Christoph Sterz: Herr Wülker, wenn man so in einem Jazz-Konzert sitzt, dann sieht man dort oft Alt und Jung - aber Alt, die sind oft im Zuschauerraum und Jung eher auf der Bühne. Sie selbst sind mit 35 Jahren auch deutlich jünger als viele der typischen Jazz-Fans. Stört Sie das?
Nils Wülker: Nein, also bei uns ist es in den Konzerten auch generell so, dass wir ein sehr gemischtes Publikum haben, und ich würde sagen, auch jazzuntypisch deutlich mehr jüngere Leute, und mir ist das auch ein wirkliches Anliegen, meine eigene Generation auch zu erreichen. Ich finde, so alle Jazzmusiker sollten da auch so ein bisschen in die Pflicht genommen werden, so ihre eigene Generation zu erreichen. Aber generell ist es schon so, dass jeder willkommen ist.
Sterz: Sie machen ja auch vor anderen Musikrichtungen nicht halt, Sie machen nicht nur Jazz. Als Produzent haben Sie zum Beispiel mit dem Rapper Samy Deluxe zusammengearbeitet. Auch Sie hören zu Hause also nicht nur Jazz?
Wülker: Auf jeden Fall. Also Jazz ist schon so das Zentrum dessen, was ich mache, aber ich bin natürlich selber auch mit anderer Musik groß geworden. Ich hab Jazz für mich selber erst mit 16 entdeckt, und vorher war ich auch so ein, würde ich sagen, Pop-, Mainstream-Hörer und, ja, natürlich spiegelt sich das auch irgendwie in meiner Musik wider.
Sterz: Aber es ist trotzdem Jazz.
Wülker: Ja, für mich ist das auf jeden Fall Jazz. Mein Selbstverständnis ist auf jeden Fall auch das eines Jazzmusikers. Ich improvisiere, und Jazz ist eben so die Musik meiner musikalischen Sozialisierung oder meiner Sozialisierung als aktiver Musiker. Wenn jetzt jemand sagt, das ist jetzt für mich irgendwie nicht so Jazz, dann hab ich da eigentlich keine Probleme mit.
Sterz: "Just here, just now", das ist Ihr siebtes Album. Gerade auch im Vergleich mit seinen Vorgängern ist es oft sehr ruhig, getragen und zurückgenommen. Was hat Sie dazu gebracht, musikalisch so ein bisschen einen Gang zurückzuschalten?
Wülker: Das letzte Album "Six" war sehr rockig. Das hat auch viel Spaß gemacht, aber ich hatte einfach Lust, mal wieder mehr Raum zu schaffen, also mehr Raum für meinen Sound auf dem Instrument und mehr Raum für Melodien, mehr Raum für Atmosphären. Und deshalb wollte ich das mal wieder so ein bisschen entschleunigen.
Sterz: Dazu haben Sie auch Ihre Band ordentlich umgestellt mit einem neuen Schlagzeuger; dem Kontrabassisten Edward Maclean anstelle des Bassisten Dietmar Fuhr - und besonders auffällig: Der Saxofonist Jan von Klewitz ist nicht mehr dabei. War da für Sie also ein größerer Umbau nötig, um musikalisch weiter zu kommen?
Wülker: Ich hab halt die Musik plötzlich ein bisschen anders im Kopf gehabt. Mit Jan von Klewitz habe ich ja sehr lange zusammengespielt, und ich habe einfach gemerkt, dass ich selber Melodien anders schreibe, wenn ich nicht für ne Zweistimmigkeit schreibe, sondern für mich alleine. Und teilweise auch anders spiele. Das wollte ich eben einfach mal für mich stärker ausloten.
Sterz: Sie haben das gerade schon angesprochen: Sie schreiben ja alles grundsätzlich selbst. Als was sehen Sie sich: als Jazzmusiker oder vielleicht auch ein bisschen als Singer-Songwriter, nur eben ohne Gesang?
Wülker: Ich würd' sagen, als Beides. Für mich ist es eigentlich so, dass es immer so war, dass es mir nicht genügt hat, Interpret zu sein. Mir war's immer wichtig, irgendwie Musik zu schreiben. Ich kann das für mich auch gar nicht so trennen. Also, für mich ist das eigentlich eine Einheit. Das ist halt so mein kreativer Output, würde ich sagen. Und der besteht eben aus Spielen und Schreiben. Und die Art, wie ich spiele, beeinflusst sicherlich auch die Art, wie ich schreibe und andersrum.
Sterz: Bisher waren auf Ihren Alben immer wieder mal Gastmusiker zu hören, Streicher zum Beispiel, und auch Sänger - warum diesmal nur Trompete und Flügelhorn?
Wülker: Ich hatte vor, eigentlich so ein Album zu machen, was eine sehr geschlossene Atmosphäre hat. Also das war mir sehr wichtig. Ich wollte eigentlich so eine sehr kompakte musikalische Erzählung haben. Und irgendwie hat sich das nicht angeboten. Es ist bei mir auch nicht so, dass ich mir vorher immer so ein großes Konzept überlege, was denn rein passt, sondern es ist bei mir eher so intuitiv, und die Musik gibt eigentlich immer die Richtung vor.
Es ist beispielsweise auch so, wenn ich ein Stück schreibe, ich weiß eigentlich immer sofort, ob ich das Stück auf Trompete oder auf Flügelhorn spielen werde. Und genauso war es eben mit der Entscheidung, dass ich dachte: Nee, so wie es ist, ist es rund, und das ist kompakt, und das braucht niemand Anderes dazu.
Sterz: Wo fällen Sie solche Entscheidungen? Auch zum Beispiel bei Ihrem Hobby, dem Klettern? Kommt da so manche Idee?
Wülker: Beim Klettern selber eigentlich nicht so. Das Klettern ist für mich ne schöne Sache, weil ich da wahnsinnig gut abschalten kann, weil man so körperlich gefordert ist und mit dem Kopf auch so ganz bei dem ist, was man da gerade tut. Aber es hat immer so 'nen kleinen Reinigungsprozess. Ich komme dann nach Hause und dann meist so irgendwie danach Ideen. Insofern arbeitet das wahrscheinlich irgendwo unterbewusst weiter.
Sterz: Vom Sport zurück zur Musik: Auf Ihrem letzten Album haben Sie ja selbst gesungen, zwei Stücke. Das ist für Sie jetzt kein Thema mehr?
Wülker: Nee, das war bei der Musik einfach kein Thema. Bei "Six", das war für mich so, dieser rockigere Rahmen, da hatte ich einfach Lust, das mal auszuprobieren. Und da dachte ich, das ist so ein Rahmen, wo meine Stimme vielleicht auch funktioniert, bei sowas Rockigerem, bisschen Rotzigerem. Jetzt, um ehrlich zu sein, ich habe gar nicht darüber nachgedacht. Ich habe die Musik geschrieben und das ging direkt in so eine Richtung, wo ich dachte: Nee, das wird ein instrumentales Album. Und es ist ja auch das erste rein instrumentale Album seit Langem.
Sterz: Auf dem Album sind alle Stücke so zwischen knapp vier und sechseinhalb Minuten lang, mit klarer, komponierter Melodie. Schlägt denn das Komponieren beim Entstehen Ihrer Stücke das Improvisieren?
Wülker: Nee, also die Komposition ist mir schon sehr, sehr wichtig. Also, manchmal ist es ja so im Jazz, habe ich selber das Gefühl, dass Kompositionen eigentlich nur so als Vehikel genommen werden, um dann mal irgendwie mit dem Improvisieren loslegen zu können. Das ist bei mir sicherlich nicht so, sondern es ist schon ein wichtiger Punkt, aber eigentlich ist mir nur wichtig, dass ein Stück in sich sehr geschlossen und rund klingt. Und welcher Anteil dann improvisiert ist und welcher komponiert ist, ist dann auch mal von Stück zu Stück unterschiedlich. Es ist nicht so, dass ich jetzt auf jedem Stück alles zeigen muss. Das Bedürfnis habe ich nicht.
Sterz: Wenn Sie Ihre Musik schreiben, fällt Ihnen da manchmal auch ein Text ein, der darüber gelegt werden könnte, oder ist das wirklich nur die Musik?
Wülker: Nee, das ist wirklich nur die Musik. Also, ich finde, für mich ist auch Musik eine vollwertige Sprache in sich schon - auch die instrumentale Musik. Ich habe schon oft Assoziationen zur Musik, und die haben auch oft meine Hörer. Das ist auch sehr, sehr schön, zu sehen oder zu erleben, wenn Leute ankommen, und man merkt so, wenn sie erzählen, dass da irgendwo bei den Leuten 'ne Menge Bilder im Kopf entstehen. Die fallen bei unterschiedlichen Leuten auch sehr unterschiedlich aus, was ich auch sehr schön finde. Weil so instrumentale Musik eben, ich sag mal so, die Inhaltsangabe über den Text nicht direkt mitliefert, sondern einfach sehr offen ist für so Assoziationen.
Sterz: Ist es für Sie denn ein Thema, darüber nachzudenken: Flügelhorn oder Trompete? Wer hat heute die Nase vorn?
Wülker: Viele Trompeter spielen ja einfach Flügelhorn, so sagen wir mal auf den ein, zwei Balladen im Programm, wo es dann ein bisschen weicher klingen soll. Das ist für mich eigentlich nicht so. Für mich sind's schon beides so vollwertige eigenständige Instrumente, aber die Frage löse ich eigentlich immer intuitiv.
Sterz: Sie haben schon unter anderem mit Ute Lemper zusammengearbeitet, und auch mit Omara Portuondo vom Buena Vista Social Club waren Sie unterwegs. Gibt es einen Musiker, mit dem Sie auch dringend mal zusammenarbeiten möchten?
Wülker: Mit Pat Metheny würde ich sicherlich sehr gerne mal spielen. Ein großartiger Gitarrist. Den habe ich oft live erlebt, und der ist einfach so jemand, der eine natürliche musikalische Autorität ausstrahlt. Das ist einfach ein konzeptionell ganz toller Musiker.
Sterz: Und ansonsten, aus dem Pop-Business beispielsweise, gäb's das auch Wünsche, oder eher nicht?
Wülker: Direkte Wünsche eigentlich nicht. Aber ich freu mich eigentlich immer, wenn irgendwo Anfragen kommen und mit unterschiedlichen Leuten zu spielen. So meine eigene Musik zu spielen ist schon ganz klar für mich der Schwerpunkt dessen, was ich mache und auch machen möchte. Aber es macht auch einfach Spaß, mal wieder mit anderen Leuten zu spielen und sich in andere musikalische Kontexte einzubringen.
Für mich war Jazz eigentlich immer eine sehr offene Musik, die über die Jahre immer links und rechts geguckt hat und alle möglichen anderen Stilistiken mit reingezogen hat. Ich finde das sehr natürlich, sich so in unterschiedlichen Kontexten zu bewegen.
Nils Wülker: Nein, also bei uns ist es in den Konzerten auch generell so, dass wir ein sehr gemischtes Publikum haben, und ich würde sagen, auch jazzuntypisch deutlich mehr jüngere Leute, und mir ist das auch ein wirkliches Anliegen, meine eigene Generation auch zu erreichen. Ich finde, so alle Jazzmusiker sollten da auch so ein bisschen in die Pflicht genommen werden, so ihre eigene Generation zu erreichen. Aber generell ist es schon so, dass jeder willkommen ist.
Sterz: Sie machen ja auch vor anderen Musikrichtungen nicht halt, Sie machen nicht nur Jazz. Als Produzent haben Sie zum Beispiel mit dem Rapper Samy Deluxe zusammengearbeitet. Auch Sie hören zu Hause also nicht nur Jazz?
Wülker: Auf jeden Fall. Also Jazz ist schon so das Zentrum dessen, was ich mache, aber ich bin natürlich selber auch mit anderer Musik groß geworden. Ich hab Jazz für mich selber erst mit 16 entdeckt, und vorher war ich auch so ein, würde ich sagen, Pop-, Mainstream-Hörer und, ja, natürlich spiegelt sich das auch irgendwie in meiner Musik wider.
Sterz: Aber es ist trotzdem Jazz.
Wülker: Ja, für mich ist das auf jeden Fall Jazz. Mein Selbstverständnis ist auf jeden Fall auch das eines Jazzmusikers. Ich improvisiere, und Jazz ist eben so die Musik meiner musikalischen Sozialisierung oder meiner Sozialisierung als aktiver Musiker. Wenn jetzt jemand sagt, das ist jetzt für mich irgendwie nicht so Jazz, dann hab ich da eigentlich keine Probleme mit.
Sterz: "Just here, just now", das ist Ihr siebtes Album. Gerade auch im Vergleich mit seinen Vorgängern ist es oft sehr ruhig, getragen und zurückgenommen. Was hat Sie dazu gebracht, musikalisch so ein bisschen einen Gang zurückzuschalten?
Wülker: Das letzte Album "Six" war sehr rockig. Das hat auch viel Spaß gemacht, aber ich hatte einfach Lust, mal wieder mehr Raum zu schaffen, also mehr Raum für meinen Sound auf dem Instrument und mehr Raum für Melodien, mehr Raum für Atmosphären. Und deshalb wollte ich das mal wieder so ein bisschen entschleunigen.
Sterz: Dazu haben Sie auch Ihre Band ordentlich umgestellt mit einem neuen Schlagzeuger; dem Kontrabassisten Edward Maclean anstelle des Bassisten Dietmar Fuhr - und besonders auffällig: Der Saxofonist Jan von Klewitz ist nicht mehr dabei. War da für Sie also ein größerer Umbau nötig, um musikalisch weiter zu kommen?
Wülker: Ich hab halt die Musik plötzlich ein bisschen anders im Kopf gehabt. Mit Jan von Klewitz habe ich ja sehr lange zusammengespielt, und ich habe einfach gemerkt, dass ich selber Melodien anders schreibe, wenn ich nicht für ne Zweistimmigkeit schreibe, sondern für mich alleine. Und teilweise auch anders spiele. Das wollte ich eben einfach mal für mich stärker ausloten.
Sterz: Sie haben das gerade schon angesprochen: Sie schreiben ja alles grundsätzlich selbst. Als was sehen Sie sich: als Jazzmusiker oder vielleicht auch ein bisschen als Singer-Songwriter, nur eben ohne Gesang?
Wülker: Ich würd' sagen, als Beides. Für mich ist es eigentlich so, dass es immer so war, dass es mir nicht genügt hat, Interpret zu sein. Mir war's immer wichtig, irgendwie Musik zu schreiben. Ich kann das für mich auch gar nicht so trennen. Also, für mich ist das eigentlich eine Einheit. Das ist halt so mein kreativer Output, würde ich sagen. Und der besteht eben aus Spielen und Schreiben. Und die Art, wie ich spiele, beeinflusst sicherlich auch die Art, wie ich schreibe und andersrum.
Sterz: Bisher waren auf Ihren Alben immer wieder mal Gastmusiker zu hören, Streicher zum Beispiel, und auch Sänger - warum diesmal nur Trompete und Flügelhorn?
Wülker: Ich hatte vor, eigentlich so ein Album zu machen, was eine sehr geschlossene Atmosphäre hat. Also das war mir sehr wichtig. Ich wollte eigentlich so eine sehr kompakte musikalische Erzählung haben. Und irgendwie hat sich das nicht angeboten. Es ist bei mir auch nicht so, dass ich mir vorher immer so ein großes Konzept überlege, was denn rein passt, sondern es ist bei mir eher so intuitiv, und die Musik gibt eigentlich immer die Richtung vor.
Es ist beispielsweise auch so, wenn ich ein Stück schreibe, ich weiß eigentlich immer sofort, ob ich das Stück auf Trompete oder auf Flügelhorn spielen werde. Und genauso war es eben mit der Entscheidung, dass ich dachte: Nee, so wie es ist, ist es rund, und das ist kompakt, und das braucht niemand Anderes dazu.
Sterz: Wo fällen Sie solche Entscheidungen? Auch zum Beispiel bei Ihrem Hobby, dem Klettern? Kommt da so manche Idee?
Wülker: Beim Klettern selber eigentlich nicht so. Das Klettern ist für mich ne schöne Sache, weil ich da wahnsinnig gut abschalten kann, weil man so körperlich gefordert ist und mit dem Kopf auch so ganz bei dem ist, was man da gerade tut. Aber es hat immer so 'nen kleinen Reinigungsprozess. Ich komme dann nach Hause und dann meist so irgendwie danach Ideen. Insofern arbeitet das wahrscheinlich irgendwo unterbewusst weiter.
Sterz: Vom Sport zurück zur Musik: Auf Ihrem letzten Album haben Sie ja selbst gesungen, zwei Stücke. Das ist für Sie jetzt kein Thema mehr?
Wülker: Nee, das war bei der Musik einfach kein Thema. Bei "Six", das war für mich so, dieser rockigere Rahmen, da hatte ich einfach Lust, das mal auszuprobieren. Und da dachte ich, das ist so ein Rahmen, wo meine Stimme vielleicht auch funktioniert, bei sowas Rockigerem, bisschen Rotzigerem. Jetzt, um ehrlich zu sein, ich habe gar nicht darüber nachgedacht. Ich habe die Musik geschrieben und das ging direkt in so eine Richtung, wo ich dachte: Nee, das wird ein instrumentales Album. Und es ist ja auch das erste rein instrumentale Album seit Langem.
Sterz: Auf dem Album sind alle Stücke so zwischen knapp vier und sechseinhalb Minuten lang, mit klarer, komponierter Melodie. Schlägt denn das Komponieren beim Entstehen Ihrer Stücke das Improvisieren?
Wülker: Nee, also die Komposition ist mir schon sehr, sehr wichtig. Also, manchmal ist es ja so im Jazz, habe ich selber das Gefühl, dass Kompositionen eigentlich nur so als Vehikel genommen werden, um dann mal irgendwie mit dem Improvisieren loslegen zu können. Das ist bei mir sicherlich nicht so, sondern es ist schon ein wichtiger Punkt, aber eigentlich ist mir nur wichtig, dass ein Stück in sich sehr geschlossen und rund klingt. Und welcher Anteil dann improvisiert ist und welcher komponiert ist, ist dann auch mal von Stück zu Stück unterschiedlich. Es ist nicht so, dass ich jetzt auf jedem Stück alles zeigen muss. Das Bedürfnis habe ich nicht.
Sterz: Wenn Sie Ihre Musik schreiben, fällt Ihnen da manchmal auch ein Text ein, der darüber gelegt werden könnte, oder ist das wirklich nur die Musik?
Wülker: Nee, das ist wirklich nur die Musik. Also, ich finde, für mich ist auch Musik eine vollwertige Sprache in sich schon - auch die instrumentale Musik. Ich habe schon oft Assoziationen zur Musik, und die haben auch oft meine Hörer. Das ist auch sehr, sehr schön, zu sehen oder zu erleben, wenn Leute ankommen, und man merkt so, wenn sie erzählen, dass da irgendwo bei den Leuten 'ne Menge Bilder im Kopf entstehen. Die fallen bei unterschiedlichen Leuten auch sehr unterschiedlich aus, was ich auch sehr schön finde. Weil so instrumentale Musik eben, ich sag mal so, die Inhaltsangabe über den Text nicht direkt mitliefert, sondern einfach sehr offen ist für so Assoziationen.
Sterz: Ist es für Sie denn ein Thema, darüber nachzudenken: Flügelhorn oder Trompete? Wer hat heute die Nase vorn?
Wülker: Viele Trompeter spielen ja einfach Flügelhorn, so sagen wir mal auf den ein, zwei Balladen im Programm, wo es dann ein bisschen weicher klingen soll. Das ist für mich eigentlich nicht so. Für mich sind's schon beides so vollwertige eigenständige Instrumente, aber die Frage löse ich eigentlich immer intuitiv.
Sterz: Sie haben schon unter anderem mit Ute Lemper zusammengearbeitet, und auch mit Omara Portuondo vom Buena Vista Social Club waren Sie unterwegs. Gibt es einen Musiker, mit dem Sie auch dringend mal zusammenarbeiten möchten?
Wülker: Mit Pat Metheny würde ich sicherlich sehr gerne mal spielen. Ein großartiger Gitarrist. Den habe ich oft live erlebt, und der ist einfach so jemand, der eine natürliche musikalische Autorität ausstrahlt. Das ist einfach ein konzeptionell ganz toller Musiker.
Sterz: Und ansonsten, aus dem Pop-Business beispielsweise, gäb's das auch Wünsche, oder eher nicht?
Wülker: Direkte Wünsche eigentlich nicht. Aber ich freu mich eigentlich immer, wenn irgendwo Anfragen kommen und mit unterschiedlichen Leuten zu spielen. So meine eigene Musik zu spielen ist schon ganz klar für mich der Schwerpunkt dessen, was ich mache und auch machen möchte. Aber es macht auch einfach Spaß, mal wieder mit anderen Leuten zu spielen und sich in andere musikalische Kontexte einzubringen.
Für mich war Jazz eigentlich immer eine sehr offene Musik, die über die Jahre immer links und rechts geguckt hat und alle möglichen anderen Stilistiken mit reingezogen hat. Ich finde das sehr natürlich, sich so in unterschiedlichen Kontexten zu bewegen.