Krauter: Frage an meine Kollegin Dagmar Röhrlich: Die Forscher haben die Region auf dem Meeresboden untersucht, die das schwimmende Eis Jahrtausende lang bedeckt hatte. Es gab ja Überraschungen dabei. Was genau haben sie gesehen?
Röhrlich: Als sie schon auf dem Rückweg waren, haben sie ein Video untersucht, das sie am Tag zuvor aufgenommen hatten. Sie haben im Zentrum einer Mulde, die zur Eiszeit von einem Gletscher ausgetieft worden war und 850 Meter tief und mehrere Kilometer lang ist, Bakterienmatten gefunden. Das sah aus, als sei der Meeresboden mit einer millimeter- bis zentimeterdicken Schicht krümeligen Käses bedeckt. Man fand dann auch einen Schlammvulkan, also eine Struktur, wo aus dem Untergrund Methan und Schlamm ausgeworfen wird. Das sieht dann genauso aus wie ein Vulkan. Man hat große Muscheln gefunden, die an diesem Schlammvulkan und die auch an kleineren Hügelchen leben, die man in diesem Gebiet gesehen hat. Diese Muscheln sehen ein bisschen aus wie riesige Miesmuscheln, aber es sind keine.
Krauter: Bakterien und Muscheln, eigentlich ein komplexes Ökosystem für Biologen. Weiß man denn schon, wie alt das etwa ist?
Röhrlich: Es wird um die 10.000 Jahre alt sein. Vorher lag da der Gletscher in der Eiszeit. Erst seitdem der Gletscher nicht mehr unten am Meeresgrund festgeklebt ist, sondern sich das Schelfeis gebildet hat, also auf dem Meereswasser aufschwamm, seitdem erst konnte sich dieses Gebiet entwickeln. Also 10.000 Jahre ist es alt geworden.
Krauter: Hat man etwas Vergleichbares schon einmal woanders gefunden?
Röhrlich: In der Antarktis kennt man das nicht. Die Bakterienmatten gleichen jedoch denen, die man beispielsweise im Golf von Mexiko sieht oder auch im Schwarzen Meer findet. Man hat Mikrobenmatten gesehen - diese Muscheln - und die Schlammvulkane - das spricht für das, was man "cold seep" nennt. Das sind Stellen am Meeresgrund, wo kaltes Wasser austritt, das mit gelösten chemischen Elementen beladen ist. Das treibt dort in diesen so genannten cold seeps Ökosysteme an. Dort lebt man von Methan und Schwefelwasserstoff.
Krauter: Das sind auch die Substanzen, die diese Organismen fressen? Oder kommt da noch was anderes ins Spiel?
Röhrlich: Man vermutet, dass das die Grundlage ist. Untersucht worden ist das noch nicht. Man hatte das ja quasi nach Ende der Expedition auf einem Videoband entdeckt und hat auch gar keine Messung vorgenommen. Man wusste ja nicht, was man dort finden würde. Das einzige, was man gesehen hat, ist, dass die Temperatur nicht höher wird. Man hatte ein Thermometer neben der Videokamera an Bord.
Krauter: Wie kann so etwas entstehen?
Röhrlich: Da vermutet man, dass die Eiszeiten eine Rolle gespielt haben. Der Gletscher, der in der vergangenen Eiszeit dort entlang geflossen ist, der hat dieses 850 Meter tiefe Tal ausgefräst. Dabei ist er wohl so tief in den Steinuntergrund des Meeres eingedrungen, dass von unten Methan herausquellen kann. Es müssen sehr geringe Mengen sein. Man weiß, dass im tiefen Untergrund, also auch noch weit unter diesem 850 Meter tiefen Tal, Gesteine anstehen, die es auch in Patagonien gibt. Die sind dort Muttergesteine für Erdöl und Erdgas und vielleicht ist das dann die Quelle, aus der sich diese Lebensgemeinschaft speist.
Krauter: Auf jeden Fall klingt das so, als ob sich Biologen das mal näher anschauen sollten. Aber wie viel Zeit haben die denn noch? Wahrscheinlich wird das ja nicht so lange Bestand haben, jetzt da sich das Ökosystem dort so fundamental geändert hat.
Röhrlich: Man schätzt, in zehn Jahren ist es weg. Schon jetzt sieht man, dass es sich auflöst, dass es ein sterbendes Ökosystem ist. Zum einen wird der Gletscher ja jetzt nicht mehr aufgehalten durch solch eine riesige Eismasse, die ihn ja davon abhält, einfach so ins Meer zu fließen. Er transportiert jetzt sehr viel Schutt ins Wasser hinein. Es gibt jetzt im Frühling Algenblüten - früher hat es das nicht gegeben. So wird es zugedeckt mit Schlamm, Sand und Pflanzendetritus. Man hat auch schon gesehen, dass die ersten Schlangensterne auf dem Weg sind, das aufzufressen. So dass es ein sterbendes System ist, das nur gelebt hat, weil es das Schelfeis darüber für 10.000 Jahre versiegelt hatte.
Krauter: Ein einzigartiges, aber sterbendes Ökosystem.
Röhrlich: Als sie schon auf dem Rückweg waren, haben sie ein Video untersucht, das sie am Tag zuvor aufgenommen hatten. Sie haben im Zentrum einer Mulde, die zur Eiszeit von einem Gletscher ausgetieft worden war und 850 Meter tief und mehrere Kilometer lang ist, Bakterienmatten gefunden. Das sah aus, als sei der Meeresboden mit einer millimeter- bis zentimeterdicken Schicht krümeligen Käses bedeckt. Man fand dann auch einen Schlammvulkan, also eine Struktur, wo aus dem Untergrund Methan und Schlamm ausgeworfen wird. Das sieht dann genauso aus wie ein Vulkan. Man hat große Muscheln gefunden, die an diesem Schlammvulkan und die auch an kleineren Hügelchen leben, die man in diesem Gebiet gesehen hat. Diese Muscheln sehen ein bisschen aus wie riesige Miesmuscheln, aber es sind keine.
Krauter: Bakterien und Muscheln, eigentlich ein komplexes Ökosystem für Biologen. Weiß man denn schon, wie alt das etwa ist?
Röhrlich: Es wird um die 10.000 Jahre alt sein. Vorher lag da der Gletscher in der Eiszeit. Erst seitdem der Gletscher nicht mehr unten am Meeresgrund festgeklebt ist, sondern sich das Schelfeis gebildet hat, also auf dem Meereswasser aufschwamm, seitdem erst konnte sich dieses Gebiet entwickeln. Also 10.000 Jahre ist es alt geworden.
Krauter: Hat man etwas Vergleichbares schon einmal woanders gefunden?
Röhrlich: In der Antarktis kennt man das nicht. Die Bakterienmatten gleichen jedoch denen, die man beispielsweise im Golf von Mexiko sieht oder auch im Schwarzen Meer findet. Man hat Mikrobenmatten gesehen - diese Muscheln - und die Schlammvulkane - das spricht für das, was man "cold seep" nennt. Das sind Stellen am Meeresgrund, wo kaltes Wasser austritt, das mit gelösten chemischen Elementen beladen ist. Das treibt dort in diesen so genannten cold seeps Ökosysteme an. Dort lebt man von Methan und Schwefelwasserstoff.
Krauter: Das sind auch die Substanzen, die diese Organismen fressen? Oder kommt da noch was anderes ins Spiel?
Röhrlich: Man vermutet, dass das die Grundlage ist. Untersucht worden ist das noch nicht. Man hatte das ja quasi nach Ende der Expedition auf einem Videoband entdeckt und hat auch gar keine Messung vorgenommen. Man wusste ja nicht, was man dort finden würde. Das einzige, was man gesehen hat, ist, dass die Temperatur nicht höher wird. Man hatte ein Thermometer neben der Videokamera an Bord.
Krauter: Wie kann so etwas entstehen?
Röhrlich: Da vermutet man, dass die Eiszeiten eine Rolle gespielt haben. Der Gletscher, der in der vergangenen Eiszeit dort entlang geflossen ist, der hat dieses 850 Meter tiefe Tal ausgefräst. Dabei ist er wohl so tief in den Steinuntergrund des Meeres eingedrungen, dass von unten Methan herausquellen kann. Es müssen sehr geringe Mengen sein. Man weiß, dass im tiefen Untergrund, also auch noch weit unter diesem 850 Meter tiefen Tal, Gesteine anstehen, die es auch in Patagonien gibt. Die sind dort Muttergesteine für Erdöl und Erdgas und vielleicht ist das dann die Quelle, aus der sich diese Lebensgemeinschaft speist.
Krauter: Auf jeden Fall klingt das so, als ob sich Biologen das mal näher anschauen sollten. Aber wie viel Zeit haben die denn noch? Wahrscheinlich wird das ja nicht so lange Bestand haben, jetzt da sich das Ökosystem dort so fundamental geändert hat.
Röhrlich: Man schätzt, in zehn Jahren ist es weg. Schon jetzt sieht man, dass es sich auflöst, dass es ein sterbendes Ökosystem ist. Zum einen wird der Gletscher ja jetzt nicht mehr aufgehalten durch solch eine riesige Eismasse, die ihn ja davon abhält, einfach so ins Meer zu fließen. Er transportiert jetzt sehr viel Schutt ins Wasser hinein. Es gibt jetzt im Frühling Algenblüten - früher hat es das nicht gegeben. So wird es zugedeckt mit Schlamm, Sand und Pflanzendetritus. Man hat auch schon gesehen, dass die ersten Schlangensterne auf dem Weg sind, das aufzufressen. So dass es ein sterbendes System ist, das nur gelebt hat, weil es das Schelfeis darüber für 10.000 Jahre versiegelt hatte.
Krauter: Ein einzigartiges, aber sterbendes Ökosystem.