus fünf Kunden. Dann mal Wochen mit einem Kunden. Es ging so um die Nulllinie rum. Insofern ist die Entwicklung, so wie sie heute ist, wenn man das mit den damaligen Augen sieht, kann man das gar nicht beschreiben, hätten wir uns auch damals nicht vorstellen können."
2004 war der Umsatz eingebrochen und lag bei gerade mal 1,4 Millionen Euro. 2010 waren es 60 Millionen. Richtig aufwärts geht es seit 2007. Seither konnte das Unternehmen seine Kundenzahl jedes Jahr jeweils verdoppeln. Hauptgrund nach Einschätzung des Firmensprechers: Nicht etwa verstärkte Werbung -sondern vor allem äußere Ereignisse wie die zunehmenden Debatten über den Klimawandel, Störfälle in deutschen Atomkraftwerken oder eben aktuell die Katastrophe von Fukushima.
"Hm, sehr gern. Schönen Tag noch. Tschüss."
Ines N. hat auch heute die Kaffeepause ausfallen lassen, nimmt ein Gespräch nach dem nächsten an. Schließlich will sie heute vor Feierabend endlich versuchen, den Anrufbeantworter abzuhören. Auf der Internetseite warnt das Unternehmen vorsichtshalber: "Aufgrund der aktuellen Ereignisse ist das Interesse an Naturstrom überwältigend groß. Dies führt zu längeren Wartezeiten am Telefon", steht dort. Die Interessenten scheint dies nicht abzuschrecken. Auf dem Computer von Ines N. blinken schon wieder elf neue Anrufe.
"Man hat viel zu tun, man hat viel um die Ohren. Man spricht mit wahnsinnig vielen Leuten pro Tag. Aber grundsätzlich ist ja das Thema doch immer dasselbe. Wir freuen uns natürlich über jeden Kunden, der sich dazu entscheidet, zu uns zu kommen. Wir sind dann natürlich auch gern da für die Kunden und die Interessenten. Ich wollte schon immer im Kundenservicebereich arbeiten. Das ist genau das, was ich machen möchte."
Anmerkung der Redaktion: Auf Wunsch einzelner Gesprächspartner wird in der vorliegenden Schriftversion des Beitrags teilweise auf die vollständige Namensnennung verzichtet.