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Ölige Venus

Die Wissenschaft erfordert nicht nur genaueste Beobachtungen und Unmengen von Daten. Sie bedarf auch einer guten Vorstellungskraft. Forscher müssen ihr Wissen mit ihren Ahnungen kombinieren - also dem, was ihre Erfahrung und ihre Intuition ihnen sagt.

Von Damond Benningfield |
    Manchmal liegen sie dabei richtig, des öfteren jedoch auch falsch. Aber gelegentlich führen selbst falsche Vorstellungen zu neuen Erkenntnissen über unser Universum. Denken Sie an den Planeten Venus, der jetzt den Südwesthimmel als heller "Abendstern” schmückt. Heute wissen wir, dass es auf ihrer Oberfläche extrem heiß ist, dass eine dichte und giftige Atmosphäre sie umhüllt und dass ihre Wolken großenteils aus Schwefelsäure bestehen. Noch vor einem halben Jahrhundert war dieser nahe Planet ein Rätsel.

    Einige Astronomen glaubten, dass es in ihrer dichten Wolkendecke viel Wasser gibt und dass der Planet von einem riesigen Meer bedeckt ist. Fred Hoyle dachte anders darüber. 1955 beschrieb er die Venus in einem Buch als Welt, auf der die Wolken und die Meere Öl enthalten. Er vermutete, dass die Venus mit weniger Wasserreserven geboren wurde als die Erde sie hat.

    Dafür hätte sie mehr Kohlenwasserstoffe - chemische Verbindungen, aus denen Öl besteht. Nach seiner Meinung wurden die ursprünglichen Wassermoleküle auf der Venus durch die ultraviolette Strahlung der Sonne gespalten. Die Sauerstoffatome hätten sich dann mit Kohlenwasserstoffmolekülen verbunden, während die leichteren Wasserstoffatome ins All entflohen seien. Im Laufe der Zeit hätte die Venus so ihr Wasser verloren. Zurück geblieben seien Meere aus Öl.