Es war schon ein ungewöhnlicher Feldversuch, der da im Mai letzten Jahres in der niederländischen Nordsee durchgeführt wurde. Ein Schiff goss fünf Tonnen rot gefärbtes Leichtöl ins Meer - Umweltverschmutzung für Forschungszwecke. Hauke Harms ist Professor für Umweltmikrobiologie in Leipzig. Ihm ging es mit dem Experiment darum, eine Tankerhavarie unter natürlichen Bedingungen zu simulieren:
"Öl ist ja eine wüste Mischung aus circa 20.000 Substanzen, die sich alle unterschiedlich verhalten können, sowohl in Bezug auf ihre chemischen, physikalischen Eigenschaften. Teile des Öls verschwinden einfach in die Atmosphäre, Teile des Öls sinken ab - da gibt es sehr viele Möglichkeiten wie diese Öle sich verhalten."
Zumal in einem so quirligen Medium wie dem Meer. Über fünf Kilometer Länge breitete sich das Versuchsöl aus, zwei Tage war es an der Meeresoberfläche sichtbar, dann erst kam der Zeitpunkt, der für die Forscher besonders interessant war:
"Was gar nicht so trivial ist, ist diesen Unfall zu verfolgen. Also wir sind dann dieser Öllache hinterhergefahren, indem wir Bojen ausgesetzt haben, die einfach diese Position der Öllache markierten, ganz einfach, weil die makroskopisch sichtbaren Effekte, die waren dann weg. Also das Öl hat sich in die Atmosphäre verabschiedet oder teilweise auch in die Wassersäule, und toxikologische Veränderungen kann man aber über längere Zeiten verfolgen. Es baut sich ja auch eine spezielle 'mikrobiologielle' Population auf, die dann dieses Öl abbaut soweit sie es kann, und die kann man auch über längere Zeit verfolgen."
FACE-IT hieß das von der Universität Lausanne koordinierte Programm, eine Abkürzung für Fast Advanced Cellular and Ecosystems Information Technologies. Im Kern ging es also um schnelle und intelligente Analyseverfahren - und die sind vor allem biologischer Natur. Die Forscher entwickelten gentechnisch veränderte Bakterien als Messinstrumente. Die Bakterien beginnen grün zu leuchten, sobald sie mit bestimmten Ölbestandteilen in Verbindung kommen. Lukas Wick leitet das Projekt am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig - und schildert den Vorteil biologischer Verfahren gegenüber den bisher angewandten chemischen Analysemethoden, etwa im Gaschromatografen:
"Das ist etwa so, wie wenn Sie abends vor dem Supermarkt stehen, und im Supermarkt ist alles drin, was Sie wünschen, Sie kommen aber nicht rein, weil die Ladentür zu ist. Und die Chemie, die misst im Prinzip die gesamte Konzentration, was im Supermarkt drin ist, sie misst aber nicht, was sie haben könnten, nämlich nichts oder ganz, ganz wenig. Und das ist der Unterschied zwischen der Chemie und der Biologie. Die biologischen Rezeptoren, die biologischen Organismen, die geben uns an, was wirklich bis an die Zelle heran drängt, und gibt dann einen direkten Nachweis davon."
Das Schlagwort heißt Bioverfügbarkeit. In welcher Form ist das Öl für die Meeresorganismen verfügbar - sei es als schädlicher, toxischer Stoff oder als willkommene Nahrung für den Stoffwechsel. Über die nun nachweisbare Bioverfügbarkeit lässt sich die Spur des Öls nach einem Tankerunglück verfolgen. Das ist wichtig für das Biomanagement nach einer Katastrophe - kann aber auch für die Strafbehörden von Interesse sein, wenn es gilt, illegale Verklappung nachzuweisen. Ein Nebenergebnis des etwa fünfeinhalb Millionen Euro teuren internationalen Forschungsprojektes bezieht sich auf die langfristigen Wirkungen des Öls im Meer.
"Während der FACE-IT-Studie im Mai letzten Jahres wurden neben dem offiziellen, gemachten Öl auch sehr viele andere Ölflecke gefunden. Die wurden auch beprobt, und da sind wir jetzt auch dran, die zu analysieren, um zu sagen, ja, was ist durch zufällige oder auch absichtliche Verschmutzung sonst noch im Wasser drin. Und ich denke, hier in Europa, wenigstens in Mitteleuropa haben wir doch überall eine Grundkontamination da, ja. Sicher dort wie am Ärmelkanal, wo so viele Schiffe täglich durchfahren."
Die Anwendung der Forschungsergebnisse dürfte vor allem die interessieren, die mit Ölkatastrophen professionell zu tun haben: Die Task Forces zur Havariebekämpfung, die Rückversicherer und die Umweltministerien der Nordsee-Anrainerstaaten. Und sicher auch die Reedereien und Betreiber der Tankerflotten - durch die neuen biologischen Analyseverfahren dürfte es in Zukunft schwieriger werden, selbst kleinere Ölhavarien zu vertuschen.
"Öl ist ja eine wüste Mischung aus circa 20.000 Substanzen, die sich alle unterschiedlich verhalten können, sowohl in Bezug auf ihre chemischen, physikalischen Eigenschaften. Teile des Öls verschwinden einfach in die Atmosphäre, Teile des Öls sinken ab - da gibt es sehr viele Möglichkeiten wie diese Öle sich verhalten."
Zumal in einem so quirligen Medium wie dem Meer. Über fünf Kilometer Länge breitete sich das Versuchsöl aus, zwei Tage war es an der Meeresoberfläche sichtbar, dann erst kam der Zeitpunkt, der für die Forscher besonders interessant war:
"Was gar nicht so trivial ist, ist diesen Unfall zu verfolgen. Also wir sind dann dieser Öllache hinterhergefahren, indem wir Bojen ausgesetzt haben, die einfach diese Position der Öllache markierten, ganz einfach, weil die makroskopisch sichtbaren Effekte, die waren dann weg. Also das Öl hat sich in die Atmosphäre verabschiedet oder teilweise auch in die Wassersäule, und toxikologische Veränderungen kann man aber über längere Zeiten verfolgen. Es baut sich ja auch eine spezielle 'mikrobiologielle' Population auf, die dann dieses Öl abbaut soweit sie es kann, und die kann man auch über längere Zeit verfolgen."
FACE-IT hieß das von der Universität Lausanne koordinierte Programm, eine Abkürzung für Fast Advanced Cellular and Ecosystems Information Technologies. Im Kern ging es also um schnelle und intelligente Analyseverfahren - und die sind vor allem biologischer Natur. Die Forscher entwickelten gentechnisch veränderte Bakterien als Messinstrumente. Die Bakterien beginnen grün zu leuchten, sobald sie mit bestimmten Ölbestandteilen in Verbindung kommen. Lukas Wick leitet das Projekt am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig - und schildert den Vorteil biologischer Verfahren gegenüber den bisher angewandten chemischen Analysemethoden, etwa im Gaschromatografen:
"Das ist etwa so, wie wenn Sie abends vor dem Supermarkt stehen, und im Supermarkt ist alles drin, was Sie wünschen, Sie kommen aber nicht rein, weil die Ladentür zu ist. Und die Chemie, die misst im Prinzip die gesamte Konzentration, was im Supermarkt drin ist, sie misst aber nicht, was sie haben könnten, nämlich nichts oder ganz, ganz wenig. Und das ist der Unterschied zwischen der Chemie und der Biologie. Die biologischen Rezeptoren, die biologischen Organismen, die geben uns an, was wirklich bis an die Zelle heran drängt, und gibt dann einen direkten Nachweis davon."
Das Schlagwort heißt Bioverfügbarkeit. In welcher Form ist das Öl für die Meeresorganismen verfügbar - sei es als schädlicher, toxischer Stoff oder als willkommene Nahrung für den Stoffwechsel. Über die nun nachweisbare Bioverfügbarkeit lässt sich die Spur des Öls nach einem Tankerunglück verfolgen. Das ist wichtig für das Biomanagement nach einer Katastrophe - kann aber auch für die Strafbehörden von Interesse sein, wenn es gilt, illegale Verklappung nachzuweisen. Ein Nebenergebnis des etwa fünfeinhalb Millionen Euro teuren internationalen Forschungsprojektes bezieht sich auf die langfristigen Wirkungen des Öls im Meer.
"Während der FACE-IT-Studie im Mai letzten Jahres wurden neben dem offiziellen, gemachten Öl auch sehr viele andere Ölflecke gefunden. Die wurden auch beprobt, und da sind wir jetzt auch dran, die zu analysieren, um zu sagen, ja, was ist durch zufällige oder auch absichtliche Verschmutzung sonst noch im Wasser drin. Und ich denke, hier in Europa, wenigstens in Mitteleuropa haben wir doch überall eine Grundkontamination da, ja. Sicher dort wie am Ärmelkanal, wo so viele Schiffe täglich durchfahren."
Die Anwendung der Forschungsergebnisse dürfte vor allem die interessieren, die mit Ölkatastrophen professionell zu tun haben: Die Task Forces zur Havariebekämpfung, die Rückversicherer und die Umweltministerien der Nordsee-Anrainerstaaten. Und sicher auch die Reedereien und Betreiber der Tankerflotten - durch die neuen biologischen Analyseverfahren dürfte es in Zukunft schwieriger werden, selbst kleinere Ölhavarien zu vertuschen.