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Öldorado Kanaren

Spanien will seine Kassen mit der Förderung von Öl vor den Kanaren auffüllen. Der spanische Erdölmulti Repsol geht davon aus, dass vor Lanzarote und Fuerteventura etwa 100.000 Tonnen Erdöl gefördert werden könnten. Täglich, und das 20 Jahre lang.

Von Reinhard Spiegelhauer | 09.10.2013
    Es hört sich fast an, wie beim Straßenkarneval auf den Kanaren: Sambatrommeln in Arecife, der Inselhauptstadt Lanzarotes. Doch in das Trommeln sind Sprechchöre gemischt: "Nein zu den Ölbohrungen" skandieren die Demonstranten. Vor eineinhalb Jahren hat die Regierung in Madrid Lizenzen für Probebohrungen vor den Kanaren vergeben, seitdem wehren sich die Menschen auf Lanzarote und Fuerteventura:

    "Es sollten überhaupt keine Bohrplattformen mehr im Meer aufgestellt werden, denn es kann immer einen Unfall geben. Und hier wäre das tödlich."

    "Man weiß, dass Öl eine schmutzige Angelegenheit ist - und hier sind wir von den Entsalzungsanlagen abhängig. Wenn etwas platzt und es eine Verschmutzung gibt, haben wir Vorräte für 72 Stunden und das war´s dann."

    Die Menschen haben Angst um ihr Trinkwasser und dass die Touristen wegbleiben könnten, wenn vor der Küste gebohrt wird. Susana Perez von Verband der Tourismusindustrie sagt, große Reiseveranstalter seien besorgt:

    "Natürlich, denn jedes Risiko, dem eine touristische Region ausgesetzt ist, in dem sie Geschäfte tätigen, löst Alarm aus. Deshalb sind sie gegen die Probebohrungen."

    Die Regionalregierung der Kanaren wirft Industrieminister Soria vor, er setze die Zukunft der Inseln aufs Spiel. Der Minister, der selbst von Gran Canaria stammt, verspricht dagegen, die Bohrungen brächten Arbeit und würden Spanien von Ölimporten unabhängiger machen.

    "Es sollten überhaupt keine Bohrplattformen mehr im Meer aufgestellt werden"
    Spätestens in einem Jahr will ein spanischer Ölkonzern damit beginnen, 25 bis 50 Kilometer östlich der Inseln nach Öl zu bohren – und Hotelier Felix Etxebarria glaubt nicht mehr daran, dass die Kanaren dem Ölbusiness entkommen werden. Nicht zuletzt, weil auch Marokko Lizenzen vergeben hat, in seinen Gewässern, nur ein paar Seemeilen weiter östlich:

    "Die Frage, die wir uns auf den Kanaren stellen ist: Wenn Marokko bohrt, wie viel weiter weg wäre das? Fünf Meilen, zehn Meilen? Der Einfluss auf uns wäre derselbe."

    Tatsächlich legt Marokko nun sogar viel früher los als Spanien - und für Industrieminister Soria ist das natürlich ein Argument mehr, selbst zu bohren - so profitiere wenigstens die spanische Wirtschaft, der kanarische Arbeitsmarkt:

    "Es ist angekündigt worden, dass die Probebohrungen dort sehr bald beginnen sollen. Und mir bleibt nur, festzustellen, dass wir diese Ankündigungen natürlich akzeptieren, da die Bohrungen in marokkanischen Gewässern stattfinden werden."

    Ein schottisches Unternehmen mit marokkanischer Lizenz hat schon eine Plattform losgeschickt, die noch in diesem Monat anfangen könnte, zwischen den Kanaren und Marokko zu bohren. Paradoxerweise mithilfe der Kanaren, die sich so gegen Ölbohrungen wehren: Die Plattform kommt nämlich direkt aus dem Hafen von Las Palmas de Gran Canaria. Dort werden schon seit Jahren regelmäßig Ölplattformen gewartet und repariert - denn das ist ein willkommenes Geschäft.