Dienstag, 19. März 2024

Archiv

Österreichische Band "At Pavillon"
Jugendtraum - Astronaut oder Rockstar

Charismatische Performance, viel gute Energie, discoider Funkrock mit Pop Appeal: Damit positionieren sich "At Pavillon" aus Wien als internationale Band. Das liegt näher als der Lokalkolorit, mit dem doch sonst alle punkten, denn der Frontmann ist in Salzburg geboren und seine Eltern in Tansania.

Von Paul Lohberger | 13.03.2019
Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
Manche Sounds klingen retro, andere immer frisch bei der Wiener Band "At Pavillion". (Catalina Körber)
"Als wir keinen Proberaum hatten, haben wir uns immer, früher in der Schulzeit, beim Pavillon getroffen. Und ich fand den Klang gut – darum dachten wir, warum nennen wir uns nicht: At Pavillon, beim Pavillon."
Früher, das war vor neun Jahren. Im Sommer vor dem Abiturjahr treffen sich Jugendliche in einem alten Musikpavillon im Wiener Türkenschanzpark, um Musik zu machen. Sie sind oft etwas verkatert, aber motiviert. Natürlich träumen sie davon, dass sie als professionelle Band ihre Songs mal im Studio aufnehmen werden.
2014 erscheint tatsächlich eine erste EP. 2018 nun gibt es ein Album, und nun steht die erste Deutschland-Tour steht bevor.
"Je älter man wird, und wenn man die Vergangenheit reflektiert, kommt man drauf, dass der Pavillon mittlerweile für einen eine viel größere Bedeutung hat, und es ist für uns symbolisch für eine utopische Vorstellung: Ein Haus voll Menschen, für Menschen gedacht, egal welche Religion, Hautfarbe oder sexuelle Orientierung sie haben.
Wurzeln in Österreich und Tansania
Im Gespräch klingt der Sänger ein wenig bayrisch, und wer österreichische Akzente kennt, kann es womöglich erraten: Mwita Mataro ist in Salzburg geboren und kam mit 12 Jahren nach Wien. Seine Eltern kommen aus Tansania . Auf der Bühne wirkt das international, im Alltag gehört er dadurch zu einer Minderheit – auch in einer Weltstadt wie Wien.
"Allein die Kulturszene, man redet so viel Englisch – da weiß man nie, wo man ist. Und dann bin ich andererseits Kellner in einem typischen Wiener Kaffeehaus, wo du halt dann die Wiener Atmosphäre mitbekommst. Und wenn einer dir auf die Schulter klopft und sagt, ich kenn wirklich wenige Schwarze, aber du bist super leiwand, dann ist das nicht böse gemeint – aber wie kann man das quasi verstehen?"
Solche Irritationen gehören zu seinem Leben, gerade deswegen hat Mwita Mataro ein Liebeslied an die Stadt geschrieben, aus der At Pavillon kommen: "Da ich halt Wien supergeil finde, wollt ich halt einen Tribut Wien widmen."
Stadt der Vielfalt, Stadt der Scheinheiligen – so singt Mwita Mataro über seine Stadt Vienna. Die ist schön und hat ihn nie belogen, er dankt für ihre Ehrlichkeit. Hier bleibt der Sänger vieldeutig. Den Kontext liefern seine Tweets, er positioniert sich mit queerer Disco und als Fürsprecher der Demokratie.
Liebeserklärung an Wien
Die spannende Ballade "Vienna" steht wie die Kür nach der Pflicht am Ende des kompakten Albums mit dem Titel "Believe Us", also "Glaubt uns". Den Anfang bildet das Stück "Believers" – im Sinne von "Gläubige". Ohne Überzeugung gäbe es schließlich keine frische Popmusik.
"In seiner Jugendzeit hat man so Träume, die sehr idealistisch sind und vielleicht auch nicht so leicht zu erreichen. Astronaut oder Rockstar, das schaffen verdammt wenige. Dann wird man halt vielleicht als Optimist abgestempelt."
Optimistisch groovende Band
Die Musikgeschichte der optimistisch groovenden Bands erstreckt sich mittlerweile über 40 Jahre: Von Police und Blondie bis hin zu den Discopunks der 2000er Jahre und weiter zu At Pavillon.
"Unser ehemaliger Bassist, der Klemens, der hat viel Red Hot Chili Peppers gehört, er war ein großer Fan von Flea, und lustigerweise unser jetziger Bassist, der Tobias auch – somit war dieser Funk von Flea immer da, und hat mir auch voll getaugt. Und wir haben halt gehört von Rock bis Funk, das war nie in Genres gedacht, das war gute Musik – passt!"
Zurück-in-die-Zukunft-Sound im Jetzt
At Pavillion schaffen einen Zurück-in-die-Zukunft-Sound im Jetzt. Verglichen mit dem klassischen Rock der 1960er und 70er, klingen diese Grooves immer frisch, trotzdem wurden At Pavillon auch schon in die Retro-Ecke gestellt. Ob solche Kritik heute noch sinnvoll ist, wo junge Bands ganz selbstverständlich auf das Repertoire der Popmusik der letzten Jahrzehnte zurückgreifen, lässt sich hier nicht klären.
Der Sound passt zur Haltung, und die Präsentation überzeugt. At Pavillon sind "Believers", die glauben, dass sie "Lions" sind – um mit ihren vieldeutigen Songtiteln zu sprechen.