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Österreichs Sport versinkt im Sumpf

Österreichs Sport kommt aus den Negativ-Schlagzeilen nicht hinaus. Der Finanzskandal um die Salzburger Olympia-Bewerbung schlägt Wellen bis nach Wien, in dieser Woche kündigte Leo Wallner, der Präsident des Österreichischen Olympischen Komitees, seinen Rücktritt an.

Von Heinz Peter Kreuzer |
    Täglich gibt es neue Enthüllungen um verdeckte Zahlungen zwischen der Salzburger Bewerbungsgesellschaft, die aus Steuergeldern gespeist wurde, und dem Olympia-Förderverein, über den Sponsorengelder abgerechnet wurden. So wird über die Honorare von Berater Erwin Roth heiß diskutiert. Fast 1,2 Millionen Euro soll dieser erhalten haben, er selbst spricht von etwa 830 000 Euro. Unter anderem soll Roth 290 000 Euro an den österreichischen Doping-Trainer Walter Mayr gezahlt haben, damit dieser während der Bewerbungsphase seine Verleumdungsklagen gegen IOC-Präsident Jacques Rogge und den damaligen Wada-Chef Richard Pound zurücknimmt. Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden wettert jetzt.

    "Der Mann hat uns nichts gebracht in der Bewerbung. Ich sag das mit Hinblick auf die Sponsoren, die diesen Förderverein gesponsert haben, das nach neuestem Stand der Dinge 1,2 Millionen Euro einem Menschen zugeflossen sind für fragwürdige Leistungen."

    Abgerechnet wurde das über den Förderverein, der aus Sponsorengeldern finanziert wurde. Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden will nichts davon gewusst haben. Dem widerspricht jedoch Erwin Roth, der Förderverein sei auf Initiative von Bürgermeisters Schaden gegründet worden.

    "Um dem Landesrechnungshof aus dem Weg zu gehen und dazu hat Dr. Schaden einschlägige Statements abgegeben. Wir wollen ja nicht jedes Glas Champagner den Rechnungsprüfern unter die Nase halten."

    Wiener Wirtschaftsprüfer haben mittlerweile festgestellt, dass mit verschiedenen Zahlungskreisen ein regelrechtes Dickicht über die Finanzen gelegt wurde. Heute ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen der verschiedenen Zahlungen. Vorsitzender des Vereins war ÖOC-Präsident Leo Wallner, der bei einigen Zahlungen plötzlich an Gedächtnisverlust leidet. Was Erwin Roth auf die Palme bringt:

    "Entweder leidet Herr Dr. Wallner an einer Indikation, die sein Erinnerungsvermögen trübt, oder ist oppurtunistisch und will sich nicht erinnern."

    Ebenso den ehemaligen ÖOC-Generalsekretär Heinz Jungwirth.

    "Das der Herr Präsident Wallner nicht den täglichen Geldfluss wissen kann, die täglichen Durchführungen wissen kann, der Präsident Wallner hat sehr wohl gewusst, welche Leute für uns gearbeitet haben, was sie verdienen, was sie gemacht haben, usw."

    Zwischen Jungwirth und Wallner ist das Tischtuch jetzt zerschnitten, seit der ehemalige Generalsekretär der Untreue beschuldigt wird und im Februar zurücktreten musste. 72 000 Euro hat Jungwirth schon zurückgezahlt, ebenso wie seine Abfindung in Höhe von 180 000 Euro. Über seine Zukunft wird in der Alpenrepublik spekuliert: Medien berichten, er habe einen Beratervertrag für die Europäischen Jugendspiele in Innsbruck, andere sagen, Jungwirth würde einmalig und ohne Honorar zu einem Kongress zum Thema Jugendspiele entsandt.
    Hintergrund seines Sturzes: Jungwirth hat sich zu viele Feinde in Österreichs Sport gemacht. Spätestens seit dem Dopingskandal von Turin war der ehemalige ÖOC-Generalsekretär mit dem Österreichischen Ski-Verband und vor allem dessen Präsidenten Peter Schröksnadel verfeindet. Da auch Noch-ÖOC-Chef Leo Wallner ihn nicht mehr stützte, wurde der Einfluss des ÖSV immer größer. Mittlerweile setzt der Verband alle seine Wünsche durch. So sind mittlerweile alle 13 Trainer und Betreuer, die das Olympische Komitee lebenslang für Olympia gesperrt hatte, wieder begnadigt.

    Außerdem hat sich Jungwirth ÖOC-Vorstandsmitglied Elisabeth Max-Theurer zur Feindin gemacht. Die Multimillionärin ist auch Präsidentin des nationalen Reit-Sport-Verbandes, von diesem Posten wollte Jungwirth sie wegputschen.
    Zweites Opfer ist Leo Wallner. Seit seiner Neuwahl Anfang des Jahres hat er stark an Einfluss verloren. Sein Rücktritt ist die logische Folge und wird allgemein begrüßt. Zum einem von SPÖ-Politiker Peter Wittmann, der auch der Bundessport-Organisation BSO vorsteht.

    "Es ist ganz einfach der richtige Schritt in die richtige Richtung und das olympische Komitee aus den negativen Schlagzeilen zu bringen."

    Ähnlich sieht es ÖOC-Vorstandsmitglied Elisabeth Max-Theurer.

    "Ich glaube, das wir hier einen Generationswechsel brauchen im olympischen Komitee und das ist ganz wichtig, dass wir uns wieder auf den Sport konzentrieren. Weil das, was im Moment los ist, dem Sport massiv schadet."

    Für Sportminister Norbert Darabos ist dies der lang ersehnte Neuanfang in Österreichs Sport.

    "Ich hab keinen Druck ausgeübt, aber ich bin sehr zufrieden mit der Entscheidung, welche den Neuanfang im ÖOC möglich macht. Damit neben den personellen Änderungen auch ein Strukturwandel möglich gemacht wird."

    Der Strukturwandel steht jetzt bevor. BSO-Chef Wittmann favorisiert einen Zusammenschluss von ÖOC und BSO nach deutschem Vorbild. Als SPÖ-Mann hat er keine Chance auf die Präsidentschaft, da der Sport in Österreich von den Konservativen dominiert wird. Favorit ist Carl Stoss. ÖOC-Vorstandsmitglied Paul Schauer.

    "Wenn man schaut, wer an der Spitze er österreichischen Lotterie sehr gut arbeitet, wer die strukturellen Erfordernisse mitbringt für ein neues olympisches Komitee, dann fällt mir ein Name ein, Karl Stoss."

    Zustimmung erhält er da von Peter Wittmann.

    "Ja, den Namen habe ich auch schon gehört. Ein kompetenter Mann."

    Karl Stoss gilt in Österreichs Sportszene als der große Favorit für den Posten, ob er aber für Reformen steht, ist fraglich. Er ist ein Protege von Leo Wallner. Ihm folgte Stoss als Generaldirektor bei Casino Österreich, und Wallner hatte ihn auch immer als seinen Nachfolger beim Österreichischen Olympischen Komitee gesehen.
    Für Sportminister Darabos geht die Erneuerung bis in das Internationale Olympische Komitee.

    "Ich gehe davon aus, dass der neue Präsident des ÖOC dann auch die Agenden des ÖOC im IOC vertreten soll, weil das einfach ein logischer Schritt ist. Weil wir jetzt auch sehr viel Reputation im IOC verloren haben, das muss man sagen. Diese Reputation kann man sich nur zurückholen, wenn man insgesamt hier einen Neuanfang personeller Natur in allen Bereichen vornimmt."